EZB-Ratssitzung Was passiert, wenn die EZB Unternehmensanleihen kauft

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Viele Neuheiten

Am Primärmarkt dürfte das Angebot an Firmen-Anleihen zunächst groß genug sein. Blackrock-Experte Mondelaers rechnet mit vielen Neuemissionen. Schon in den vergangenen Wochen haben die immer niedriger werdenden Renditen viele Unternehmen an den Markt gelockt. Dax-Konzerne wie die Telekom, Thyssenkrupp oder Heidelberg Cement haben in den vergangenen Wochen neue Anleihen ausgegeben und nutzen die günstigen Finanzierungsbedingungen.

CSU-Politiker fordern, dass der nächste EZB-Chef aus Deutschland kommt. Die Kritik an der EZB und dem aus Italien stammenden Mario Draghi wird wegen der ultra-lockeren Geldpolitik immer lauter.

Dank der Aussicht auf EZB-Käufe sind die Risikoaufschläge deutlich gesunken, der Markt hat also schon reagiert. Das gilt vor allem für Unternehmensanleihen aus den Peripheriestaaten. Interessant könnten Anleihen werden wie die der Telecom Italia. Mit Fitch hat nur eine Ratingagentur dem Unternehmen ein Investmentgrade-Rating verpasst. Die Rendite für eine bis 2023 laufende Anleihe ist seit dem vergangenen Zinsentscheid der EZB im März aber bereits von 3,1 auf 2,2 Prozent gesunken. „Händler könnten in Zukunft antizipieren müssen, welche und wie viele Anleihen die EZB kauft“, sagt Mondelaers. Es werde darauf ankommen, wie aktiv die Zentralbank in ihrer Rolle als Käufer sei.

Eigentlich will die EZB mit dem Kaufprogramm dafür sorgen, dass das Geld der Notenbank auch direkt in der Wirtschaft ankommt und nicht ausschließlich bei den Banken. Kritiker des Programms befürchten allerdings, die Unternehmen könnten die zusätzlichen Euros nicht für Investitionen nutzen, sondern damit Aktien oder Anleihen zurückkaufen oder ihre Dividende aufpolieren. Denn gerade Unternehmen mit einem Rating im Investmentbereich hatten auch bisher kaum Probleme, sich zu refinanzieren. Angesichts der weiterhin herrschenden Unsicherheit über das künftige Wachstum der Weltwirtschaft halten sich viele Konzerne mit großen Investitionen zurück.

