Börsenprofi Lingohr "Es wird langsam etwas heiß"

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"You have to buy them when they're cold"

Welche Länder ihre Sparer enteignen
TürkeiDie Inflation liegt in der Türkei bei sehr hohen 7,71 Prozent im Jahr. Dafür sind aber auch die Tagesgelder in türkischer Lira relativ hoch verzinst, es gibt 7,63 Prozent Zinsen. Damit liegt der Realzins, errechnet aus Tagesgeldzins und Inflationsrate mit -0,08 Prozent nur leicht im Minus. In den nachfolgenden Ländern ist die Lage allerdings noch schlimmer. Mehr gibt es zum Beispiel in Spanien. Dort fallen die Preise, es gibt also Deflation mit -0,10 Prozent Preissteigerung. Weil es auf dem Tagesgeldkonto immerhin 0,08 Prozent Zinsen gibt, verdienen Sparer in Spanien sogar noch etwas. Der Realzins liegt bei +0,18 Prozent. Ähnliches gilt für die Schweiz. Stand: 25.11.2013, Quelle: Bloomberg Quelle: REUTERS
KanadaDie Inflationsrate liegt in Kanada bei moderaten 1,10 Prozent, auf dem Tagesgeldkonto gibt es aber auch nur 0,95 Prozent. Für Sparer ein reales Minus von 0,15 Prozent. Quelle: REUTERS
RusslandDie Inflation beutelt das lang mit einer Preissteigerungsrate von 6,30 Prozent. Dafür gibt es für Tagesgeld 6,00 Prozent. Der Wertverlust der Ersparnisse liegt so bei 0,30 Prozent im Jahr. Dennoch erwartet die staatlich kontrollierte Sberbank (Logo neben einer Kirche in Moskau) eine Verdoppelung der Vermögen und Gewinne in den nächsten fünf Jahren.emetov (RUSSIA - Tags: BUSINESS LOGO) Quelle: REUTERS
SüdafrikaDer südafrikanische Rand verliert jährlich 5,5 Prozent an Wert. Wer sein Geld auf Tagesgeldkonto bekommt nur 5,0 Prozent Zinsen. Realer Wertverlust pro Jahr: 0,5 Prozent Quelle: AP
Frankreich Der große Nachbar Deutschland verzeichnet eine Preissteigerungsrate von 0,6 Prozent. Für Tagesgeld gibt es im Schnitt nur noch 0,08 Prozent Zinsen. Der reale Wertverlust liegt somit jährlich bei 0,53 Prozent. Frankreichs Probleme liegen auch im Bankensektor. Zu den von der Ratingagentur S&P heruntergestuften Banken gehörten auch Frankreichs Großbanken BNP Paribas, Société Générale und Credit Agricole. Quelle: dpa
ChinaDer chinesische Yuan verliert jährlich 3,2 Prozent an Wert, der 3-Monats-Zinssatz liegt aber nur bei 2,6 Prozent. Macht für Sparer ein Minus von 0,6 Prozent pro Jahr. Quelle: REUTERS
ItalienIn Italien steigen die Preise nach jüngsten Angaben um 0,8 Prozent. Tagesgeld wird aber nur mit 0,08 Prozent verzinst. Für Sparer unter dem Strich ein Wertverlust von 0,73 Prozent pro Jahr. Quelle: dpa

Messen Sie sich denn mit anderen Fonds, Benchmarks im Markt oder gibt es Investoren, die Sie für vorbildlich halten?
Selbstverständlich. Das mache ich, seit ich 1976 als Broker angefangen habe. Nachdem ich eine Aktie als interessant eingestuft habe, war es immer wichtig für mich, auch zu schauen, wer diese Aktie noch besitzt. Und wenn da bekannte und anerkannt gute Value-Investoren investiert waren, bedeutete das für mich: Haken dran und ein Grund weniger, die Aktie nicht zu kaufen, weil auch andere ein Qualitätsurteil abgegeben haben.

Welche Value-Investoren sind das denn?
Früher gab es einen John Templeton, bis vor kurzem war das Graham French, ein toller Mann. Schade, dass er aufgehört hat. Die letzten Jahre waren für ernsthafte, systematische Value-Investoren schwierig, deswegen haben viele sehr gute Köpfe aufgehört.
Wir verfolgen die Strategien anderer Value Investoren wie Grantham, Mayo, Van Otterloo oder Pzena, die gute, systematische Value-Denker sind. Deren Stärken liegen auch darin, dass sie in schwierigen Zeiten ihrem Grundprinzip treu bleiben. Als Value-Investor vertrauen wir unseren Kernansätzen und lassen uns vom Markt nicht beeinflussen. Wie schon Ben Graham, der Urvater von Value-Investing sagte: „You are neither right nor wrong because the crowd disagrees with you. You are right because your data and reasoning are right.“

Bei Value denken Anleger zuerst immer an Warren Buffett.
Warren Buffett ist kein klassischer Value-Investor, er setzt vielmehr auf eine Mischung aus Value und Growth. Sicherlich ist Warren Buffett immer verfolgenswert, aber ich habe das vor einiger Zeit aufgegeben. Viel genauer beobachte ich seinen Partner Charly Munger. Gerade erst habe ich ein 350-Seiten-Kompendium mit seinen erfolgreichsten Vorträge und Arbeiten gefunden. Das zu lesen, wird viel Spaß machen – und stärkt die eigene Disziplin und das Durchhaltevermögen in derartig schwierigen Marktphasen.

Was müsste eigentlich in Deutschland passieren, damit das Vertrauen in Aktien ein bisschen zunehmen würde?
Ich muss vorsichtig sein, was ich da jetzt sage, weil ich da eine sehr krasse Meinung habe. Man sollte in den Schulen anfangen, die Wirtschaftsfeindlichkeit abzulegen und die Schüler mehr in Wirtschaftsdingen schulen. Dass sich nicht solche Dinge wie die Neuemission der Telekom ereignen: Wenn sich alle darauf stürzen und damit Schiffbruch erleiden, dann sind für die nächsten fünf Jahre Aktien wieder out. Ich sehe das ganz klar als Ausbildungsproblem. Da gibt es viel zu tun. Es ist für uns alle deutlich leichter, Kunden im Ausland zu finden als in Deutschland.

Schadet sich Deutschland damit langfristig?
Ich denke ja. Die Deutschen bevorzugen bedauernswerter Weise Anlagen in Lebensversicherungen und auf Sparkonten. Diese Anlageformen sind zwar kurzfristig stabiler, langfristig ist jedoch lediglich eine unterdurchschnittliche Rendite erzielbar. Die Vermögensanlage in Aktien erzielt auf längere Zeit hingegen nicht nur eine höhere Verzinsung, sie unterstützt auch die Unternehmenskultur in Deutschland - einem Land, welches zu Recht mit Stolz auf seinen guten Ruf als Exportnation blickt.

Wie finden Anleger einen guten Aktienfonds?
Oft schauen Anleger auf die Liste der erfolgreichsten Fonds des Vorjahres, kaufen die erfolgreichen und verkaufen die weniger erfolgreichen. Das ist grundfalsch. Ein amerikanischer Manager hat mal gesagt: ‘You have to buy them when they are cold.’ Jemand der langfristig gut war, aber kurzfristig ein Problem hat - den sollten sich Anleger anschauen. Aber nicht die Gewinner des letzten Jahres.

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