Am Primärmarkt dürfte das Angebot an Firmen-Anleihen zunächst groß genug sein. Blackrock-Experte Mondelaers rechnet mit vielen Neuemissionen. Schon in den vergangenen Wochen haben die immer niedriger werdenden Renditen viele Unternehmen an den Markt gelockt. Dax-Konzerne wie die Telekom, Thyssenkrupp oder Heidelberg Cement haben in den vergangenen Wochen neue Anleihen ausgegeben und nutzen die günstigen Finanzierungsbedingungen.
Dank der Aussicht auf EZB-Käufe sind die Risikoaufschläge deutlich gesunken, der Markt hat also schon reagiert. Das gilt vor allem für Unternehmensanleihen aus den Peripheriestaaten. Interessant könnten Anleihen werden wie die der Telecom Italia. Mit Fitch hat nur eine Ratingagentur dem Unternehmen ein Investmentgrade-Rating verpasst. Die Rendite für eine bis 2023 laufende Anleihe ist seit dem vergangenen Zinsentscheid der EZB im März aber bereits von 3,1 auf 2,2 Prozent gesunken. „Händler könnten in Zukunft antizipieren müssen, welche und wie viele Anleihen die EZB kauft“, sagt Mondelaers. Es werde darauf ankommen, wie aktiv die Zentralbank in ihrer Rolle als Käufer sei.
Eigentlich will die EZB mit dem Kaufprogramm dafür sorgen, dass das Geld der Notenbank auch direkt in der Wirtschaft ankommt und nicht ausschließlich bei den Banken. Kritiker des Programms befürchten allerdings, die Unternehmen könnten die zusätzlichen Euros nicht für Investitionen nutzen, sondern damit Aktien oder Anleihen zurückkaufen oder ihre Dividende aufpolieren. Denn gerade Unternehmen mit einem Rating im Investmentbereich hatten auch bisher kaum Probleme, sich zu refinanzieren. Angesichts der weiterhin herrschenden Unsicherheit über das künftige Wachstum der Weltwirtschaft halten sich viele Konzerne mit großen Investitionen zurück.
Was verändert sich für Anleger?
Für Sparer haben die Käufe der Zentralbank ihr Für und Wider. Einerseits dürften die Kurse der Anleihen deutlich steigen, daran können Anleger verdienen. Vergleichsweise einfach geht das mit Hilfe eines Indexfonds, ETF genannt, welcher einen in Frage kommenden Index abbildet. Dabei sollten Anleger darauf achten, dass keine Bankanleihen im Index gelistet sind. Solche „ex-financials“ ETFs finden sich beispielsweise unter Blackrocks ETF-Label iShares oder bei der Société Générale-Tochter Lyxor. Gleichzeitig sollten Anleger darauf achten, wie lang die Laufzeit der im Index gesammelten Anleihen ist.
Andererseits sorgen die Anleihekäufe dafür, dass Versicherer und Pensionsfonds es noch schwerer haben dürften, ihre Kundengelder lukrativ anzulegen. Schon jetzt warnte Bafin-Präsident Felix Hufeld im „Handelsblatt“, dass der Garantiezins für Lebensversicherungen wohl zu hoch sei. „Es versteht sich von selbst, dass 1,25 Prozent Zinsen auf Dauer nicht zu halten sind, wenn die Zinsen so niedrig bleiben, wie sie aktuell sind“, erklärte Chefaufseher Hufeld. Auch Blackrock-Experte Mondelaers sieht die Gefahr, dass die EZB andere Investoren durch die sinkenden Renditen in riskantere Assets treiben könnte. Für Versicherer gilt allerdings, dass sie das Geld der Versicherten sicher anlegen müssen. Sie können also nicht ohne weiteres auf höher verzinste, aber riskantere Anlageklassen ausweichen.