Checkliste Wie Anleger Entschädigung für Griechenbonds fordern

Wer mit griechischen Staatsanleihen Geld verloren hat, kann Hoffnung schöpfen. Anlegeranwälte wollen das Geld von Banken zurückholen. Hat der Berater Griechenbonds angepriesen, soll das Geldhaus Schadenersatz zahlen. Der Commerzbank liegen bereits Klagen vor. Wann Sparer eine Chance haben könnten, worauf sie achten müssen. Eine Checkliste.

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Immer mehr Anleger von Griechenbonds verklagen die Banken aufgrund mangelhafter Beratung auf Schadensersatz - Besonders Commerzbank-Kunden suchen den Weg zum Anwalt Quelle: dpa

Risikoklasse des Anlegers

Anlegeranwälte schauen sich anfangs an, in welche Risikoklasse sich der Anleger hat einstufen lassen und wie er bislang sein Geld bei der Bank angelegt hat. „Hat der Anleger bislang noch nie riskante Anlagen gekauft und der Berater hat ihm dann griechische Staatsanleihen empfohlen, sehe ich keine anlegergerechte Beratung“, sagt Anlegeranwalt Peter Hahn, Partner der Hamburger Kanzlei Hahn Rechtsanwälte. Folge: Die Chance des Anlegers steigt, dass eine Schadenersatz-Forderung Erfolg haben könnte. Das gilt vor allem, wenn der Anleger bei der Bank als sicherheitsorientierter, also konservativer Anleger, eingestuft war. Wer also schon viele Zertifikate und Aktien im Depot hatte, für den dürfte es schwieriger werden nachzuweisen, dass er ein sicherheitsorientierter Rentenanleger ist.

Anlegeranwälte rüsten sich jetzt, um von Banken Schadenersatz zu erstreiten. Die Hamburger Kanzlei Gröpper Köpke vertritt mittlerweile weit über 700 Griechenland-Geschädigte. Die meisten, heißt es auf der Internetseite, seien von der Bank nicht über die Risiken aufgeklärt worden. Unter den Mandanten seien „überproportional viele Commerzbank-Kunden“. Dieser Eindruck bestätigt sich auch bei der Kieler Kanzlei Helge Petersen, die schon rund 25 Mandanten in dieser Sache betreut – ebenfalls überwiegend Kunden der Commerzbank. Der Bank liegen bislang nach eigenen Angaben drei Klagen von Kunden vor.

So fühlt man dem Finanzberater auf den Zahn
Nachbarn unterhalten sich Quelle: dpa
Fangfrage 2: "Wenn etwas schief läuft, dann ersetzen Sie mir doch den Schaden?" Solch eine Versicherung gegen Verluste wünscht sich jeder Anleger, doch keine Bank mag das versprechen. Wenn ein Berater sich darauf einlässt, überschreitet er seine Kompetenzen – und will unbedingt etwas verkaufen. Dafür ist ihm jedes Mittel recht, auch eine Fehlinformation an den Kunden. Quelle: dpa
Fangfrage 3: "Welche Produkte brauche ich denn nun?"Gute Berater entwickeln eine Strategie , und sie schauen sich die Vermögens- und Finanzsituation eines Kunden an. Dann reden sie mit ihm über seine Ziele und seine Risikobereitschaft. Einzelne Produkte kommen – wenn überhaupt – immer ganz zuletzt. Berater, die sich sofort darauf einlassen, denken vor allem an ihre Provision. Diese ist häufig davon abhängig, wie viel Produkte in einem bestimmten Zeitraum von ihm verkauft werden. Quelle: dpa
Uhr Zifferblatt Quelle: dpa
Fangfrage 5: "Ich bin risikoscheu und möchte mindestens fünf Prozent Rendite. Das ist doch für Sie kein Problem?" Es sollte ein Problem für Berater sein. Wer diese Frage sofort bejaht, hat sich als unsolide geoutet. Denn fünf Prozent Rendite sind aktuell meist nur mit einem recht hohen Risiko oder anderen Nachteilen zu erzielen. Wer als Anleger gar kein Risiko möchte, muss sich aktuell eher mit einem bis zwei Prozent begnügen – den Konflikt zwischen Risiko und Rendite sollte ein Berater darstellen und nicht schamhaft überspielen. Quelle: dpa
zerrissener Euro-Schein Quelle: dpa
Fangfrage 7: "Ich vertraue Ihnen, das Kleingedruckt ist sicher in Ordnung. Wo soll ich unterschreiben?" Geldanlagen sollten gut überlegt sein. Berater, die ihren Kunden wenig Zeit lassen, wollen ein Gespräch schnell abhaken. Häufig verbergen sie diese Absicht. Durch diese Fangfrage können Anleger dem Berater auf die Schliche kommen. Jeder Berater sollte das Kleingedruckte erklären, und hinterher sollte es der Anleger noch mal lesen. Einfach zu unterschreiben, ist keinesfalls in Ordnung. Quelle: dpa

Die Commerzbank sagt sie könne nur zu zwei Fällen Stellung nehmen, da sie die restlichen noch nicht nachvollziehen könne. In dem Fall eines Beratungsgespräches aus April 2011 habe „der Kunde von sich aus konkret nach ausländischen Staatsanleihen“ gefragt und hätte auch Erfahrung mit solchen Anlagen gehabt. In einem Beratungsgespräch im März 2012 habe ein Anleger bereits Anleihen aus Griechenland besessen. „Das Segmentvotum zu diesem Zeitpunkt war ‚Halten‘. Dieses Votum hat der Berater dem Kunden mitgeteilt und korrekt im Beratungsprotokoll vermerkt“, teilte die Bank mit. Es sei „ausdrücklich darauf hingewiesen“ worden, „dass ein nachträglicher zwangsweiser Umtausch von Griechenland-Anleihen zu Kursverlusten führen“ könne.  

Zeitpunkt der Empfehlung

Ob Anleger eine Chance auf Schadenersatz haben, dürfte vor allem davon abhängen, wann die Bonds empfohlen wurden. Die Nachrichtenlage könnte dabei rückblickend entscheidend sein. Was war zum Zeitpunkt der Empfehlung öffentlich bekannt? Beispiel: Schon im März 2010 wurde über eine Staatspleite Griechenlands spekuliert. Die Euro-Länder sagten Athen vorsorglich ein Hilfspaket unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds zu. Mai 2010: Griechenland drohte die Insolvenz. Das Land sollte Notkredite von 110 Milliarden Euro bekommen. Eine wichtige Frage könnte sein: Durften sich Berater zu diesem Zeitpunkt darauf verlassen, dass Griechenland unter allen Umständen gerettet wird und das Geld der Anleger sicher sei? Der Berater sei verpflichtet, Anleger über eine solche Situation aufzuklären, sagen die Rechtsanwälte. Und Argentinien lässt grüßen! Damals zog der Internationale Währungsfonds die Reißleine und das Land schlitterte doch noch in den Bankrott.

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