So kreditwürdig sind die Eurostaaten
Das Centrum für europäische Politik (CEP) hat die Kreditfähigkeit der Euro-Staaten analysiert. Einen besonders intensiven Blick haben die Wissenschaftler auf Belgien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien geworfen. Das Resultat: die Probleme, die zur Euro-Krise geführt haben, bestehen weiterhin - und haben sich sogar auf weitere Länder ausgeweitet. Quelle: dpa
Die Kreditfähigkeit von Spanien nimmt erstmals seit Einführung des Euros zu. Die Ampel für Spaniens Kreditwürdigkeit steht auf grün, das CEP vergibt beim Schuldenindex eine Wertung von 2,3. Ein positiver Wert des CEP-Default-Indexes bei gleichzeitigem gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsüberschuss bedeutet: Das Land benötigt in der betrachteten Periode keine Auslandskredite, es steigert daher seine Kreditfähigkeit. Diese positive Entwicklung dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Land noch weitere Konsolidierungs- und Reformmaßnahmen umsetzen muss, um die in den Krisenjahren drastisch angestiegene Staatsverschuldung und die hohe Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Quelle: dpa
Auch für Irland steht die Ampel auf grün. Der ehemalige Krisenstaat hat, wie die kontinuierliche Zunahme der Kreditfähigkeit seit 2010 zeigt, die Krise überwunden. Der Schuldenindex beträgt 6,7, ist also deutlich positiv. Aufgabe muss es nun sein, die Investitionen, die auf fast Null gesunken sind, zu steigern, um die Wirtschaft wieder voran zu treiben. Quelle: dpa
Für Portugal zeigt die Ampel dagegen rotes Licht: Zwar erodiert die portugiesische Kreditfähigkeit noch immer. Der ununterbrochene Anstieg des Schuldenindexes seit 2011 zeigt jedoch, dass Portugal erhebliche Anstrengungen unternommen und Anpassungen bewältigt hat. Derzeit beträgt der Index -2. Unbeschadet dieser positiven Entwicklungen ist es allerdings fraglich, ob Portugal bereits ohne weitere Finanzhilfen auskommen wird, wenn das Anpassungsprogramm Mitte 2014 ausläuft. Quelle: dpa
Auch Italien gehört zu den Ländern mit einer "verfestigten abnehmenden Kreditfähigkeit", wie es beim CEP heißt. Die seit 2009 zu beobachtende Erosion der Kreditfähigkeit von Italien dauere an. Gegenüber 2012 habe sich der Verfall beschleunigt. Es sei fraglich, ob sich dies auf absehbare Zeit ändere. Denn die hierfür notwendigen Reformen und Konsolidierungsmaßnahmen seien von der italienischen Regierung bisher nicht ergriffen worden. Quelle: dpa
Ganz mies ist die Lage in Griechenland: Mit einem Wert von -9,8 hat Griechenland die schlechteste Kreditwürdigkeit aller 31 untersuchten Staaten. Die Kreditfähigkeit des Landes verfällt weiter und zwar deutlich schneller als die aller anderen Euro-Länder. Die Wiedererlangung der griechischen Kreditfähigkeit ist nicht absehbar, die Ampel steht auf dunkelrot. Quelle: dpa
Eine negative Überraschung kam in diesem Jahr aus dem Norden Europas: Belgien und Finnland weisen im ersten Halbjahr 2013 erstmals eine abnehmende Kreditfähigkeit auf. Da beide Länder noch über Auslandsvermögen verfügen, ist die Schuldentragfähigkeit allerdings noch nicht unmittelbar bedroht, die Ampel zeigt gelb-rot. Der CEP-Default-Index liegt im Falle Belgiens bei -0,5, bei Finnland beträgt er -0,1. Ein negativer Wert kann auf zwei Arten entstehen: 1. Die Nettokapitalimporte übersteigen die kapazitätssteigernden Investitionen. Das Land konsumiert über das im Inland erwirtschafteten Einkommen auch einen Teil des Nettokapitalimports. Die Volkswirtschaft verschuldet sich folglich im Ausland, um Konsumausgaben finanzieren zu können. 2. Kapital verlässt das Land, so dass der gesamtwirtschaftliche Finanzierungssaldo positiv ist. Gleichzeitig jedoch schrumpft der Kapitalstock. Das Land verarmt. Quelle: dpa

Was verändert sich für Anleger?

Für Sparer haben die Käufe der Zentralbank ihr Für und Wider. Einerseits dürften die Kurse der Anleihen deutlich steigen, daran können Anleger verdienen. Vergleichsweise einfach geht das mit Hilfe eines Indexfonds, ETF genannt, welcher einen in Frage kommenden Index abbildet. Dabei sollten Anleger darauf achten, dass keine Bankanleihen im Index gelistet sind. Solche „ex-financials“ ETFs finden sich beispielsweise unter Blackrocks ETF-Label iShares oder bei der Société Générale-Tochter Lyxor. Gleichzeitig sollten Anleger darauf achten, wie lang die Laufzeit der im Index gesammelten Anleihen ist.

Andererseits sorgen die Anleihekäufe dafür, dass Versicherer und Pensionsfonds es noch schwerer haben dürften, ihre Kundengelder lukrativ anzulegen. Schon jetzt warnte Bafin-Präsident Felix Hufeld im „Handelsblatt“, dass der Garantiezins für Lebensversicherungen wohl zu hoch sei. „Es versteht sich von selbst, dass 1,25 Prozent Zinsen auf Dauer nicht zu halten sind, wenn die Zinsen so niedrig bleiben, wie sie aktuell sind“, erklärte Chefaufseher Hufeld. Auch Blackrock-Experte Mondelaers sieht die Gefahr, dass die EZB andere Investoren durch die sinkenden Renditen in riskantere Assets treiben könnte. Für Versicherer gilt allerdings, dass sie das Geld der Versicherten sicher anlegen müssen. Sie können also nicht ohne weiteres auf höher verzinste, aber riskantere Anlageklassen ausweichen.

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