Fairvesta Beim Fondsanbieter sieht es düster aus

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"Problemlagen"

Wohn- und Geschäftshaus Pirmasens (Rheinland-Pfalz)

Fairvesta-Immobilien liegen häufig ausgerechnet an Orten, die andere Investoren als „Problemlagen“ bezeichnen: Dreieich, Unterlüß, Tangerhütte oder Reichenbach. Oft sind es Bürogebäude oder Supermärkte mit Wohnungen darüber. Wer Knoll die Schätzchen zu Sonderkonditionen verkauft und wer sie ihm zu hohen Preisen abnimmt, sagt der ansonsten so redselige Handlungsbevollmächtigte nicht. Auch die Adressen der Immobilien bleiben geheim.

Wer die Beteuerungen Knolls überprüft, stößt auf eine Menge Ungereimtheiten.

Abverkäufe. Laut Knoll verkaufen die Fonds alle Immobilien im Schnitt innerhalb von drei Jahren wieder, viele sogar schon nach einem Jahr. Der 2005 aufgelegte Fonds Fairvesta 4 etwa– mit 100 Millionen Euro Volumen der größte Fonds – habe, sagt Knoll, seine rund 30 direkt gekauften Immobilien fast alle schon mal verkauft und den Erlös neu investiert. Keine Immobilie sei länger als drei Jahre gehalten worden. Auch über alle Fonds gesehen, sei eine Haltedauer von über drei Jahren die absolute Ausnahme. Das aber ist falsch:

Laut Geschäftsberichten kaufte der Fairvesta 4 bis Ende 2012 insgesamt 27 Immobilien. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden nur vier Objekte verkauft; 65 Prozent der noch vorhandenen Immobilien waren länger als drei Jahre im Bestand.

Keine Ausnahme: Der Fairvesta Fonds 1 mit zehn Millionen Euro Volumen hat laut Geschäftsberichten zuletzt 2008 ein Haus verkauft. Fonds 5, gut 22 Millionen Euro schwer, hat seit Beginn im Jahr 2006 bis Ende 2012 noch keine einzige Immobilie verkauft. Rege gehandelt hat jedoch der 2011 aufgelegte Fonds Mercatus 8 mit rund 76 Millionen Euro eingezahltem Kapital: Von den gekauften rund 30 Immobilien sind wenigstens sechs wieder verkauft.

Mit seinen falschen Aussagen zu den Haltezeiten der Immobilien konfrontiert, räumt Knoll plötzlich einen „ganz klaren Fehler“ ein. Nach Ausbruch der Finanzkrise sei der Verkauf ins Stocken geraten. Ein extrem wichtiger Punkt zur Beurteilung der Fonds, der ihm erst auf Nachfrage einfällt.

Leerstand. So manche angebliche „Qualitätsimmobilie“ findet keine Mieter. Von 1735 Quadratmetern eines Wohn- und Geschäftshauses in Großalmerode etwa stehen laut einer Immobilienanzeige 1058 Quadratmeter leer. Bei einer Wohnanlage in Schlotheim liegen die tatsächlichen Mieteinnahmen 63 Prozent unter den geplanten Einnahmen. Bei einer Magdeburger Immobilie sind es 21 Prozent.

Wohn- und Geschäftshaus Pirmasens (Rheinland-Pfalz)

Zu hohe Werte angesetzt. Die von Fairvesta angesetzten Immobilienwerte liegen teilweise um 100 Prozent über den von Marktkennern als üblich bezeichneten Verkaufspreisen. Ein Geschäftshaus in Reichenbach etwa, das unten einen Norma-Markt beherbergt, bewertet Fairvesta mit mehr als dem 16-Fachen der jährlichen Miete. Laut Andreas Vogler, Gesellschafter des Immobilienfondsanbieters Kristensen Invest, zahlen Investoren für Gebäude, die an Norma oder Lidl vermietet sind, aber nur das Acht- bis Zwölffache der Jahresmiete. „Wenn der Mietvertrag noch zehn Jahre läuft und im Umfeld keine weiteren Supermärkte sind, ist vielleicht auch mal das 13-Fache drin“, sagt er. Diese Einschätzung teilen auch andere Immobilienexperten. Einen Rewe-Markt in Nieder-Olm bewertet Fairvesta mit dem 18-Fachen der Jahresmiete, eine Immobilie in Grimma mit Norma im Erdgeschoss sogar mit dem 21-Fachen. Eine Immobilie in Zerbst bewertet Fairvesta trotz aktuell nur 37.000 Euro Miete noch mit 1,7 Millionen.

Je länger Fairvesta die Immobilien hält, desto eher muss sie diese Werte beim Verkauf auch wirklich erreichen, um die avisierten Renditen zu schaffen. Deshalb sind die deutlich länger als geplanten Haltezeiten der Immobilien für Fairvesta und letztlich die Anleger so ein großes Problem.

Stille Reserven. Die ausgewiesenen Renditen aller laufenden Fonds sind nämlich noch nicht erwirtschaftet, sondern reine Hoffnungswerte. Fairvesta unterstellt allen Problemen zum Trotz, dass die deutlich unter Verkehrswert gekauften Immobilien später zum Verkehrswert verkauft werden können, und rechnet die entsprechenden „stillen Reserven“ schon mal vorab auf die den Anlegern am Ende auszuzahlenden Summen auf. Den eigenen Verkaufserfolg setzt Fairvesta selbstbewusst voraus.

Rechentricks. Es gibt Anhaltspunkte, dass Fairvesta bei der Berechnung seiner Rendite trickst. So hat Fairvesta in der letzten veröffentlichten Leistungsbilanz von 2011 den angegebenen Starttermin des Fonds Fairvesta 5 plötzlich um ein Jahr, von Ende 2006 auf Ende 2007, verschoben. Dank der damit kürzeren Laufzeit konnte der erhoffte Gewinn auf weniger Jahre umgelegt werden. Bei gleichem Starttermin wie im Vorjahr hätte die angegebene Rendite dieses Fonds bei 6,7 und nicht 8,4 Prozent liegen müssen. Bis Redaktionsschluss konnte Fairvesta dies nicht plausibel erklären. Außerdem ignorierte Fairvesta bei allen Renditeangaben den Zinseszinseffekt und konnte so zum Beispiel beim Fonds Fairvesta 6 statt 9,8 glatt einen Punkt mehr, also 10,8 Prozent Rendite, ausweisen.

Anhand der Verkäufe des Fonds Nummer 2 will Fairvesta belegen, dass man Immobilien zu den ausgewiesenen Werten verkaufen kann. Der Fonds lief fünf Jahre und brachte jährlich stolze 12,4 Prozent. 2011 wurde er aufgelöst. Wie, das nährt Zweifel, ob Anleger tatsächlich mit dem Erlös aus den Immobilien ausgezahlt wurden.

Knoll bestreitet jedenfalls, dass Fairvesta die Immobilien einfach nur in eine andere Gesellschaft umgeschichtet hat. Interne Verkäufe sind in der Branche tabu: Würden ausgezahlte Renditen nur mit dem Geld neuer Anleger finanziert, entstünde der Verdacht auf ein Schneeballsystem.

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