Denkfabrik Die Deutschen lieben ihr Bargeld

Die Deutschen lieben ihre Scheine und Münzen und wollen nicht komplett auf bargeldlose Zahlung umsteigen. Das Ende des 500-Euro-Scheins hingegen lässt sie kalt - er wird vermehrt eingetauscht.

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Diese Geld-Puzzle musste die Bundesbank lösen
Zerschnittenes Geld. Quelle: Bundesbank
Verbrannter Stiefel mit Geld Quelle: Bundesbank
Verschmortes Geld Quelle: Bundesbank
Geld Quelle: Bundesbank
Von Mäusen zerfressenes Geld Quelle: Bundesbank
Verbranntes Sparschwein mit Geld Quelle: Bundesbank
Geschreddertes Geld Quelle: Bundesbank

Die Debatte um das Bargeld gewinnt an Fahrt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat beschlossen, bald keine neuen 500-Euro-Scheine mehr auszugeben. Schon die bloße Ankündigung hat dazu geführt, dass weniger 500-Euro-Noten im Umlauf sind. Offensichtlich befürchten diejenigen, die solche Noten besitzen, dass diese entgegen der Ankündigung der EZB in absehbarer Zeit nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptiert werden.

Insgesamt jedoch lässt der Notenbankbeschluss die Mehrheit der Bundesbürger kalt. Die meisten haben noch nie einen 500-Euro-Schein in den Händen gehabt. Entsprechend ist es der Mehrheit egal, dass die Tage dieser Banknote gezählt sind. Unter denjenigen, die zu dem Beschluss Position beziehen, halten sich Anhänger und Gegner annähernd die Waage: 22 Prozent der Bürger begrüßen das langfristige Ziel, den 500-Euro-Schein auslaufen zu lassen, 20 Prozent sprechen sich dagegen aus, 55 Prozent stehen dem Vorhaben gleichgültig gegenüber.

Völlig anders fällt die Reaktion auf Forderungen aus der Politik aus, eine Obergrenze für Bargeldzahlungen einzuführen.

Bargeld

Hier hat die große Mehrheit durchaus eine Meinung: Nur jeder Fünfte hält dies für sinnvoll, während 51 Prozent Obergrenzen für Bargeldzahlungen ablehnen. Überdurchschnittlich kritisch stehen die 45-Jährigen und Älteren diesem Vorhaben gegenüber, während ein Teil der Jüngeren den Eindruck hat, dass sie eine solche Obergrenze (noch) nicht betrifft.

Elektronisches Bezahlen hat wenig Freunde

Im Zuge dieser Debatten wird auch spekuliert, dass es mittelfristig um einen noch radikaleren Schnitt gehen könnte – die völlige Abschaffung des Bargelds. Die zunehmende Neigung, elektronisch zu bezahlen, legt nahe, dass viele Bürger mit dem völligen Abschied vom Bargeld kein Problem hätten. Doch das Gegenteil ist der Fall. Nur sechs Prozent können sich für die Vision erwärmen, dass Bezahlvorgänge ausnahmslos elektronisch erfolgen.

Das lästige Kleingeld dürfte abgeschafft werden
Cent-Münzen Quelle: dpa
Abschaffung aus Platzgründen Quelle: dpa
Zu teure Herstellung Quelle: dapd
Abschaffungsgegner in der Minderheit Quelle: dpa
Bargeld nach wie vor beliebt Quelle: dpa
Männer haben im Schnitt 17 Euro mehr Bargeld im Portemonnaie Quelle: dpa
EC-Karte gewinnt an Bedeutung Quelle: dpa

84 Prozent lehnen die Abschaffung des Bargelds ab. Auch die junge Generation, die elektronische Zahlungsmöglichkeiten überdurchschnittlich oft nutzt, kann sich für die Vision einer Welt ohne Bargeld nicht erwärmen.

Nur eine Minderheit kann sich vorstellen, selbst komplett auf Bargeld zu verzichten. 77 Prozent schließen dies für sich kategorisch aus; 17 Prozent können es sich grundsätzlich vorstellen, überdurchschnittlich die Jüngeren: Von den unter 30-Jährigen halten es 30 Prozent für denkbar, persönlich ganz auf Bares zu verzichten, schon von den 30- bis 44-Jährigen nur 22 Prozent und ganze neun Prozent der 60-Jährigen und Älteren.

Bargeld schützt die Privatsphäre

Dabei sieht die überwältigende Mehrheit durchaus die Vorteile des elektronischen Zahlungsverkehrs. Er gilt als modern, bequem und auch als hygienischer als Noten und Münzen, die durch viele Hände gehen. 84 Prozent stufen die elektronische Zahlung als modern ein, nur vier Prozent die Barzahlung; Hygieneaspekte sehen 71 Prozent als Vorteil der elektronischen Zahlung. Als bequem und komfortabel empfinden 72 Prozent den elektronischen Zahlungsverkehr, dagegen nur 20 Prozent die Zahlung mit Bargeld.

Die wesentlichen Vorteile von Barzahlungen wiegen jedoch für die Mehrheit schwerer als die positiven Aspekte der elektronischen Zahlung.

61 Prozent verbinden Barzahlungen mit Zuverlässigkeit, dagegen nur 23 Prozent die elektronischen Zahlvorgänge. Sicherheit ist für 63 Prozent ein Vorteil von Bargeld, aber nur für 26 Prozent von elektronischen Bezahlvorgängen.

Deutschland ist zögerlicher als andere Länder

69 Prozent assoziieren Barzahlungen zudem mit einem guten Überblick über ihre Ausgaben – beim elektronischen Zahlungsverkehr sind es nur 24 Prozent. Offensichtlich wird ein mehr oder weniger gefülltes Portemonnaie als besserer Indikator für das eigene Ausgabeverhalten empfunden als der Ausdruck der Kartenzahlungen.

Wo die Deutschen ihr Erspartes verstecken
42 Prozent der Bürger lagern ihr Bargeld aus Verunsicherung zu Hause Quelle: obs
Schmuckdose Quelle: Fotolia
Schuhschrank Quelle: Fotolia
Spardose Quelle: dpa
Tresor Quelle: dpa/dpaweb
Geld im Spülkasten Quelle: dpa
Vorratsdose Quelle: Fotolia

Dazu kommt ein Aspekt, der zunehmend in der gesellschaftlichen Diskussion eine Rolle spielt: der Schutz der privaten Sphäre in einem Umfeld, in dem eine Überwachung aller privaten Transaktionen immer einfacher wird.

Im internationalen Vergleich sind die Deutschen zögerlicher als andere, uneingeschränkt auf die neuen Möglichkeiten des Zahlungsverkehrs zu setzen. Neben dem Thema Datenschutz und dem ausgeprägteren Gefühl von Sicherheit bei Bargeldtransaktionen kommt jedoch auch noch eine Freude am Bargeld hinzu: an Geld zum Anfassen statt nüchterner Auflistungen von Einnahmen und Ausgaben.

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