Felix Zulauf "Dann gibt es Löcher im Markt"

Felix Zulauf Quelle: Bloomberg

Die Konjunktur läuft auf Hochtouren, doch die Börse bleibt wackelig. Der weltweit angesehene Investor Felix Zulauf spricht über die jüngsten Turbulenzen an den Anlagemärkten und was Anleger noch erwartet.

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Herr Zulauf, die Kursausschläge an den Börsen sind gewaltig. Was geht da vor sich?
Felix Zulauf: Am 24. Januar habe ich meinen Kunden gesagt: Es riecht nach 1987, wie damals vor dem Crash. Wie damals steigt die Inflation, die Renditen ziehen an, der Dollar ist schwach und ein US-Finanzminister redet seine Währung schwach. Gleichzeitig sind Aktien hoch bewertet. Investoren haben einen extrem hohen Aktienanteil in den Depots und kaufen Aktien mit rekordhohen Summen auf Pump. 1987 gab es die so genannte Portfolio Insurance. Investmentbanken haben institutionellen Anlegern damals Versicherungen verkauft. Wenn die Kurse gewisse Grenzen unterschritten, wurde ohne Rücksicht auf Verluste verkauft. Dann hatten wir den Crash.

Das Pendant dazu heute sind Risk-Parity-Produkte. Dabei setzen Anleger auf Aktien und Anleihen, die unterschiedliche Risiken aufweisen und entsprechend gewichtet werden. Man ist der Meinung, dass dies zu positiven Resultaten führt, weil sich die Schwankungen ausgleichen. Je niedriger die Volatilität ist...

...das heißt, je weniger die Kurse schwanken...
...umso mehr Risiko können sie eingehen und umso höher sind die Aktienquoten. Die Notenbanken haben an den Märkten interveniert, um die Volatilitäten zu glätten und nach unten zu drücken. Mit dem Hochschnellen der Renditen kamen die Kurse unter Druck, die Volatilitäten sind gestiegen und die Finanzakrobaten mussten plötzlich Risiken reduzieren und Aktien verkaufen. Wenn alle auf steigende Kurse gesetzt haben und praktisch kein Cash mehr da ist, dann sind die potenziellen Verkäufer plötzlich in der Übermacht. Dann gibt es Löcher im Markt. Das ist passiert.

Zur Person

Verstärken computergestützte Handelsmodelle und passive Investmentstrategien diese Verkaufswellen?
Die Investmentbranche wird heute dominiert von einem tiefen Glauben an pseudowissenschaftliche Anlageansätze. Man errechnet Algorithmen und überlässt Robotern und Maschinen die Entscheidungen. Weil das lange gut gegangen ist, hat sich eine zweite Strategie entwickelt, das passive Investieren. Weil die Kurse ja immer steigen, kauft man einfach den Index. In Indexfonds sind enorm hohe Summe geflossen, in den USA allein im Januar 55 Milliarden Dollar. Das war doppelt so viel wie im Durchschnitt der vorherigen zwölf Monate. Das waren Extremwerte, die jetzt korrigiert werden.

Ist das der Auftakt einer Baisse?
Ich gehe von einer Korrektur aus, die aber wahrscheinlich länger anhalten wird. Die Gründe liegen in der fundamentalen Entwicklung: Die Wirtschaftspolitik in diesem Zyklus ist primär in den Händen der Geldpolitiker. Und die Geldpolitik war aggressiv, wie wir das noch nie gesehen haben. Offenbar herrscht da die Meinung vor, dass Notenbanken alles machen können, was sie wollen. Und sie machen das auch. Sie blasen die Vermögenswerte auf und glauben in einer unvergleichlichen Arroganz, sie hätten das Erfolgsrezept für eine erfolgreiche Weltwirtschaft, weil sich die Konjunktur etwas erholt hat. Aber es gibt Grenzen.

