Wie bereitet sich Berlin auf die Zuspitzung der Krise vor?
Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte zuletzt ständig mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, ihrem neuen Hauptverbündeten nach dem Abgang von Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy. Zusätzlich lässt die Kanzlerin unter strengster Vertraulichkeit Katastrophenszenarien und Rettungspläne durchspielen, um im Fall eines dramatischen Wahlausgangs in Griechenland und eines weiteren Absackens Spaniens in dessen Bankenkrise gerüstet zu sein. Im Finanzministerium ist dafür Staatssekretär Thomas Steffen mit einigen Getreuen zuständig. Nach außen soll jedoch nichts dringen, um die hypernervösen Märkte nicht weiter zu beunruhigen. Auf Anfrage lässt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nur süffisant mitteilen, es wäre schon eine komische Regierung, die sich nicht auf alle Eventualitäten – egal, wie unwahrscheinlich oder unerwünscht – vorbereite.
„Wir sind viel besser gerüstet als zu Beginn der Euro-Krise“, betont der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Norbert Barthle. Was vor einem Jahr noch undenkbar schien, wird nun erwogen, um das wichtigste Ziel – den Euro retten – zu erreichen: Hierfür soll, das kristallisiert sich immer stärker heraus, Griechenland gegebenenfalls geopfert werden. Sollten nach den Wahlen in Griechenland die Sanierungsverweigerer wieder siegen und der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Hilfe einstellen, würde auch die Euro-Gruppe kein Geld mehr überweisen. Nach vier Wochen wäre Griechenland insolvent, heißt es in Berlin. Dann, so der Merkel-Vertraute Barthle, komme es eventuell zu einem Ausschluss Griechenlands aus der EU, weil ein Ausschluss aus dem Euro-Raum allein vertragsrechtlich nicht möglich ist. Bei einem damit verbundenen Staatsbankrott kämen auf Schäubles Bundeshaushalt direkte Kosten von rund 50 Milliarden Euro aus fälligen Bürgschaften zu. Barthles Hoffnung lautet: „Wenn Griechenland raus ist, könnte dies das Vertrauen in den Euro wieder stärken.“ Auf das sei vor allem das viertgrößte Land der Euro-Zone angewiesen: „Was in Spanien passiert“, sagt Barthle, „bereitet mir viel mehr Sorge.“ Deshalb drängt die Bundesregierung auch die spanische Regierung, endlich Mittel aus dem Euro-Rettungsfonds anzunehmen, um die dortige Bankenkrise zu entschärfen.
Gut gerüstet für den Ernstfall
Für den Fall einer Infektion deutscher Banken hält die Bundesregierung noch den Finanzmarktstabilisierungsfonds (Soffin) bereit, der vorsorglich bis Ende 2012 verlängert wurde. Von 80 Milliarden Euro für Rekapitalisierungen sind aktuell 20 Milliarden belegt, 60 Milliarden stehen noch zur Verfügung. Bei den Garantien sind von 400 Milliarden sogar noch 390 Milliarden frei. „Wenn es in Europa drunter und drüber gehen sollte“, sagt der Vorsitzende des Parlamentarischen Finanzmarktgremiums im Bundestag, Florian Toncar (FDP), „steht der Soffin bereit, Liquiditätsprobleme der deutschen Banken zu lösen.“