“Retten Sie ihr Geld” – diese Warnung war in Mannheim allgegenwärtig, als sich in dieser Woche dort wieder die Fondsbranche mit Finanzverkäufern traf. Es ist der schleichende Wertverzehr, der aktuell den Anlegern droht, die den Staaten ihr Geld zu Niedrigzinsen überlassen. Die Renditen werden von der Inflation aufgezehrt. Durch die so genannte „finanzielle Repression“ verlieren auch die Anleger Geld, die dem Sparbuch treu bleiben.
Und den Fondsanbietern von Allianz Global Investors bis Xaia wäre es am liebsten, wenn Anleger viel Geld von Sparbüchern in Investmentfonds übertragen würden. „Es ist noch nicht allen Anlegern klar, dass der sicherste Weg, sein Geld zu verlieren, derzeit Sparbücher und Staatsanleihen sind“, sagte Vermögensverwalter Bert Flossbach bei einer Podiumsdiskussion auf dem Fondskongress in Mannheim.
Die Besucher aber werden diese Botschaft in die Bankfilialen und Finanzberatungen der Republik tragen. Es sind überwiegend Vermögensberater von Banken und Sparkassen sowie viele freie Finanzvermittler, die sich dort tummeln. Sie folgen jährlich der Einladung des Branchenfachblatts Fondsprofessionell, denn in Mannheim gibt es Ideen und Argumente, die sich in der Kundenberatung nutzen lassen.
Ob die angepriesenen Lösungen zur Geldrettung wirkungsvoll sind und die erwartete Rendite bringen, zeigt sich immer erst zum Jahresende in den Kundendepots. Im vergangenen Jahr war die Stimmung in Mannheim überwiegend so gedrückt, dass kaum jemand mit einem guten Gefühl seinen Kunden zum Aktieneinstieg geraten haben wird. Doch genau das wäre im Rückblick die richtige Strategie gewesen.
Auch 2013 nutzen wieder mehr als 100 in- und ausländische Fondshäuser den Rummel, um ihre Produkte und ihr Personal vor den Weiterverkäufern zu präsentieren. Da lassen sich auch große Namen der Investmentszene nicht lange bitten: Im Kongresscenter traten der Chef von Goldman Sachs Asset Management Jim O’Neill, der Blackrock-Rohstoff-Experte Evy Hambro und Schwellenländer-Legende Mark Mobius auf.
Doch bei deren Powerpoint- Präsentationen sprang der Funke nicht immer zum Publikum über. Mitnehmen konnte jeder, dass Schwellenländer ihre Rally fortsetzen werden und dass Goldaktien noch nie so billig waren wie heute und die Margen vieler Goldschürfer noch nie so hoch. Die dazu passenden Investmentfonds hatten die Redner gleich mit im Gepäck.
Risiken der Anleihen werden unterschätzt
Mit ihrer differenzierteren Sicht trafen vier renommierte deutsche Vermögensmanager den Geschmack der 1500 Zuhörer. Der Kölner Dachfondsmanagers Eckard Sauren brachte bei der von ihm moderierten Podiumsdiskussion mit Peter E. Huber (StarCapital), Klaus Kaldemorgen (DWS), Jens Ehrhardt (DJE) und Bert Flossbach (Flossbach von Storch) mehr als ein Jahrhundert an Kapitalmarkterfahrung auf die Bühne. Und die vier Experten machten nicht den Eindruck, als könne man die Eurokrise abhaken und liefe in diesem Jahr alles so glatt weiter wie Ende 2012.
„Die Zentralbanken nehmen uns derzeit viele Kapitalmarktrisiken ab, das ist die eine Erklärung dafür, dass die Aktienkurse gestiegen sind“, sagte Klaus Kaldemorgen, Fondsmanager der DWS. Er hält es inzwischen allerdings für riskant, dass Anleger immer sorgloser würden und kaum noch Absicherungsgeschäfte eingingen. „Meine Lebenserfahrung sagt mir, dass gerade dann, wenn niemand mehr die Risiken sehen will, diese um die Ecke lauern.“
Einig sind sich die Vier darin, dass die Risiken von Anleihen unterschätzt werden. Auf längere Sicht rechnen sie mit steigenden Zinsen. Dann verlieren bereits ausgegebene Anleihen mitunter drastisch an Wert. Die als sicherer Hafen beliebten zehnjährigen Bundesanleihen haben bei ihnen ausgedient. „Bei einem Zinsanstieg sind zweistellige Verluste möglich“, sagt Eckhard Sauren.
Einen raschen Zinsanstieg halten die Experten allerdings für unwahrscheinlich. „Den werden die Notenbanken nicht zulassen, weil die Staaten ansonsten noch größere Schwierigkeiten mit der Schuldenrückzahlung bekommen würden“, sagt Kaldemorgen. Wer am Rentenmarkt noch hohe Renditen erzielen wolle, müsse in sehr langlaufende Unternehmensanleihen investieren oder Hochzinsanleihen bonitätsschwächerer Schuldner akzeptieren.
Oder eben die Aktie wählen. „Ich sehe meine Lebensaufgabe darin, unterbewertete Aktien zu finden“, sagte Jens Ehrhardt. Und Dividendenpapiere lieferten ein deutlich besseres Chance-Risiko-Verhältnis als Anleihen.
Über allem schwebt die Hoffnung, dass auch noch die großen institutionellen Geldverwalter wie Lebensversicherer ihre historisch niedrige Aktienquote erhöhen. Eine solcher Dreh in den Depots ist das, was die Experten in diesem Jahr elektrisiert. Aber ob das tatsächlich eine große Rotation oder nur ein kleiner Dreh wird, kann noch keiner beantworten.