Welche?
Wir haben immer noch Märkte, die disziplinieren. Die Produktionsverlagerung nach Asien hat viele Produkte immer billiger gemacht und die Konsumentenpreise tief gehalten. Dazu kamen disruptive Technologien, etwa im Einzelhandel, wo ganze Kostenebenen verschwunden sind. Das sind die deflatorischen Elemente, die Preise drücken. Aus China aber kommt jetzt nicht mehr deflationärer Druck auf unsere Preise, da kommt jetzt ein inflationärer Druck. China hat einen unglaublichen Konsumboom, die Preise steigen mit gut fünf Prozent. Weil der Einbruch der Weltwirtschaft in der letzten Rezession so groß war, waren die Kapazitäten lange schwach ausgelastet und der Arbeitsmarkt entspannt.

Jetzt schließt sich diese Produktionslücke.
Richtig, das sorgt für einen gewissen Preisdruck. Das sehen sie an den Lohnabschlüssen in Deutschland und auch in den USA. Dort geben Großbetriebe die Steuererleichterungen weiter an ihre Mitarbeiter. Dadurch entsteht Lohndruck nach oben. Wir sind an einem Punkt, wo die Teuerung zwar noch nicht strukturell, aber zyklisch weiter nach oben geht. Wir haben aber nach wie vor eine äußerst expansive Wirtschaftspolitik. Wenn man das fortschreibt in die Zukunft, dann wird der Inflationsdruck weiter zunehmen. Das haben die Märkte realisiert. Entsprechend sind die Renditen nach oben gegangen. Weil die Notenbanken zu expansiv sind, haben die Bondmärkte damit begonnen, die Geldpolitiker zu disziplinieren.

"Macron will an den deutschen Honigtopf"

Die US-Notenbank Fed will zurück zur Normalität, baut ihre Bilanzpositionen ab und hebt die Zinsen an.
Die Fed schon. Was die Europäische Zentralbank aber betreibt, ist eigentlich kriminell. Das ist unglaublich angesichts der Konjunkturlage und hat überhaupt nichts mehr mit vernünftiger, auf Stabilität ausgerichteter Geldpolitik zu tun. Die EZB wird früher oder später den Weg der Fed einschlagen. Je länger sie damit wartet und je höher die Inflationsraten steigen, umso größer wird der Druck. In den nächsten ein, zwei Jahren werden alle großen Notenbanken versuchen, ihre Politik zu normalisieren.

Das bedeutet Entzug von Liquidität und höhere Zinsen.
Und das fürchten die Aktienmärkte. Je tiefer die Zinsen, desto höher die Bewertung von Aktien – und umgekehrt. Steigende Zinsen sind dann irgendwann Gift. Normalerweise gehen in einem Konjunkturanstieg Aktien und Zinsen parallel nach oben – bis zu einem Punkt, wo es anfängt, weh zu tun. Der ist erreicht, wenn sich die Liquidität negativ verändert. Die Frage ist, ob wir schon dort sind oder nicht. Ich glaube, dass wir diesen Punkt im Lauf der nächsten zwölf Monate erreichen. Aktuell gehe ich von einer mittelfristigen Korrektur aus, deren erster Tiefpunkt gesetzt ist. Bis in den März hinein wird es Erholungsversuche geben, die aber wohl scheitern werden. Im zweiten Quartal könnte es dann zu einer zweiten Verkaufswelle kommen, die etwas tiefer geht als am vorvergangenen Freitag. Dann dürfte die Korrektur vorbei sein. Für den Rest des Jahres werden die Börsen dann wieder versuchen, nach oben zu krabbeln. Aber das werden nicht mehr alle Märkte schaffen.

Welche schaffen es, welche nicht?
In den USA könnte es neue Höchstkurse geben, in einigen Schwellenländern auch, aber nicht in Europa. Europa ist die schwächste Region von allen. Der Stoxx Europe 600 notiert zehn Prozent unter dem Stand von vor drei Jahren. Europa ist die einzige Region, die in der Breite kein neues Hoch gemacht hat.

Warum?
Das hat wahrscheinlich mit der politischen Entwicklung zu tun, weil die Weichen fast überall falsch gestellt werden. Die Politik in Europa versucht etwas, was für den gesamten Kontinent katastrophal ist.

