Arbeiten die hier überhaupt? Statt Nadelstreifen dominieren Jeans. Ein Mitarbeiter des Berliner Investmenthauses Accura liest Zeitung, einer sortiert Papiere, zwei machen sich Notizen, in der Ecke zischelt eine Espressomaschine. Michael Demmel, einer der Chefs, Arbeitsplatz im selben Raum, wippt entspannt und mit im Nacken verschränkten Händen auf seinem Bürostuhl. Er studiert die Ziffern und Kurven auf seinem Monitor. „New York hat gerade ganz schwach eröffnet – jetzt kriegt natürlich auch der Dax noch mal einen mit“, kommentiert er. Dax-Tagesverlust an diesem Tag bisher: 1,6 Prozent.
Dass gerade in aller Welt, in Fonds, Banken und Pensionskassen, Milliarden von Euro den Bach runtergehen, weiß der frühere Aktienhandelschef einer Investmentbank genau. Auch, was jetzt in den Handelsräumen bei seinen Ex-Kollegen los ist: Jeder zwei Telefone am Ohr, Herumgeschreie und -gerenne, hektisches Gefuchtel. Demmel und seine Leute bleiben cool: „Unser letzter Kauf am Aktienmarkt ist Gott sei Dank schon ein paar Tage her.“
Bei aller demonstrativen Gelassenheit: Accura Consult, tätig in einer Charlottenburger Zweiraumwohnung, bewegt seit Jahren ein paar Hundert Millionen Euro durch die Euro-Krise – unfallfrei und mit Gewinn „An den meisten Tagen ist es besser, gar nicht im Markt zu sein“, sagt Demmel „zumal, wenn man das Geld erzkonservativer Kunden, wie Stiftungen oder Versicherungen, anzulegen hat.“
Erfolgreiche Anti-Hektik-Strategie
Wer Erfolg hat, hat meist recht: Die Berliner fahren gut mit ihrer Anti-Hektik-Strategie: Im aktuellen Vermögensmanager-Ranking der WirtschaftsWoche belegt das Accura-Depot in gleich zwei Kategorien einen der beiden vordersten Plätze. Für das Ranking hat die WirtschaftsWoche zusammen mit der WSH Deutsche Vermögens-treuhand und Portfolio Consulting aus Frankfurt rund 800 Depots von etwa 400 Banken und Vermögensverwaltern ausgewertet.
WSH und Portfolio Consulting sind sogenannte Family Offices, auf die Verwaltung sehr großer Vermögen spezialisierte Dienstleister, die das Geld der Superreichen auf mehrere Vermögensmanager verteilen. In die Wertung gelangen nur reale Portfolios, keine Musterdepots. Das Ergebnis ist der größte Geldmanager-Test im deutschsprachigen Raum.
Die Methode
Die WirtschaftsWoche hat mit den Datenbankspezialisten von Portfolio Consulting und WSH mehr als 800 echte Kundendepots aus 400 Banken und Vermögensverwaltungen untersucht, darunter individuell betreute und in Fondsmäntel ausgelagerte Portfolios.
Welche Geldmanager erzielten die höchsten Renditen? Und wem gelang es, dabei auch die Risiken sinnvoll zu begrenzen, also im untersuchten Drei-Jahres-Zeitraum zwischenzeitlich kaum Verluste zu machen?
Dazu wurde die sogenannte Sharpe Ratio ermittelt. Sie zeigt, welche Rendite der Manager im Verhältnis zum marktüblichen Zins und zu den Wertschwankungen seines Depots erzielt.
Die Depots sind unterteilt in zwei Kategorien: auf Wertzuwachs getrimmte, aktienlastige Mandate und breit streuende Mischdepots, bei denen der Werterhalt im Vordergrund steht.
Bewertet werden zwei Gruppen:
- Aktienspezialisten mit auf hohe Rendite bedachter Strategie,
- Manager von Misch-Depots, denen der Werterhalt der Kundenvermögen noch wichtiger ist als das Ziel, möglichst viel Gewinn zu schaffen.
In beiden Gruppen wird berechnet,
- wer über drei Jahre den höchsten Ertrag geschafft hat (beste Wertentwicklung);
- wer den höchsten Ertrag bei niedrigem Risiko geschafft hat (beste Rendite/Risiko-Relation). So zeigt das Ranking nicht nur, wer für seine Kunden am meisten Gewinn herausholte, sondern auch, welche Risiken die Geldmanager dafür eingehen. Auf den folgenden Seiten stellt die WirtschaftsWoche die besten Profi-Anleger vor. Sie gewähren detaillierte Einblicke in ihre Strategien und nennen ihre Anlagefavoriten.
Das Accura-Team erwirtschaftete durchaus ansehnliche 35,4 Prozent Rendite in drei Jahren, vor allem aber schafften es die Berliner, die zeitweise anfallenden Verluste zu begrenzen. Das zeigt sich an den von Portfolio Consulting ausgewerteten Risiko-Kennziffern, etwa am maximalen Verlust von 5,44 Prozent des Depotwertes. Selbst wer den Accura-Fonds in den vergangenen drei Jahren zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt gekauft und nach seinem stärksten ununterbrochenen Kursrutsch wieder verkauft hätte, hätte nur 5,4 Prozent seines investierten Gelds verloren. Bei anderen Geldmanagern wären zeitweise bis zu 30 Prozent des Kapitals weg gewesen.