Bevor Sie einen Fuß auf das Börsenparkett setzen oder Sie anfangen, Ihren Kapitalstock aufzubauen, sollten Sie herausfinden, was für ein Anlegertyp Sie sind.
Der Geldanleger mit seinem privaten Leben sieht sich dem jeweiligen Gesellschafts-, Wirtschafts- und insbesondere dem Finanzsystem ausgesetzt. Da geht es um vielmehr als nur: Anlegertyp konservativ, dynamisch oder Rendite orientiert. Diese Schachteln sind viel zu eng.
Dabei verlassen sich die meisten Anleger auf das, was ihnen vom System eben angeboten wird. Das kann zu einer frostigen Schlittenfahrt werden. Gerade ist in den Vereinigten Staaten von Amerika dazu eine interessante Analyse publiziert worden. Demnach bereuen mehr als 70 Prozent der amerikanischen Geldanleger grobe Fehler und Irrwege, die sie mit ihrem Kapital im Verlauf des Lebens haben einstecken müssen. Die Unzufriedenheit mit dem Lebenswerk „Ich und mein Kapital“ überwiegt. Das ist tragisch.
Bei nüchterner Überlegung ist es ganz klar: Bei dem Thema Kapital geht es nicht um eine abstrakte, mathematische Größe, sondern um den jeweiligen Menschen mit seinen Erwartungen und Hoffnungen, die er mit dem Kapital verbindet. Dies ist ein kompliziertes Feld, welches zutiefst in der Psyche und im Charakter des Geldanlegers fußt. Und das ist seit Urzeiten so.
Denn die menschliche Existenz ist von endlicher Dauer, in deren Ablauf Faktoren wie Ängste, Zuversicht, Unsicherheit, Glauben, Schaffenskraft, Lernbereitschaft, „die Augen verschließen“ und „Lebenslügen“ von Bedeutung sind, wenn es um das Thema „der Mensch und sein Geld“ geht.
Materielle Freiheit innerhalb eines gesellschaftspolitischen Systems kann derjenige besser erzielen, der mit der Selbstanalyse und der Erörterung seines eigenen Lebenskonzepts beginnt. Andernfalls wird er zum Spielball der Wogen der Finanzmärkte und Medienstimmung.
Zur Anschauung einige Beispiele, wie unterschiedlich die Konzeptionen sein können:
Wollen Sie Kapital aufbauen, um im Alter eine Versorgung zu haben und Ihr Kapital entsprechend aufzehren? Oder wollen Sie dynastisch denkend ein Vermögen auf nachfolgende Generationen übertragen?
Wer lange Zeit ein gesichertes monatliches Einkommen bezieht, kann sich Sparplan-Quoten festlegen. Ganz anders der Filmregisseur oder Musikproduzent, der ab und an einen großen Hit landet. Das erfordert einen ganz anderen disziplinierten Zugang zum Kapitalaufbau.
Wer schon früh weiß, dass er im Alter von vierzig Jahren einen halben Straßenzug erben wird, muss dies von vornherein bei seinen Geldanlage-Überlegungen ins Kalkül miteinbeziehen.
Für den Chefarzt, der pro Jahr 480.000 Euro sparen kann, sind 40.000 Euro eine andere Risikogröße, als für den Sanitäter, der jährlich auf 8.000 Euro Sparvolumen kommt.
Wie man es auch wendet und dreht, die Basis und „Abschussrampe“ für Ihre Vermögensrakete, die liegt bei Ihnen und Ihren Gedanken, Gefühlen und ureigensten Fähigkeiten. Wer mit seinem Inneren stimmig und befreit erfolgreich mit Kapital umgehen möchte, der kommt um eine Selbstanalyse nicht herum.
Wie beim Arzttermin bei Verdacht auf eine bedrohliche Krankheit, geht das nur mit schonungsloser Wahrheitsliebe. Wenn Sie das alleine nicht schaffen, holen Sie sich Hilfe und suchen das vertrauensvolles Gespräch.
Wahrscheinlich wird es nicht Ihr Banker sein. Eher der Sandkastenfreund, der Pastor, ein Psychoanalytiker oder ein erfahrener unabhängiger Investor, der das Maß der Dinge schon geschaut hat. Nicht von ungefähr sind an der Börse viele Achtzig- und Neunzigjährige trotz ihres Alters überaus erfolgreich unterwegs. Das hat genau damit zu tun.
Langfristanleger brauchen starke Nerven
Hier sind einige exemplarische Punkte, die Sie in jedem Fall abklopfen sollten:
Sind Sie eher ein Spekulant oder ein Investor?
Der Spekulant sucht nach Bestätigung seiner Annahmen, denn er versucht vorauszuahnen, wie die Märkte reagieren werden. Ihm ist egal, in was er sein Geld steckt, solange seine Prognose zutrifft. Oft wissen Spekulanten gar nicht, was hinter den Investments in Realität steckt. Sie „reiten“ auf den Spekulationswellen mit. Daraus ziehen sie ihre Befriedigung und versuchen mit der Welle Geld zu machen.
Der Investor hingegen beschäftigt sich mit Fakten, nämlich der Beurteilung von Unternehmen und anderen Assets. Er bemüht sich um eine objektive Wertermittlung. Wie die anderen Marktteilnehmer dazu stehen, interessiert den hartgesottenen Investor nicht. Er vertieft sich in seine Fachkenntnis und hat von daher das Durchhaltevermögen auch mit seiner Meinung für eine Weile „alleine da zu stehen“. Typischerweise liegt er oft für lange Zeit „falsch“ im Markt.