Was wird versucht?
Der Bau eines zentralistischen Imperiums. Das ist Sozialismus pur, den wir hier bekommen. Die Europäer machen einen Riesenfehler, weil sie die Entscheidungsgewalt in die Hände einer völlig verblendeten politischen Elite legen, die glaubt, sie müsse die Vereinigten Staaten von Europa bauen. Der Brexit ist ein Produkt dieser Entwicklung. Jetzt gehen die Briten raus, eine Volkswirtschaft, die so groß ist wie die 20 kleinsten EU-Mitglieder zusammen. Wir verlieren das Land, das am meisten für Marktwirtschaft und Freiheit plädiert hat und zugleich den zweitgrößten Nettobeitragszahler der EU. Ich bin sehr für eine europäische Idee, für Zusammenarbeit und Kooperation, aber unter souveränen Nationalstaaten. Die Schweiz macht das ja eigentlich vor. Es geht mit verschiedenen Minderheiten und Kulturen, wenn man genügend Föderalismus zulässt.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gilt als großer Hoffnungsträger für Europa.
Er hat in kurzer Zeit einiges erreicht und ein paar wichtige Reformen gemacht, die gut sind für Frankreich. Er ist ein gewiefter Bursche und sieht, dass er die deutschen Politiker über den Tisch ziehen kann. Macron interessiert sich für Frankreich. Er hat gezeigt, dass er – wie alle französischen Politiker schon immer – ein Nationalist ist und kein großer Europäer. Er hat sein Veto eingelegt gegen die Übernahme der Schiffswerft STX durch die italienische Fincantieri. Er hat kein Interesse, Souveränität an eine europäische Institution abzugeben, sondern will an den deutschen Honigtopf, an die deutschen Gelder. Die sollen ihm helfen, Frankreich zu reformieren und umzubauen. Die deutsche Politik unter Angela Merkel ist dagegen eine Katastrophe. Sie hat die CDU von einer liberal-konservativen Partei zu einer sozialdemokratischen Partei gemacht. Sie hat überall nachgegeben, als Verträge über Europa gebrochen worden sind. Frau Merkel hat Tür und Tor geöffnet für eine Fehlentwicklung auf unserem Kontinent, die für die nachfolgende Generation eine Katastrophe sein wird. Der Aktienmarkt zeigt das an.

