Felix und Roman Zulauf "Erholungsfantasien sind eine Fata Morgana"

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Deflationsgefahr

10 Gründe gegen den Euro
Das Portemonnaie ist schwerer geworden Quelle: dapd
Lieb gewonnene Sprichwörter sind nicht mehr gültig Quelle: AP
Eine Sammlung der im Dezember 2010 erhältlichen Ein-Euro Münzen der 17 Eurostaaten Quelle: dpa
Unser Vermögen wurde halbiert Quelle: dpa/dpaweb
Den politischen Talkshows gehen die Themen aus Quelle: REUTERS
Die Deutschen zahlen noch mit der Mark Quelle: AP
Keiner hat uns mehr lieb Quelle: dpa

Deutsche Firmen haben in den vergangenen Jahren das große Geschäft in Asien, vor allem in China gemacht. Wie lange hält sich Deutschland als vermeintliche Insel der ökonomischen Glückseligkeit noch?

Felix Zulauf: Nun, der Konsum ist jetzt wahrscheinlich noch das beste Segment in China, dank der kräftigen Lohnsteigerungen. Der chinesische Konsument hat schon noch Geld und kauft solange weiter bis Entlassungen kommen und Unternehmen schließen. Im chinesischen Konsum wird die Abschwächung erst in etwa sechs bis neun Monaten ankommen.

Also deutsche Autos werden sie noch kaufen.

Felix Zulauf: In Deutschland haben wir ein anderes Problem, ein japanisches. Das gilt vor allem für die deutsche Autoindustrie. Wenn ein Japaner plötzlich 20 Prozent günstiger wird, muss der deutsche Wettbewerber reagieren. Dessen Gewinnmarge fällt. Außerdem bleibt Europa in der Rezession. Europa aber ist nach wie vor der größte Absatzmarkt für deutsche Produkte.

Also wird es nichts mit der allmählichen Erholung, die viele Ökonomen für das zweite Halbjahr in Aussicht stellen?

Felix Zulauf: Als ich Anfang des Jahres für die Eurozone ein Minuswachstum von etwa zwei Prozent in Aussicht gestellt habe, wurde ich sehr komisch angeschaut. Aber ich glaube, wir kommen dorthin. Und auch Deutschland wird sich entsprechend abkühlen. Die ganzen Erholungsfantasien sind eine Fata Morgana.

Was macht Sie da so sicher?

Felix Zulauf: Schauen sie auf die Kreditentwicklung in der Eurozone. Die Kreditvergabe schrumpft mit etwa vier Prozent. In kreditbasierten Volkswirtschaften lässt sich damit kein Wachstum erzielen. Das ist unmöglich.

Ökonomen sehen im den verbesserten Leistungsbilanzen einzelner Peripherieländern das Licht am Ende des Tunnels.

Felix Zulauf: Das ist absoluter Unsinn. Die Leistungsbilanzen verbessern sich nur, weil wegen der schrumpfenden Binnennachfrage die Importe einbrechen. So aber kann man nicht gesunden. Man kann nicht gesund werden, wenn man hungert.

Dann wird der deflationäre Druck in der Peripherie anhalten?

Felix Zulauf: Davon gehe ich aus. Man hat zwar gewisse Zugeständnisse gemacht mit Blick auf das Tempo bei den Austeritäts- und Reformbemühungen, aber per saldo gilt unverändert: Die Peripherie ist nicht wettbewerbsfähig. Das gilt auch für Frankreich, ganz besonders sogar. Wenn man wettbewerbsunfähig ist, dann kann man nichts auf dem Weltmarkt verkaufen. Dann bleiben die Außenbilanzen defizitär oder werden noch defizitärer. Entsprechend nimmt der Abschreibungsbedarf in den Bankbilanzen zu. Wir sind eigentlich zurück an dem Punkt, an dem wir vor ein paar Jahren schon mal waren. Nur ist die Größenordnung jetzt noch schlimmer als damals.

Warum?

Roman Zulauf: Weil die Banken heute noch viel mehr Problembestände besitzen als damals. Das europäische Bankensystem hat eine Bilanzsumme von etwa 27 Billionen Euro. Gehen wir mal vorsichtig davon aus, dass der Abschreibungsbedarf bei fünf Prozent liegt, wobei es in einigen Ländern eher zehn Prozent sein dürften, dann rechnen wir mit einen Abschreibungsbedarf von deutlich über einer Billion Euro, also mehr als 1000 Milliarden.

Da werden 60 Milliarden Euro, die im Euro-Rettungsfonds ESM für die Rekapitalisierung der Banken vorgesehen sind, kaum reichen.

Felix Zulauf: So ist es. Das ist bestenfalls ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Politik ist meilenweit von der Realität entfernt mit dem, was sie unternimmt.

Also kehrt die Eurokrise wieder zurück?

Felix Zulauf: Es müssen ja praktisch wieder Krisen aufbrechen, die Finanzmärkte in den Krisenmodus versetzt werden, damit wieder der eine oder andere Schritt vorwärts gemacht wird. Sicher ist nur, dass die Steuerzahler in Europa massiv bluten müssen.

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