Mit Neid dürfen Anleger auf diejenigen blicken, bei denen seit 2012 Aktien vom Autozulieferer Continental im Depot liegen. 33 Prozent Ertrag brachte ihnen die Aktie jährlich bis Ende 2016. So viel wie kein anderer der 30 größten Konzerne im Dax. Das zeigt die Studie der Boston Consulting Group (BCG), die seit 1999 die weltweit besten Aktien auswertet.
Die besten 15
BCG berechnet in seiner Studie für über 2300 Unternehmen weltweit den jährlichen Gesamtertrag von Ende 2012 bis Ende 2016. BCG blickt dafür nur nicht auf den Kursgewinn.
Ausschlaggebend sind Faktoren wie Margensteigerung, Umsatzwachstum, Dividendenzahlungen und Börsenbewertung. Die WirtschaftsWoche zeigt exklusiv die besten 15 Dax-Aktien.
So ermittelt BCG die besten Aktien der Welt
Kann ein Unternehmen die Verkäufe steigern, gibt es Pluspunkte, geht der Absatz zurück, rutschen die Werte ins Minus.
BCG schaut auf die Ebitda-Marge, also den operativen Gewinn, den die Unternehmen mit jedem umgesetzten Euro machen. Wer die Marge ausbaut, bekommt Pluspunkte, negative Werte zeigen an, dass ein Unternehmen weniger profitabel arbeitet.
Sinken die Dividenden, gibt es Minuspunkte.
Unternehmen können Anlegern nicht nur über Dividenden Erträge bringen, sondern auch, wenn sie eigene Aktien zurückkaufen und so ihren Wert steigern. Dafür vergibt BCG Pluspunkte. Wenn Konzerne stattdessen neue Aktien ausgeben, um frisches Geld einzusammeln, gibt es Minuspunkte.
Konzerne die ihre Schulden abbauen werden positiv bewertet, wer neue aufnimmt wird im Ranking abgestraft.
BCG schaut auf das sogenannte EBITDA-Multiple, das den Unternehmenswert ins Verhältnis zum operativen Ertrag eines Konzerns setzt. Der Unternehmenswert berechnet sich vor allem aus der Marktkapitalisierung und den Schulden. Je höher die Börsenbewertung, desto eher ist eine Aktie überbewertet. Anleger erwarten künftig deutlich höhere Erträge, als es aktuell im Geschäft absehbar ist. Bei Minuspunkten könnte eine Aktie unterbewertet sein. Es können aber auch fundamentale Probleme im Geschäft bestehen.
Dass Continental bereits seit Jahren auf autonome Fahrtechnik setzt, dürfte ein Grund für das überdurchschnittliche Abschneiden sein. In der Sparte Chassis & Safety bündelt Conti seine Geschäfte mit innovativen Fahrassistenzsystemen und Sensorik.
Ihre Umsätze wuchsen 2016 mit sechs Prozent stärker als alle anderen Abteilungen des Konzerns. Und mit neun Milliarden Euro Umsatz könnte die Technologie-Abteilung bald selbst die Reifensparte überholen, die mit über zehn Milliarden noch die größten Einnahmen verbucht.
Selbstfahrende Autos, das ist keine Zukunftsfantasie, sondern schon jetzt lukratives Geschäftsmodell für die Zulieferer smarter Autoteile. Daten von BCG zeigen, dass noch eine weitere Aktie außerhalb des Dax ihren Anlegern außergewöhnlich hohe Erträge brachte, die Autos zu fahrenden Robotern machen will: Nvidia.
Der Chiphersteller aus den USA produziert eigentlich Grafikkarten. Und die können mehr, als nur bunte 3D-Videospiele auf den Computerbildschirm zu bringen. Aufgrund der komplexen Berechnungen, die in selbstfahrenden Autos nötig sind, ist Nvidia jetzt beliebter Partner der Autokonzerne, Audi etwa nutzt die Lösungen des Konzerns bereits.
Und das selbstfahrende Auto hat auch die Nvidia-Aktie in den vergangenen fünf Jahren nach oben gepusht: Sie brachte gut 52 Prozent Ertrag, Platz 28 der besten weltweit.
Dax-Spitzenreiter Continental liegt dagegen international nur im Mittelfeld. BCG hat Aktien aus 33 verschiedenen Branchen ausgewertet und jeweils die Top10-Aktien identifiziert. Continental schafft es in seiner Branche nur auf den zehnten Platz. Unter allen 330 Aktien reichen die 33 Prozent Gesamtertrag gar nur für Rang 174.
Deutlich besser schnitt die Aktie von TecDax-Konzern Sartorius ab, mit 58 Prozent brachte sie Anlegern deutlich höhere Erträge und gehörte zu den 20 besten Aktien weltweit. Das konnte kein Dax-Konzern toppen.
Insgesamt erzielten Anleger mit europäischen Aktien in den vergangenen fünf Jahren zwar solide Erträge. Titel aus den USA und Schwellenländern wie China und Indien bestimmen aber das Ranking.
Adidas nicht auf Platz 1?