Was Anlegern 2018 die Partylaune verderben könnte
Aggressive Zinserhöhungen der US-NotenbankenWegen des kräftigen US-Wachstums könnte die US-Notenbank die Zinsen schneller anheben als gedacht. Analysten rechnen bislang meist damit, dass die Fed den Schlüsselsatz 2018 wie von ihr signalisiert drei Mal anhebt. Eine aggressivere Straffung der Geldpolitik würde die Renditen der Staatsanleihen nach oben treiben, sagt Portfolio-Manager Paul Nolte vom Vermögensverwalter Kingsview. Dadurch würden Bonds zu einer ernstzunehmenden Anlage-Alternative zu Aktien. Quelle: REUTERS
Anstieg der InflationAls möglichen Auslöser für eine raschere Straffung der Geldpolitik sehen Experten einen kräftigen Anstieg der Inflation. "Dies könnte für die Aktien- und Anleihemärkte zu einem Wendepunkt werden", betonen die Analysten der Bank of America Merrill Lynch. In Europa könnte die anziehende Teuerung die Diskussion um einen raschen Ausstieg der Europäischen Zentralbank (EZB) aus ihrem Anleihe-Ankaufprogramm befeuern. Quelle: dapd
WahlenDie für März erwartete Parlamentswahl in Italien ist für Raphael Chemla, Leiter Finanz- und Hochzinsanleihen beim Vermögensverwalter Edmond de Rothschild, das größte politische Risiko in Europa. Ein Sieg der europakritischen Fünf-Sterne-Bewegung würde Anleger nervös machen. In den USA werden im Herbst Teile des Kongresses neu gewählt. "Sollten die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus, im Senat oder in beiden Kammern verlieren, wäre das ein großer Belastungsfaktor für die Märkte", warnt John Praveen, Chef-Anleger des Vermögensberaters Prudential. Denn damit werde es für US-Präsident Donald Trump schwerer, seine Wahlversprechen umzusetzen. Quelle: dpa
Politische SpannungenWiederaufflammende Spannungen zwischen den USA und Nordkorea sowie im Nahen Osten sind nach Ansicht von Keith Leiner, Chef-Analyst des Vermögensverwalters SunTrust, ebenfalls große politische Risikofaktoren für die Aktienmärkte. "Außerdem schwingt das Pendel weltweit in Richtung Populismus und Nationalismus." Quelle: dpa
Überzogene BewertungenViele Firmen erhoffen sich zwar durch die jüngst beschlossenen US-Steuersenkungen zusätzliche Gewinne im kommenden Jahr. Einige Experten bezweifeln jedoch, dass der Anstieg ausreicht, um die bereits hohen Aktienbewertungen zu rechtfertigen. Im US-Index S&P 500 liegt das durchschnittliche Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) bei 18,5. Das bedeutet, dass der Aktienkurs den Gewinn je Aktie um das 18,5-fache übertrifft. Das ist der höchste Wert seit 2002. Im Dax liegt das KGV mit 16,2 ebenfalls über dem langjährigen Mittel von rund 15. Das Risikobarometer der Citigroup signalisiere eine 60-prozentige Wahrscheinlichkeit eines Rückgangs der Aktienkurse 2018, sagt Tobias Levkovich, Chef-Anlagestratege für die USA bei der Großbank. Quelle: AP
Turbulenzen bei Bitcoin & Co.Die große Unbekannte für die Aktienmärkte ist die Entwicklung des Bitcoin. Der Kurs der Cyber-Devise stieg bis Mitte Dezember 2017 auf fast 20.000 Dollar. Diese Aufwärtsdynamik verpuffte jedoch im neuen Jahr, der Bitcoin fiel wieder auf rund 7000 Dollar. Mitte Februar notierte die Kryptowährung wieder um die 10.000 Dollar. Die Schwankungen spiegeln wider, dass große Unsicherheit unter den Anlegern herrscht und immer mehr professionelle Anleger auf dem engen Markt mitmischen, die ihr Portfolio jenseits des Aktienmarktes breiter aufstellen wollen. Quelle: REUTERS

Werden die Märkte irgendwann an der Rolle Deutschlands als Stabilitätsanker Europas zweifeln? Dann müssten die Renditen hier stärker nach oben gehen als anderswo.
Deutschland hat einen großen Leistungsbilanzüberschuss. In der Regel drückt das die Zinsen für ein Land nach unten. Deutschland ist volkswirtschaftlich nach wie vor stark. Es wird zwar geschwächt, weil man über viele Jahre mit einer zu schwachen Währung operiert hat. Dadurch ist man aktuell noch in einer großartigen Wettbewerbsposition, läuft aber Gefahr, dass man zu träge wird und nicht mehr genug an der Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit arbeitet. Das zeigen jetzt auch die Tarifabschlüsse. Da war man zu großzügig.

"Der Goldpreis wird enttäuschen"

Wohin geht die Reise des Dollar?
In den nächsten zwei bis drei Quartalen könnte es eine Erholung geben. Die US- Geldpolitik schreitet in Sachen Normalisierung voran, das dürften die Märkte honorieren.

Und auf lange Sicht?
Da wird sich der Dollar wegen der Wirtschaftspolitik, die die USA seit ewigen Zeiten betreiben, wieder abschwächen. Sie betreiben chronische Nachfragestimulierung, chronische Defizitwirtschaft in Haushalt und Leistungsbilanz sowie eine chronisch zu expansive Geldpolitik. Wenn Sie in der Leistungsbilanz ein Minus von 450 Milliarden Dollar haben, müssen Sie jedes Jahr 450 Milliarden Dollar anziehen, um den Dollar stabil zu halten. Dann müssen Sie etwas bieten. Entweder höhere Zinsen oder eine bessere Zukunft.

