Mario Draghi , Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), will verhindern, dass die EZB immer tiefer in Staatsfinanzierung und Bankenrettung hineingezogen wird. Die Euro-Hüter sind erst dann zu weiteren Rettungsaktionen bereit, wenn die Regierungen sich auf die Rekapitalisierung der Banken in Krisenländern geeinigt haben.
Doch das Kalkül der Notenbanker könnte rasch Makulatur werden, wenn Griechenland Hals über Kopf aus dem Euro aussteigt und die Märkte in Panik geraten. Die EZB wäre die einzige Institution, die rasch reagieren könnte und über genügend Munition verfügte, um die Märkte zu beruhigen. So dürften die Notenbanker im Notfall den Leitzins weiter senken. Die Banken könnten sich dann noch billiger Geld verschaffen und neue Kredite vergeben.
Anleihekäufe letzter Trumpf
Allerdings ist es fraglich, ob das Drehen an der Zinsschraube die Euro-Wirtschaft stabilisiert. Die Bürger in den Krisenländern sind noch immer damit beschäftigt, ihre hohen Schulden abzubauen. Lust aufs Einkaufen auf Pump dürfte auch bei niedrigeren Zinsen kaum aufkommen.
Daher könnte sich die EZB gezwungen sehen, nach der bisherigen Billion Euro weitere Schüsse aus der Dicken Bertha abzufeuern und den Geschäftsbanken noch mehr Geld in unbegrenzter Höhe zu leihen. Ergänzend könnte sie die Anforderungen an die Qualität der dabei zu stellenden Sicherheiten herunterschrauben. Mehr als weiße Salbe wäre aber auch dieser Schritt nicht. Denn die Banken in den Krisenländern leiden nicht unter einem Mangel an Liquidität. Die können sie sich wöchentlich in unbegrenzter Höhe bei der EZB leihen. Ihr Problem ist der Mangel an Eigenkapital. Der lässt sich durch mehr Geld der EZB jedoch nicht lindern.
Der letzte Trumpf im Ärmel der Währungshüter ist der Kauf von Staatsanleihen. Da er auf die Finanzierung der Staaten durch die Notenpresse hinausläuft, ist er im EZB-Rat stark umstritten. Zudem nehmen die Währungshüter damit weitere Ausfallrisiken in ihre Bilanz. Dazu kommt, dass die EZB-Käufe private Investoren vom Anleihemarkt verdrängen. Denn nach den Erfahrungen mit Griechenland, als die EZB sich nicht am Schuldenschnitt beteiligte, müssen private Investoren fürchten, dass die EZB auch von möglichen Umschuldungen anderer Krisenländer ausgenommen wird. Dadurch stiege der Forderungsverzicht, den die privaten Gläubiger leisten müssen. Daher könnten sie sich immer weiter vom Bondmarkt zurückziehen. Am Ende bliebe die EZB der einzige Käufer von Staatsanleihen. Die Schulden der Staaten würden komplett durch die Notenpresse finanziert. Das Ergebnis: noch mehr Geld, neue Preisblasen auf den Vermögensmärkten – und höhere Teuerungsraten.