Deutsche Pfandbriefbank Wie eine Staatsbank Privatanleger austricksen will

Genussscheine der Deutschen Pfandbriefbank - Nachfolgerin der Pleitebank Hypo Real Estate - werden nur bedient, wenn die Bank Gewinn macht. Welcher Gewinn aber zählt? Das muss jetzt das Oberlandesgericht München entscheiden.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die Deutsche Pfandbriefbank, Rechtsnachfolgerin der verstaatlichten Pleitebank Hypo Real Estate, will trotz Jahresüberschuss nichts an Inhaber von Genussscheinen überweisen. NunDeutsche Pfandbriefbank Quelle: dpa, Montage

Eine Hypothekenbank im Land der Häuslebauer – was soll da schon schiefgehen? Pensionär Hermann Wagner kaufte deshalb Papiere der Württembergischen Hypothekenbank. „Ein besonderes Risiko sah ich nicht, da die Württembergische Hypo bei uns in Stuttgart als hochsolide Adresse bekannt war“, sagt er. 60.000 Euro legte der Pensionär vor zwölf Jahren in Genussscheinen an, die jährlich sieben Prozent Zins bringen sollten.

2005 wurde die Württembergische Hypo von der Hypo Real Estate (HRE) übernommen. Die schlüpfte in die Rolle der Genussschein-Schuldnerin. Fatal für Wagner und viele Sparer: Genussscheine sind an den Erfolg der ausgebenden Bank gekoppelt. Gerät die in die roten Zahlen, kann die Zinszahlung ausfallen und sogar der Nennwert der Papiere zusammengestrichen werden. Macht die Bank wieder Gewinn, wird der Nennwert heraufgesetzt, die Zinszahlungen setzen wieder ein.

Ausgewählte Genussscheine und ihre Merkmale

Hypo-Realer Horror

2008 war es endgültig vorbei mit schwäbischer Solidität. Die HRE hatte sich mit riskanten US-Papieren und Derivaten verspekuliert, geriet ins Zentrum der Finanzkrise. Die Kuponzahlungen fielen aus, die Kurse der Genussscheine brachen ein. Mit staatlicher Hilfe von zeitweise mehr als 100 Milliarden Euro wurde die HRE gerettet. Die gefährlichsten Wertpapiere und Kredite kamen in die FMS Wertmanagement, die Bad Bank der HRE. Aus dem überlebensfähigen Teil der HRE wurde die Deutsche Pfandbriefbank (PBB) gebildet. Mit 37 Milliarden Euro in ausstehenden Pfandbriefen ist sie heute weltweit Nummer eins in diesem Geschäft – und macht seit vier Jahren Gewinn: 2011 blieben nach internationaler Rechnungslegung 117 Millionen Euro netto, nach den Regeln des Handelsgesetzbuchs (HGB) sogar 142 Millionen.

Die Anleger aber hatten nichts davon, im Gegenteil: In einer knappen Mitteilung schrieb die PBB im Mai 2013, dass sie den Besitzern der Genussscheine nur 2,72 Prozent von ursprünglich 100 Prozent Nennwert zurückzahlen werde.

Mit einem Federstrich verlor Hermann Wagner so 58.368 Euro, nachdem er schon für 2011 und 2012 zusammen 8400 Euro an Zinsausfällen hinnehmen musste. Eine Begründung enthält die Meldung nicht. Der WirtschaftsWoche sagt PBB-Sprecher Oliver Gruss: „Die Höhe der Rückzahlung erfolgte auf Basis unserer Rechtsauffassung zur Auslegung der Genussscheinbedingungen.“ Konkret heißt das: Die PBB will nur zahlen, wenn der Bilanzgewinn positiv ist. Wegen der Finanzkrisen-Altlasten ist der seit 2009 mit mehr als drei Milliarden Euro aber extrem negativ.

Von 50 Millionen Euro, die in Wagners Genussschein mit der Kennnummer 546325 insgesamt angelegt waren, lösten sich 48,64 Millionen in Luft auf. Als wir über den Fall berichteten (WirtschaftsWoche 44/2012), meldeten sich zahlreiche Sparer, die sich um ihr Geld gebracht sahen.

Sparer gehen hart mit der Bank ins Gericht

Wagner klagte und bekam Ende Juli 2014 vor dem Landgericht München I recht. Die PBB ging in die Berufung. Wenn das Oberlandesgericht die Berufung zulässt, dürfte es in den kommenden Wochen zur nächsten Verhandlung kommen.

Vergleich abgelehnt

Der Termin vor dem Landgericht lief für Anleger Wagner von Anfang an günstig. Zunächst hatte der Vorsitzende Richter Helmut Krenek versucht, die Parteien zu einem Vergleich zu bewegen: Die PBB solle den Nennwert der Scheine zurückzahlen, dazu die Zinsen ab 2011, dafür solle Wagner aber auf Verzugszinsen verzichten. „Dass der Richter einen Vergleich vorschlug, konnte man durchaus als Signal verstehen, dass der Prozess in unsere Richtung geht“, sagt Wagner. Die PBB wurde vertreten von Marcus van Bevern von der Münchener Kanzlei Kantenwein Zimmermann Fox Kröck & Partner, der von 2006 bis 2009 selbst Jurist bei HRE und PBB war. Van Bevern lehnte den Vergleich ab und ging in die Offensive: Er beantragte, das Verfahren in München einzustellen, um es nach Stuttgart zu verlegen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%