Mit Donald Trump als Präsident?
Ich glaube, Trump hatte ursprünglich ein anderes Wirtschaftsprogramm im Kopf. Aber die Republikaner brauchten einen Erfolg. Es ist natürlich Unsinn, dass man nach jahrelanger Expansion noch ein fiskalpolitisches Stimulierungsprogramm auflegt. Man wird weiter rumwursteln mit Defizitwirtschaft und einer expansiven Geldpolitik. Das sorgt für ein gewisses Wirtschaftswachstum, aber die strukturellen Probleme bleiben, und Inflation und Zinsen werden weiter steigen. Das ist für den Dollar ein schlechtes Umfeld.

Welche Anlageklassen sollten Anleger bevorzugen?
Es wird wohl ein Jahr mit großen Kursausschlägen, in beide Richtungen. Ein Jahr, in dem der aktive Anleger ein gutes Resultat erzielen kann, der passive Investor dagegen kaum. Es wird eine große Rotation zwischen den Sektoren geben. Bis zuletzt war man sehr euphorisch über die globale Konjunktur, zyklische Aktien haben deutlich angezogen. Defensivere Werte, also etwa Basiskonsumgüter und Versorger, sind zurückgefallen. Das könnte sich in den nächsten Monaten ändern. Ich gehe davon aus, dass wir für etwa zwei Quartale etwas niedrigeres Wachstum der Weltwirtschaft sehen werden. Konjunkturdaten werden eher negativ überraschen, das ist schlecht für zyklische Aktien.

Für die Anleihemärkte, die Inflation und höhere Zinsen fürchten, könnte das entspannend sein.
Ja, davon gehe ich zunächst aus. Zehnjährige US-Staatsanleihen werden noch nicht direkt über die kritische Marke von drei Prozent Rendite springen. Ich rechne in den nächsten Monaten mit einer Konsolidierung unterhalb dieser Marke. Erst später im Jahr oder Anfang 2019, wenn die Konjunktur wieder etwas besser wird, kommt der Ausbruch über diese Marke. Wenn das passiert, dann zieht es die Renditen an den Anleihenmärkten auf der ganzen Welt massiv nach oben. Und dann haben wir ein ebenso massives Problem an den Aktienmärkten. Dann kommt die nächste größere Verkaufswelle. Es wird nicht mehr so einfach sein wie in den letzten Jahren, an der Börse Geld zu verdienen.

Bieten sich Chancen bei Rohstoffen?
Rohöl ist von den konjunktursensiblen Rohstoffen der attraktivste. Die USA erhöhen ihre Produktion laufend, die Opec und Russland halten dagegen und kürzen das Angebot, weil sie auf hohe Preise angewiesen sind, wegen ihrer großen Defizite. Ich rechne mit Preisen zwischen 50 und 65 Dollar pro Barrel, aber nicht mit einem großen Einbruch. Basismetalle werden eher zurückfallen, weil sich die Investitionstätigkeit in China verflacht. Die Wachstumsraten dort gehen nach unten. Das ist auch so gewollt.

Diese US-Aktien trifft der Crash am stärksten

Und Gold?
Der Goldpreis wird noch enttäuschen, weil sich der Dollar in den nächsten Monaten erholen wird. Der Anlauf über 1350 Dollar pro Unze ist gescheitert. Das wird der nächste wohl auch. Ich rechne mit Preisen zwischen 1050 und 1350 Dollar. Dort aber wird die Basis gelegt für einen späteren Anstieg. Der kommt, wenn die nächste große Verkaufswelle an den Aktienmärkten kommt, also Ende dieses Jahres oder Anfang 2019.

