Die Unternehmen in der Eurozone blicken sehr zuversichtlich in die Zukunft. Ihre Beschaffungschefs und Einkaufsmanager erwarten in den Umfragen steigende Nachfrage. Nach Einschätzung der Volkswirte Reinhard Cluse und Felix Hüfner von der Schweizer Großbank UBS dürften angesichts dieser Zuversicht bald auch die harten ökonomischen Daten anziehen. Dazu zählen die Verkäufe im Einzelhandel oder die Produktion und Beschäftigung in den Industriebetrieben.
Die Ökonomen sehen die Eurozone hier einigermaßen breit aufgestellt, die Entwicklung sei nicht nur im relativ stabilen Deutschland positiv, sondern ebenfalls in Frankreich. Die günstigeren Aussichten für die Gesamtwirtschaft machen es für die Europäische Zentralbank (EZB) immer schwieriger, ihre expansive Geldpolitik mit den massenhaften Anleihekäufen und den extrem niedrigen Leitzinsen weiter zu rechtfertigen. Die UBS-Volkswirte erwarten daher schon bald eine geldpolitische Verschärfung: "Wir glauben, dass die Zeit der Normalisierung kommen wird."
Dabei werde die EZB aber um jeden Preis vermeiden, den Märkten einen Schrecken einzujagen. So könnte der Ausstieg aus den Anleihekäufen im Januar 2018 beginnen und sich etwa sechs bis neun Monate hinziehen. Zinserhöhungen kommen erst nach einem Ende des Anleihekaufprogramms in Frage, auch wenn viele EZB-Kritiker einen Anstieg der Leitzinsen schon jetzt kaum abwarten können.
Drehbuch für die Zinswende
Das mögliche Drehbuch der Zentralbank für ihren Rückzug aus der expansiven Geldpolitik und die Vorbereitung einer Zinswende könnte nach Erwartung der UBS-Volkswirte Cluse und Hüfer wie folgt aussehen:
Bei der nächsten Sitzung des EZB-Rats am 27. April wird es wohl noch keinen geldpolitischen Paukenschlag geben. Denn dieser Termin liegt unmittelbar nach dem ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen in Frankreich, bei denen populistische und anti-europäische Kräfte Auftrieb erhalten könnten. Die Notenbank wird den Finanzmärkten in einer solchen Situation bestimmt keine Schocks zumuten wollen.
Doch schon in der Pressekonferenz nach der Ratssitzung am 8. Juni dürften die Formulierungen in den Stellungnahmen von EZB-Präsident Mario Draghi in die Richtung einer baldigen geldpolitischen Straffung gehen, allerdings ohne konkrete Ankündigungen.
Eine Verkündung des Endes der Anleihekäufe ab Januar 2018 wird erst nach der Ratssitzung am 7. September erfolgen, wenn sie von der vorangegangenen Kommunikation sorgfältig vorbereitet wurde. Zwischen dem Ende der Anleihekäufe und dem Beginn der Zinswende dürfte die EZB dann noch eine geldpolitische Verschnaufpause einlegen, denn sie hat klargestellt, dass erste Zinsschritte nicht sofort nach dem Exit aus dem Kaufprogramm kommen, sondern mit einem gewissen Abstand.
Die Einschätzungen der UBS-Volkswirte sind nicht aus der Luft gegriffen. Schon im April wird die EZB wie bereits angekündigt ihre Anleihekäufe von 80 Milliarden Euro im Monat auf 60 Milliarden Euro reduzieren. Die günstigeren Konjunkturaussichten dürften der Inflation weiter Vortrieb geben, sodass der Spielraum für eine geldpolitische Straffung immer größer wird.