Fotografie Fotos für den Tresor

Ob als Ergänzung fürs Depot oder als Bereicherung fürs Auge: Wer auf ein paar Regeln achtet, kann mit Klassikern der Fotografiegeschichte interessante Renditen erzielen

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Selbstbildnis des US-Künstlers Man Ray (1933) Quelle: Philipps de Pury

Die Erwartung des Hauses war moderat: Bis 120.000 Dollar sollte die Fotografie von Man Ray aus dem Jahr 1933 in der jüngsten Versteigerung des Auktionshauses Phillips de Pury Anfang Oktober bringen – kein übertriebene Spanne für das surrealistische Selbstporträt des 1976 verstorbenen Amerikaners, der seit Jahrzehnten zu den Superstars des Kunstbetriebs zählt. Mit 29 mal 23 Zentimetern auch nicht besonders groß, dafür in bestem Zustand.

120, 150, 200.000 Dollar: In schnellen Schritten jagten Händler, Museen und potente Privatsammler den Preis nach oben. Am Ende des hitzigen Bietgefechts fiel der Hammer bei knapp unter 400.000 Dollar, weit mehr als dem Dreifachen des oberen Schätzwerts. Damit gehört das Bild, von dem ein weiterer Abzug im San Francisco Museum of Modern Art hängt, zu den teuersten Werken Man Rays.

Alternative Investments: Fotografie
Man Ray, Selbstporträt (1933)Der Amerikaner, 1890 geboren als Emmanuel Radnitzky, gehört zu den Klassikern des Kunstbetriebs. Sein surrealistisches Selbstporträt aus dem Jahr 1933 fand Anfang Oktober bei einer Versteigerung des Auktionshauses Phillips de Pury in New York für knapp 400 000 Dollar einen neuen Liebhaber. Der Zuschlag erfolgte bei weit mehr als dem Dreifachen des oberen Schätzwerts. Damit gehört das Bild, von dem ein weiterer Abzug im San Francisco Museum of Modern Art hängt, zu den teuersten Werken Man Rays. Quelle: Philipps de Pury
Albert Renger-Patzsch, „Das Bäumchen" (1929)Renger-Patzsch (1897– 1966) gehört zu den Klassikern der Fotografie der 1920er und 1930er Jahre, als deutsche Fotografen weltweit zu den führendsten Vertretern dieses noch immer verrgleichsweise jungen Mediums zählten – bis die Nationalsozialisten ihre Arbeiten zu entarteter Kunst erklärten und viele Fotografen, die dem Bauhaus nahe standen, ins Exil trieben. Geschätzt auf 12.000 Euro, ging es im Dezember 2008 auf einer Auktion bei Van Ham für 40 000 Euro an einen privaten Sammler. Quelle: Van Ham
Wiederentdeckt: Walter Peterhans, "Stilleben mit schwebendem Ei" (um 1930)Walter Peterhans (1897-1960) lehrte zwischen 1929 und 1933 Fotografie am Bauhaus in Dessau und emigrierte 1938 in die USA. Sein „Stilleben mit schwebendem Ei“, einzig bekannter Abzug einer Aufnahme um 1930, wurde 2008 vom Auktionshaus Van Ham für 6500 Euro angesetzt. Ersteigert wurde es für 71 000 Euro. Quelle: Van Ham
Albert Sander, "Sänger u. Schauspieler" (um 1928)Für Schlüsselpositionen aus dem Werk der deutschen Foto-Ikone August Sander (1876-1964) müssen Sammler tief in die Tasche greifen: Bis zu 400 000 Euro kosten die beliebtesten seiner eindringlichen Porträts. Wer sich mit einem weniger beliebten Motiv anfreundet, kann auch schon für ein paar tausend Euro fündig werden. Dieses Porträt eines Sängers und Schauspielers, mutmaßlich Leonardo Aramesco, Es gehört zu Sanders Klassikern und ist auch publiziert in der wichtigen Sander-Monographie „Menschen des 20. Jahrhunderts“. Es wurde im Juni 2010 beim Kölner Auktionshaus Van Ham für 52 500 Euro versteigert – der Schätzpreis hatte bei moderaten 3500 Euro gelegen. Quelle: Van Ham
Poetische Alltagsbeobachtungen: Rinko KawauchiRinko Kawauchi gilt als wichtigste Vertreterin zeitgenössischer japanischer Fotografie. Die 39-jährige, in Ausstellungen und auf Festivals hochdekoriert, beeindruckt mit ihren poetischen, teils verstörenden Alltagsbeobachtungen, die eher wie Halluzinationen als wie Dokumentationen wirken. Großformatige Werke, die mal ein Kind zeigen,... Quelle: Galerie Priska Pasquer, Köln
Poetische Alltagsbeobachtungen: Rinko Kawauchi...oder eine überbelichtete Rose. In Kleinstauflagen von sechs Abzügen produziert, kosten die quadratischen Abzüge (101x101 Zentimeter) derzeit 6800 Euro – ein Plus von 50 Prozent innerhalb von fünf Jahren. Quelle: Galerie Priska Pasquer, Köln
Bilder von der Atomkatastrophe: Shomei TomatsuDer 81-Jährige reiste 1961 nach Nagasaki, um die Folgen des Atombomben-Abwurfs vom 9. August 1945 mit der Kamera festzuhalten. Entstanden sind eindringliche Schwarz-Weiß-Motive einer geschundenen Stadt– darunter etwa Aufnahmen... Quelle: Galerie Priska Pasquer, Köln

