Börsen-Roundtable Was Zulauf, Faber, Gross und Co. jetzt raten

Seite 2/9

"Die Weltwirtschaft wird enttäuschen"

Was Experten für den Kapitalmarkt 2014 erwarten
Jeden Winter veröffentlichen die internationalen Banken ihren Kapitalmarktausblick für das kommende Jahr: Wie entwickeln sich einzelne Währungen, Staatsanleihen, die Inflation, das Wirtschaftswachstum einzelner Länder und Wirtschaftsregionen oder die Leitindizes. Als Rückversicherung geben viele Geldhäuser neben ihren Prognosen aber auch gleich noch mit an, dass natürlich alles ganz anders kommen kann. So gab beispielsweise der Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg, Uwe Burkert, zum Abschluss seines Kapitalmarktausblickes zu, dass gleich ein ganzes Bündel möglicher Gefahren die Zuversicht der Investoren ins Wanken bringen und sämtliche Aktienprognosen über den Haufen werfen könnte. So könnte die Angst vor dem Platzen von Preisblasen an den Finanzmärkten für Verunsicherung sorgen. Im Folgenden also die Analystenprognosen - wie immer ohne Gewähr. Quelle: Fotolia
Aktienprognose von SchroedersDie Experten der britischen Vermögensverwaltung Schroeders gehen davon aus, dass europäische Aktien auch 2014 ein starkes Aufwärtspotenzial haben. "Ein verbessertes Ertrags-Momentum dürfte als nächster Impulsgeber für einen Aufschwung bei europäischen Aktien dienen", sagt Rory Bateman, Leiter britische und europäische Aktien bei Schroders. Für ihn ist im kommenden Jahr ein Stockpicking-Ansatz der Schlüssel zum Erfolg, um die Gewinner unter den europäischen Werten zu ermitteln. "Anleger sollten sich nun darauf konzentrieren, zwischen den verschiedenen Grautönen innerhalb des europäischen Marktes zu unterscheiden. Allgemeingültige Anlagestrategien für bestimmte Sektoren oder Ländern sind nämlich nicht mehr angebracht. 2014 wird für den europäischen Aktienmarkt ein Jahr der Einzeltitelauswahl", ist der europäische Aktienexperte überzeugt. Er rät beispielsweise zu Papieren von Unternehmen aus dem Lebensmittel- und Getränkesektor sowie zu Konsumgüterherstellern. Quelle: Screenshot
Schroeders zur Entwicklung bei den BankenMit Blick auf die viel befürchtete Bankenkrise in Europa kann Bateman beruhigen: „Das Risiko einer systemischen Bankenkrise in Europa ist praktisch nicht mehr vorhanden. Die Banken in der Region haben den Fremdkapitalanteil und die Risikopositionen in ihren Bilanzen abgebaut und geben Aktien aus. Der Sektor ist also auf dem richtigen Weg, um die in Basel III festgelegte Kernkapitalquote von zehn Prozent bis Ende 2013 umzusetzen – weit vor der gesetzlich vorgesehenen Frist.“ Außerdem werde die Europäische Zentralbank (EZB) 2014 die Vermögensqualität im Bankensektor prüfen. Und auch wenn einzelne Banken vermutlich zusätzliches Kapital benötigen werden, geht der europäische Aktienexperte davon aus, dass das Vertrauen damit nicht nur wiederhergestellt, sondern auch signalisiert werde, dass die europäischen Banken kein systemisches Risiko mehr darstellen. Während spanische Banken aufgrund von Immobilienkrediten mit Schwierigkeiten zu kämpfen hätten, würden notleidende Kredite auch den italienischen Banken gewisse Unsicherheiten bescheren. Quelle: dpa
DAX-Prognose der TargobankDer Targobank-Chefvolkswirt Otmar Lang blickt optimistisch in das kommende Börsenjahr: „Wir sehen für den DAX ein Rückschlagpotenzial bis 8.300 Indexpunkte, erwarten ihn aber zum Jahresende 2014 bei rund 10.700 Zählern“, sagt er. Obwohl der deutsche Leitindex in den letzten zwei Jahren gut 30 Prozent zugelegt habe, sei er noch nicht überwertet. "Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt in der Nähe der langfristigen Durchschnitte", so Lang. Die große Skepsis der Vergangenheit, die sich in sehr niedrigen Bewertungen niederschlug, sei in hoffnungsvolle Erwartungen umgeschlagen. Quelle: obs
Rohstoffausblick der TargobankBei den Rohstoffmärkten werde sich auch 2014 nicht viel tun, so Lang. Jedenfalls lasse die Aufwärtsbewegung weiter auf sich warten. Quelle: dpa
Targobank zur Inflation und GeldpolitikChefvolkswirt Lang geht davon aus, dass die US-Notenbank FED unter neuer Führung eine Wende in der Geldpolitik einleiten, aber sehr, sehr viel Augenmaß walten lassen wird. "Die Notenbanken werden ihre Geldpolitik nur ändern, wenn die Konjunktur anzieht." Es sei dennoch möglich, dass die FED im Laufe des zweiten Quartals 2014 ihr Anleihen-Ankauf-Programm reduziere. Und weiter: "Je lockerer die europäische Geldpolitik wird, desto fester notiert der Euro." Der Glaube an mögliche Wunderwaffen der EZB und vor allem an den "Magier" Draghi erstaune, solle aber nicht beiseite gewischt werden. "Wir sind skeptisch, ob ein Zurückfahren der lockeren Geldpolitik, womit im ersten Halbjahr 2014 gerechnet werden sollte, in den USA wirklich einen stärkeren Dollar bedingt. Das gilt umso mehr, wenn Europa sich 2014 aus der Rezession befreien kann." Inflation spielt Lang zufolge 2014 keine Rolle. "Es ist sogar möglich, dass sich der Preisauftrieb für den gesamten Euroraum der Null-Linie nähert", prognostiziert er. "Das wird der EZB nicht gefallen." Auch die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit in den europäischen Südländern dürfte sie beunruhigen. Quelle: REUTERS
Targobank zur Weltkonjunktur und den Anleihemärkten"Die Weltkonjunktur wird sich in den kommenden sechs Monaten nur langsam erholen", sagt Lang. "Belebungseffekte gehen von den USA aus, aber weiter nur sehr verhalten von den Emerging Markets." So werde die chinesische Wirtschaft erst in der zweiten Hälfte 2014 Fahrt aufnehmen. Europa könne sich zwar aus der Rezession befreien, doch ein konjunktureller Aufwärtstrend werde sich frühestens Mitte 2014 herausbilden. "Deutschland kann mit positiven Wachstumsraten rechnen", glaubt der Experte. An den Rentenmärkten haben "Südeuropäische Anleihen Kurspotenzial, weil es der Politik gelingen sollte, die Euro-Krise weiter einzudämmen", sagt Lang. "Die jüngsten, wenn auch nur marginalen Rating-Verbesserungen für Griechenland und Spanien, sind Vorboten einer Stabilisierung in der Eurokrise." Das Schwerpunktinvestment der Targobank blieben aber dennoch Unternehmensanleihen mit kürzeren Laufzeiten. Quelle: dpa

