Börsengehandelte Indexfonds Sind ETFs Teufelszeug oder Segen?

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"Auf Fünfjahressicht werden Aktien besser dastehen als Staatsanleihen"

von Wallwitz: Wozu bieten sie einen Griechenland-ETF? Damit verlieren die meisten Anleger doch nur Geld.

Fürpaß: Er wird aber nachgefragt, das ist die freie Entscheidung des Investors. Wir sind ja nicht im Sozialismus, wo vorgeschrieben wird, das ist schlecht für dich, das darfst Du nicht.

von Wallwitz: Dafür gibt es den aktiven Manager, der den Anleger vor diesen Narreteien bewahrt. Der muss kein Sozialist sein.

Fürpaß: Die aktiven Fonds auf diese Länder gibt es ja auch.

Der Niedrigzins kann Sparern die Rendite verderben. Wer regelmäßig in Fonds einzahlt, fährt damit meist besser: 9000 Angebote im Check.
von Martin Gerth

Der US-Großanleger Carl Icahn hat 2015 gegen den weltgrößten ETF-Anbieter Blackrock gewettert, das Unternehmen sei eine gefährliche Firma, die das Finanzsystem in die Luft jagen könne. Ist das übertrieben?

von Wallwitz: Ja, da geht es auch um die Liquidität und die tägliche Handelbarkeit der ETF. Icahn hat Fink vorgeworfen, Liquidität zu verkaufen, die er aber im Ernstfall nicht bieten könne. Es gibt bei Anleihen sicherlich Segmente, in denen es brenzlig werden kann durch einen Herdentrieb. Aber bei Aktien ist das Volumen der ETF nicht gefährlich hoch. Erst, wenn über 50 Prozent des Vermögens in ETF steckten, würde es scheußlich.

Fürpaß: Der gesamte ETF Markt in Europa ist 440 Milliarden Euro groß und macht damit nur etwa sechs Prozent am gesamten europäischen Fondsmarkt aus. Auch nur 1,5 Prozent der Unternehmensanleihen werden weltweit in ETF gehalten. Das ist alles noch auf niedrigem Niveau.

von Wallwitz: Der Bereich Unternehmensanleihen ist in den USA ein Sorgenkind und darauf bezogen kann Icahn recht haben.

Drei große Anbieter aus den USA dominieren den ETF Markt. Haben die zu viel Macht?

von Wallwitz: Frau Fürpaß darf nicht über ihre Wettbewerber schimpfen, ich schon. Das Problem ist, dass ein ETF-Anbieter sich nicht in die Firmenpolitik einmischt, er ist kein Aktionär, der sagt, liebe VW-Vorstände, ihr fahrt das Unternehmen vor die Wand und zahlt euch auch noch Boni, die gigantisch sind. Ein Aktionär mischt sich ein oder verkauft ein schlecht geführtes Unternehmen. Dieses Privileg hat der Indexfondsmanager nicht, er mischt sich aber auch nicht auf der Hauptversammlung ein. Das ist für das System ein Problem, wenn sich ein immer größerer Teil der Firmeninhaber tot stellt und dem Management freie Hand lässt. Für die Manager ist ein passiver Investor herrlich. Je höher der ETF-Anteil, desto weniger Kontrolle. Da braucht die ETF-Branche die aktiven Manager, die dafür sorgen, dass die richtigen Unternehmen in die Indizes kommen.

Fürpaß: Darüber freuen sich die Vermögensverwalter auch, die in die ETF investieren.

Das wurde 2015 aus 100.000 Euro
Ukraine Quelle: dpa
Brasilien Quelle: dpa
Ölverschmierte Hände Quelle: dpa
Aktien Griechenland Quelle: dpa
Magere Schweine Quelle: dpa
Kaffee Quelle: dpa
Atomkraft Quelle: dpa

Wofür interessieren sich die Anleger derzeit am meisten?

Fürpaß: Die Hochzinsanleihen bonitätsschwächerer Unternehmen sind ebenso gefragt wie die Anleihen-ETF zu weniger verschuldeten Unternehmen. Auch bei den Schwellenländer-ETF gab es wieder größere Zuflüsse. In europäischen Aktienprodukten hatten wir eher Mittelabflüsse. Privatanleger bleiben aber ganz klar auf den MSCI Welt und den Dax fokussiert.

von Wallwitz: Wir übernehmen ja die Vermögensanlage und -strukturierung innerhalb des Fonds für unsere Kunden. Wir haben dieses Jahr auch bei den Hochzinsanleihen aufgestockt und bei Anleihen aus der Energie- und Rohstoffbranche, etwa bei Glencore und Pemex, die damals sieben bis acht Prozent Rendite abgeworfen haben. Auch einen kleinen Anteil Schwellenländeranleihen aus Mexiko und Brasilien haben wir aufgenommen. Unsere Anleger möchte ein durchdachtes Portfolio und wir stehen in der Verantwortung, dass der Anleger eine gute Performance bekommt.

Wirtschaftswunderjahre - Fondswerbung vor 60 Jahren
Concentra-Fonds: Werbung aus den 50er Jahren
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Der Aktienmarkt wird in der Niedrigzinsphase als Heilsbringer dargestellt. Zurecht?

Fürpaß: Das Research der Société Générale sieht derzeit Schwellenländer positiv und auch Europäische Aktien. Aber wir haben im Haus auch mit Andrew Edwards einen sehr negativ eingestellten Marktstrategen, der auch einen extremen Kurzsturz für möglich hält.

Wallwitz: Auf Fünfjahressicht werden Aktien besser dastehen als Staatsanleihen, die minus Null bringen. Bei Aktien habe ich eine Dividendenrendite von etwa drei Prozent, die Kurse müssen gar nicht einmal steigen, um vor Staatsanleihen zu liegen. Meine Favoriten sind aber eher ausgewählte Unternehmensanleihen. Ich halte dort das Risiko-Rendite-Profil für gut.

Nimmt der Robo-Advisor und Fintech-Anbieter den traditionellen Vermögensverwaltern die Butter vom Brot?

Fürpaß: Beide setzten bei der Vermögensaufteilung ETF ein. Das ist meist ein standardisierter Prozess, auch transparent und günstig, aber nach jeweils sehr unterschiedlichem Muster. Da gibt es viele verschiedene Varianten, die man sich als Anleger vor einer Investitionsentscheidung genauer ansehen sollte.

von Wallwitz: Aber wenn man die Performance sieht, die meist ja noch nicht sehr lange nachweisbar ist, dann findet man wenig gute. Sie hatten 2015 meist zu viele Schwellenländer-ETF im Depot. Die Fehler der aktiven Fondsmanager sind nur schon viel besser publiziert als die der Fintechs. Die Anleger müssen nicht glauben, dass, wenn sie das Anlagethema abgeben, sie ein Rundum-sorglos-Paket für alle Zeiten bekommen. Das gibt es nicht.

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