Steigendes Interesse an Fotografien als Geldanlage 

„Die Auktion war sehr lebhaft“, sagt Shlomi Rabi, Fotografie-Experte von Phillips de Pury in New York. „Die Zahl der Interessenten nimmt zu, die Nachfrage nach exzellenten Fotografien steigt.“

Und damit steigen auch die Preise. In Zeiten von Euro-Krise und Inflationsangst suchen Anleger Schutz in alternativen Investments. Also auch in der Kunst, und hier zuletzt vor allem in der Fotografie. Im Vergleich zur Malerei zwar noch immer ein Nischenmarkt, legte das Interesse an Fotografie deutlich zu: Auf ein Plus zwischen 30 und 50 Prozent pro Jahr seit 2005 schätzen Experten den Erlös von Fotografien. Selbst der deutliche Einbruch, ausgelöst durch die Finanzkrise, scheint längst vergessen – inzwischen stehen die Zeichen wieder auf Wachstum: Phillips de Pury etwa konnte seinen Erlös mit Fotografien zwischen Mai 2010 und Mai 2011 von 3,5 auf 5,8 Millionen Dollar steigern.

Der Auktionspreis liegt oft weit über dem Schätzwert

„Die Fotografie bewegt sich zusehends auf Augenhöhe mit der Malerei“, sagt auch Simone Klein, Fotografie-Expertin beim Auktionshaus Sotheby’s, das in seiner jüngsten Foto-Auktion mehr als 4,75 Millionen Dollar umsetzte. Unter den Hammer kam mit „The First Round“ auch ein Meisterwerk des innovativen Fotografen Pierre Dubreuil aus dem Jahr 1932, das für 314.000 Dollar einen anonymen Liebhaber fand – doppelt so viel wie von Sotheby’s avisiert. So viel wurde bei einer Auktion noch nie für ein Werk des Franzosen geboten.

Für die November-Auktion, die parallel zur wichtigsten europäischen Photomesse Paris Photo stattfindet, wird Sotheby’s mit einer Pariser Stadtansicht des französischen Foto-Pioniers Vincent Chevalier auftrumpfen, die um 1840 entstanden ist. Das seltene Stück wird auf 60.000 bis 80.000 Euro geschätzt.

Sicherheit ist Trumpf

Eddie Adams,

"Da ist noch viel Luft nach oben“, sagt Klein, „Rare Klassiker wie diese sind besonders gefragt."

Der Art Report, der im Auftrag der WirtschaftsWoche regelmäßig das Klima am Kunstmarkt misst, listet unter den teuersten Fotografen der vergangenen Jahre vor allem die Etablierten. Vergleichsweise junge Shootingstars wie der Brite Phil Collins – nicht verwandt mit dem gleichnamigen Musiker – sind in dem Ranking kaum zu finden.