Zulauf: Die Weltwirtschaft ist im Wandel. Seit den frühen Achtzigern schreiben die USA stetig steigende Defizite. Das bedeutete für den Rest der Welt eine gewaltige Stimulierung. Nun schrumpfen diese Defizite wieder, weil der US-Arbeitsmarkt wieder wettbewerbsfähiger wird und die Industrie vom Energieboom profitiert. Das bremst die Wirtschaft in den Überschussländern. Ich habe Probleme mit der Meinung, dass sich die Weltwirtschaft normalisiere. Die Leute glauben, das an Statistiken wie dem Einkaufsmanagerindex ablesen zu können. Aber das sind Stimmungsbarometer, die von der Börse bewegt werden. Und die Börse wird primär von der lockeren Geldpolitik der Fed getrieben.

Was folgt daraus?

Zulauf: Die Weltwirtschaft wird enttäuschen. In China verlangsamt sich das Wachstum dramatisch. Das bedeutet Rezession für die Schwellenländer und gedämpfte Rohstoffpreise. In Europa gibt es praktisch kein Wachstum. Die USA könnten mit 2,5 bis 3,0 Prozent Wachstum die Ausnahme bilden. Dann könnte der Dollar aufwerten.

Marc, teilen Sie diese Ansicht?

Marc Faber: Zunächst. Kaum jemand kann eine noch schlechtere Meinung über die Fed haben als ich. An deren Spitze steht eine unfähige Gruppe von Wissenschaftlern. Die haben keine Ahnung davon, was in der Welt passiert. Sie glauben, man könne mit Gelddrucken Jobs schaffen. Aber sie werden die Welt in den Bankrott reißen. Ex-Fed-Chef Bernanke hat gesagt, das Ziel des dritten Anleihekaufprogramms QE3 sei gewesen, die langfristigen Renditen zu drücken. Tatsächlich erreichten die Renditen ihr Tief am 25. Juli 2012. Seither sind sie gestiegen. Diese Politik hat versagt.

Investmentideen von Abby Joseph Cohen

Ziel von QE war es auch, die Arbeitslosenrate zu senken. Und die ist gefallen.

Faber: Nach dem Zweiten Weltkrieg steckte Hongkong in der Depression. Aber die Wirtschaft entwickelte sich rasch unter der Führung des britischen Finanzstaatssekretärs Sir John James Cowperthwaite. Gefragt, wie er dieses Wirtschaftswunder hinbekommen habe, antwortete er, er habe gar nichts getan – nur andere daran gehindert, schlechte Maßnahmen zu ergreifen.

Was wollen Sie uns damit sagen?

Faber: Die US-Beschäftigung wäre ohne die Gelddruckerei der letzten Jahre noch stärker gestiegen. Die Fed hat richtig gehandelt und das Finanzsystem in der Krise gerettet. Nur hatte sie diese Finanzkrise mit ihrer lockeren Geldpolitik seit den späten Neunzigerjahren erst verursacht. Aber Frau Yellen könnte auch auf einem Pulverfass sitzen, Benzin darübergießen und sich eine Zigarette anzünden – sie würde die Gefahr nicht erkennen.

Mario Gabelli: Sie raucht nicht.

Fred Hickey: Als die lockere Geldpolitik erst die Technologieblase und dann die Blase am US-Häusermarkt entstehen ließ, wuchs die US-Wirtschaft mit mehr als sechs Prozent pro Jahr. Jetzt haben wir zwei Prozent Wachstum und Blasen bei Immobilien, Kunst, Farmland, Hochzinsanleihen und schicken Autos.

Faber: Und bei staatlicher Regulierung.

Hickey: Das Finanzvermögen privater US-Haushalte stieg zwischen 2009 und 2013 um rund 30 Billionen Dollar auf geschätzt 80 Billionen Dollar. Was passiert, wenn ein Teil dieser 30 Billionen durch einen Rückgang der Börsen wieder verloren geht?

Faber: Wer besitzt diese 30 Billionen? Nicht der Normalbürger.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%