"Wir bauen Europa um zu einer DDR light"

Wie werden die Notenbanken reagieren?
Das ist die große Frage. Was machen die Notenbanken, wenn sich die Konjunktur einmal abschwächen sollte? In der Krise war es richtig, das Finanzsystem zu stabilisieren. Das gehört zu ihren Aufgaben. Aber damit hätte nach einem Jahr Schluss sein müssen. Heute ist es so, dass Geld- und Fiskalpolitik nicht mehr in der Lage sind, den Volkswirtschaften die eigentlich notwendigen Schmerzen einer Rezession, was lediglich eine Bereinigung der vorangegangen Exzesse ist, zuzumuten. Je länger und je mehr sie eingreifen, desto stärker schwächen sie die Systeme strukturell. Das bedeutet langfristig abnehmenden Wohlstand. Der Glaube an den Interventionismus und an ein kleines Gremium von Menschen ist ein Irrglaube.

Sind wir überhaupt noch in der Lage, den Hebel umzulegen?
Wir sehen ja, dass die großen europäischen Volksparteien alle am Ende sind. In Deutschland ist die SPD kaputt, mit nicht mal mehr 20 Prozent Zustimmung. Und Frau Merkel hat die CDU kaputt gemacht. Dadurch kommen neue Parteien an den Rändern, links wie rechts. Und es ergibt sich eine politische Landschaft, die immer mehr der Weimarer Republik ähnelt. Unsere Regierungen werden immer schwächer und können keine harten Entscheidungen mehr treffen, die eigentlich notwendig wären, um unsere Volkswirtschaften wieder auf einen gesunden Kurs zu bringen. Das ist ein fataler Trend, den unsere Politik da eingeleitet hat – und ich sehe da keine Änderungen.

Ich habe vor einigen Jahren mal gesagt, wir bauen Europa um zu einer DDR light. Wir haben immer mehr Staat, immer mehr Intervention, immer mehr Regulierung, immer mehr Dirigismus und immer weniger Freiheit und Eigenverantwortung. Das ist das Modell des Sozialismus. Und der endet immer im Bankrott. Das wissen wir aus der Geschichte. Das kann über Jahrzehnte gehen. Es ist ein furchtbarer Weg. Da bin ich sehr negativ. Das gilt nicht nur für Europa. Das ist in Amerika auch so. Trump ist ja ein Produkt dieser Entwicklung. Man hat den großen Parteien nicht mehr getraut. Trump war ein Außenseiter, ein Straßenköter sozusagen, der sich auf die Liste der Republikaner geschmuggelt und dann alle an die Wand gespielt hat.

Werden die Verteilungskämpfe in der Handelspolitik weiter zunehmen?
Die Fronten werden sich weiter verhärten, es wird mehr Protektionismus geben, vor allem zwischen China und den USA. Trump hat für die Galerie schon ein paar Maßnahmen getroffen. Ich gehe davon aus, dass er das verstärken wird. Auch die EU ist ein sehr protektionistisches Gebilde. Je mehr Protektionismus wir bekommen, desto weniger Wachstum und Wohlstand haben wir. Schon die Demografie lässt eigentlich nur noch wenig Wachstum zu. In den 1990er-Jahren wuchs die Bevölkerungsgruppe in der Altersklasse unter 65 Jahren in China, Russland, Brasilien und den Ländern der OECD um 25 bis 30 Millionen Menschen pro Jahr. Dieses Jahr wird das Wachstum null sein und in Zukunft wird die Bevölkerung schrumpfen, um bis zu 12 Millionen pro Jahr bis 2035. Wenn die Bevölkerung schrumpft und wir kaum mehr Produktivitätssteigerungen haben, dann gibt es kein Wirtschaftswachstum mehr. Wir bekommen immer weniger Wachstum und die Notenbanken schaufeln Stimulanz ins System. Man schüttet immer mehr Benzin in ein Auto, dessen Tank längst voll ist, aber dessen Getriebe kaputt ist. Deshalb fährt es nicht mehr.

Was macht Sie noch optimistisch?
Dass unsere Wissenschaftler und Ingenieure immer neue Produkte erfinden, die den Menschen das Leben leichter und angenehmer machen.

Es muss jedoch Menschen geben, die sich die neuen Produkte leisten können.
Das ist das Problem.

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