Netflix führt in dieser Kategorie das weltweite Ranking an. Bei keinem Konzern haben Anleger über Zukäufe und den Glauben an künftig ertragreiche Geschäfte den Kurs so hoch getrieben wie beim Streamingkonzern: 69 Punkte erhielt er in der Kategorie Börsenbewertung von BCG. In einer separaten Auswertung hat BCG herausgefunden. dass die 500 größten US-Konzerne im S&P 500 bereits so hoch bewertet sind, wie zuletzt nur vor der Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende.
Techaktien sind häufiger überbewertet
Doch das dürfte noch kein Grund zur Sorge bei Anlegern sein: Denn keine einzelne Branche ist insgesamt überbewertet. Aktien mit besonders hoher Börsenbewertung stammen zum Beispiel aus dem Technologiebereich, aber auch dem Rohstoff- oder Immobiliensektor und der Pharmabranche.
Die Aktien-Dauerbrenner der letzten 10 Jahre
Branche: Touristik
Land: Thailand
Jährlicher Gesamtertrag: 57 Prozent
(Jeweils der Gesamtertrag für Aktionäre u. a. aus Kursgewinnen und Dividenden von 2001 bis 2016 und 2006 bis 2016. Unternehmen über zehn Milliarden Dollar Börsenwert)
Quelle: BCG
Branche: Medien
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 42 Prozent
Branche: Medien
Land: China
Jährlicher Gesamtertrag: 41 Prozent
Branche: Luftfahrt
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 33 Prozent
Branche: Finanzen
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 27 Prozent
Gehört zu den Empfehlungen der WirtschaftsWoche
Branche: Technologie
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 27 Prozent
Branche: Technologie
Land: China
Jährlicher Gesamtertrag: 26 Prozent
Branche: Finanzen
Land: Vereinigte Arabische Emirate
Jährlicher Gesamtertrag: 20 Prozent
Branche: Konsumgüter
Land: Südkorea
Jährlicher Gesamtertrag: 19 Prozent
Manche Anleger dürften überrascht sein, dass Adidas nicht an der Spitze des Dax-Rankings auftaucht. Schließlich folgte bei Adidas in den letzten Jahren ein Allzeithoch aufs nächste und der Kurs verdreifachte sich von Anfang 2015 bis 2017 auf rund 180 Euro. Keine Dax-Aktie lief 2016 besser als Adidas.
Im BCG-Ranking liegt die Adidas-Aktie nach Continental, ProSiebenSat.1 und Fresenius aber nur auf Rang vier aller Dax-Konzerne mit 27 Prozent Gesamtertrag. Doch in den Analysezeitraum von BCG fällt auch das Adidas-Krisenjahr 2014, als vor allem Probleme in Russland die Bilanz und den Aktienkurs verhagelten. So liegt die Adidas-Aktie international gleichauf mit Konkurrent Under Armour, der über fünf Jahre ebenfalls 27 Prozent Ertrag brachte.
Die Aktien-Dauerbrenner der letzten 10 Jahre
Branche: Medien
Land: China
Jährlicher Gesamtertrag: 61 Prozent
(Jeweils der Gesamtertrag für Aktionäre u. a. aus Kursgewinnen und Dividenden von 2001 bis 2016 und 2006 bis 2016. Unternehmen über zehn Milliarden Dollar Börsenwert)
Quelle: BCG
Branche: Finanzen
Land: Indien
Jährlicher Gesamtertrag: 47 Prozent
Branche: Finanzen
Land: Indien
Jährlicher Gesamtertrag: 37 Prozent
Branche: Handel
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 42 Prozent
Branche: Pharma
Land: China
Jährlicher Gesamtertrag: 28 Prozent
Branche: Konsumgüter
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 22 Prozent
Auch die Aktie der Deutschen Post dürfte Anlegern in den vergangen Jahren Freude bereitet haben. Sie erhielt die meisten Punkte unter den Dax-Konzernen für ihre verbesserte Gewinnmarge.
Auch in den anderen Kategorien liest sich die Bewertung von BCG sehr ordentlich: zwei Punkte gab es für wachsende Umsätze, vier Punkte für höhere Dividenden und fünf Punkte für abgebaute Schulden. Das bedeutet im internationalen Ranking Platz 281 von 330.
Die Post ist mit 25 Prozent damit eine von nur acht deutschen Aktien, die unter den Top 330 Aktien auftaucht: Neben Sartorius (58 Prozent), Continental (33) und Adidas (26) gehören auch die Hannover Rück (27), Wirecard (27), Symrise (25) und Merck (22) dazu. Bis auf Sartorius liegen damit alle knapp unter dem Durchschnitt der 330-Top Aktien weltweit, der bei 36 Prozent liegt.
Deutsche Konzerne müssen also aufholen, was ihre Performance angeht. Bislang tauchten im BCG-Ranking nur vereinzelt Aktien aus Schwellenländern unter den Top10-Listen auf. Jetzt sind sie omnipräsent, insbesondere im Technologiesektor. Auf der Suche nach den besten Aktien für die kommenden Jahre kann das für Anleger nur heißen: Nicht nur in der Heimat anlegen, sondern auch Konzernen mit starkem Wachstum, profitablem Geschäft und solider Bilanz im Ausland trauen.