Diese Regeln sollten Sie bei Ihrer Geldanlage beachten
Streuen Sie Geldanlagen breit, packen Sie nie mehr als ein Drittel der Anlagesumme in ein Einzelinvestment.
Verkauft der Anbieter einer Immobilie oder eines Finanzprodukts den Kredit gleich mit, sollte vorher ein Anwalt das Angebot prüfen.
Ziehen Sie eine weitere Meinung von einem Profi hinzu, den Sie beauftragen.
Lesen Sie Verträge. Nur das gilt, nicht das, was Vermittler im Gespräch erzählen.
Präsentiert der Verkäufer Rechenbeispiele, in denen sich die Anlage von selbst finanziert, lassen Sie die Finger davon. Wer viel verdienen will, trägt viel Risiko.
Bevor Sie sich an Immobilien beteiligen, prüfen Sie vor Ort, wie sie vermietet sind
Besichtigen Sie Immobilien und lassen Sie den baulichen Zustand begutachten.
Fragen Sie im Zweifel einen spezialisierten Anwalt. Ein Steuerberater bestätigt, dass der Steuervorteil greift, ein Anwalt kennt die Fallstricke der Anlage.
Schauen Sie zuerst auf das Risiko und dann auf die mögliche Rendite. Legen Sie fest, wann Sie Ihr Geld wieder benötigen.
Lassen Sie sich eine Chance entgehen, statt unter Zeitdruck zu unterschreiben.
Kaufen Sie nur Produkte, die Sie verstehen. Das klingt banal, passiert aber viel zu selten.
Lassen Sie sich immer das Beratungsprotokoll aushändigen. Prüfen Sie, ob der Inhalt stimmt.
Sagt der Berater, ein Produkt sei sicher, verlangen Sie die schriftliche Bestätigung der Aussage. Gibt er sie nicht, lassen Sie die Finger vom Geschäft.
Lassen Sie sich den Prospekt aushändigen, und lesen Sie ihn vor Unterzeichnung des Vertrages gründlich. Suchen Sie im Prospekt nach Risikohinweisen.
Legen Sie auf, wenn Sie unverlangt ein Angebot per Telefon bekommen.
Wer von seiner Veranlagung her dazu neigt, Sachverhalte von vielen Seiten zu beleuchten, Talent hat, „pro und contra“ abzuwägen, der wird wahrscheinlich eher ein kurzfristig orientierter Geldanleger. Ihn wird es immer wieder dazu drängen, einen Gewinn abzusichern und woanders neu zu investieren. Er sieht zu klar, was alles theoretisch passieren könnte.
Für solch einen Anlegertyp nützt es gar nichts, berühmte Langfrist-Investoren wie zum Beispiel Warren Buffett „nachzuäffen“. Wer richtig langfristig investiert, der braucht ein echt dickes Fell, der sitzt lange Perioden von schlechten Börsenkursen aus. Dazu bedarf es guter Nerven, die nun mal nicht jeder hat. Eine Mono-Fokussierung der Gedankenführung, in einem adaptieren „Werte-Ordnungskasten“ ist von großem Vorteil für solche Menschen. Sie stellen grundsätzlich nicht so viel im Leben in Frage.
Absolute Geldbeträge oder Prozente?
Bei den Geldanlegern gibt es grundsätzlich zwei Typen: die einen können nur in absoluten Geldbeträgen denken, die anderen denken in Prozent. Wer in absoluten Geldgrößen denkt, der kommt oft erst gar nicht in die Gänge, da es ihm ja um viel zu wenig geht. Wieso sparen und investieren, wenn ich eh nur 500 Euro dabei an Zinsen oder Dividenden verdienen kann? Das lohnt doch nicht, so heißt es bei diesen Anlegertypen.
Entsprechend juckt es in den Fingern, wenn plötzlich ein Gewinn von 70.000 Euro auf dem Tisch liegt. Dafür kann ich mir ja endlich den Sportwagen leisten. Entsprechend steigt die Nervosität, wenn der Gewinn rauf und runter schwankt. Auf einmal macht sich ein starkes Risikobewusstsein bemerkbar, ausgehend von dem Konsumgegenwert des potenziellen Gewinns.
Der „Prozentdenker“ bleibt völlig unberührt von absoluten Euro-Beträgen, und was man sich dafür kaufen kann. Zwei Prozent Verzinsung im Jahr auf das Kapital ist für ihn kein gutes Resultat, mit dem er sich zufrieden gibt. Ganz gleich, ob er 100 Euro investiert hat und ihm zwei Euro gutgeschrieben werden oder ob er 20.000 Euro erwirtschaftet bei einem Einsatz von einer Millionen Euro. Er hat die zwei Prozent im Auge. Um die geht es ihm
Aus meiner Lebenserfahrung als Value-Investor mag ich Bankschulden nicht. Dennoch muss man akzeptieren, dass es Investoren und Spekulanten gibt, die gut mit einem gewissen Verschuldungsgrad zu Recht kommen und erfolgreich wirtschaften. Solche Profis machen sich die immer währende Inflation zu Nutze.
Diese wenigen Aspekte mögen genügen, um Sie zum Nachdenken anzuregen. Wie auch immer, im Fazit heißt es: Stellen Sie sich fest in den Mittelpunkt Ihres Universums, bevor Sie sich dem System anvertrauen. Viel Erfolg, Sie schaffen das.