Was gut und teuer ist, bleibt gut und teuer

„Was gut und teuer ist, bleibt auch gut und teuer“, bestätigt Manfred Schumacher, Geschäftsführer des Kunstmarkt-Dienstleisters Art Logistics und Herausgeber des Art Report. „Sicherheit ist Trumpf. Aus Sicht des Sekundärmarktes geben Blue Chips einmal mehr den Ton an, in Krisenzeiten mehr noch als in normalen.“

Das schlägt sich in den Preisen nieder: Wer etwa einen frühen Abzug von Henri Cartier-Bressons berühmter Straßenszene „Rue Mouffetard“ von 1934 erwerben wollte, musste zuletzt rund 50 000 Euro hinblättern. Für Schlüsselpositionen aus dem Werk der deutschen Foto-Ikone August Sander müssen Sammler noch tiefer in die Tasche greifen: Bis zu 400 000 Euro kosten die beliebtesten seiner eindringlichen Porträts. Wer sich mit einem weniger beliebten Motiv anfreundet, kann auch schon für ein paar tausend Euro fündig werden.

Die teuersten Künstler

Arbeiten von Cindy Sherman sind für diesen Preis schon lang nicht mehr zu haben. Die Amerikanerin ist laut Art Report die mit Abstand erfolgreichste Fotografin der vergangenen Jahre und zählt trotz eines vergleichsweise mauen Jahres 2011 noch immer zu den teuersten Fotografen unserer Zeit. Berühmt sind ihre Selbstporträts, mit denen sie seit rund 35 Jahren Furore macht, und für die sie immer wieder in neue, mal kunsthistorisch konnotierte, mal gesellschaftskritische Rollen schlüpft. Einer von zehn Abzügen eines Motivs ihrer Centerfold-Serie aus dem Jahr 1981, immer wieder ausgestellt in den wichtigsten Museen weltweit, erzielte auf einer Auktion bei Christie’s im Mai 2010 einen Preis von umgerechnet knapp drei Millionen Euro.

Japans Top-Fotografen sind im Kommen

Nick Út, South Vietnam War Napalm Bombing (1972) Quelle: Van Ham

Hoch im Kurs, aber bei weitem nicht so teuer, sind auch die Sprösslinge der Becher-Schule, benannt nach dem Ehepaar Hilla und Bernd Becher, die mit ihren Schwarz-Weiß-Typographien von Industrielandschaften Fotogeschichte geschrieben und das Werk viele ihrer Schüler geprägt haben. Neben Andreas Gursky, für dessen monumentale Aufnahmen von Börsen, Rennstrecken oder Forschungsreaktoren bisweilen Millionenbeträge fällig werden, zählt dazu etwa Thomas Struth. Für seine berühmten Museumsbilder, die Menschen beim Besuch von Ausstellungen beobachten, werden heute zwischen 100.000 und 500.000 Euro fällig. Es geht aber auch günstiger: Einer von zehn Abzügen des frühen Schwarz-Weiß-Serie „Drei Knappen, Oberhausen“ von 1985, die Straßenszenen aus der Arbeiterstadt im Ruhrpott zeigt, wurde im September bei Phillips de Pury für 8750 Dollar zugeschlagen.

Japaner könnten wertvoll werden

Rosige Aussichten, mit denen auch der Japaner Kotaro Iizawa rechnet – für die besten Fotografen aus seiner Heimat. Der renommierte Fotohistoriker geht davon aus, dass die Preise für japanische Fotografie „in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren explodieren“.

Einige Beispiele zeigt derzeit die Kölner Galeristin Priska Pasquer: Etwa Motive des inzwischen 81-jährigen Shomei Tomatsu von den Folgen des Atombombenabwurfs auf Nagasaki. Eindringliche Schwarz-Weiß-Motive, die er 1961 bei einem Besuch in der in der geschundenen Stadt machte – darunter etwa Motive von geschmolzenen Flaschen, den verbrannten Gesichtern der Opfer oder einer Uhr, die zum Zeitpunkt der Explosion stehen blieb. (je 30.000 Euro).

Noch nicht das Ende der Fahnenstange

„Der Markt für japanische Fotografie ist in Deutschland leider noch unterbelichtet“, sagt Galeristin Pasquer. Dabei seien viele Motive „hoch sammelbar, weil sehr emotional.“

Dazu zählen auch die Arbeiten von Rinko Kawauchi: Die 39-jährige, in Ausstellungen und auf Festivals hochdekorierte Fotografin gilt mit ihren poetischen, teils verstörenden Alltagsbeobachtungen mittlerweile als wichtigste Vertreterin zeitgenössischer japanischer Fotografie. Großformatige Werke, die mal geschlachtete Hühner, eine fast durchsichtige Qualle in knallblauem Wasser oder eine überbelichtete Rose zeigen und meist in Kleinstauflagen von sechs Abzügen produziert, kosten derzeit 6800 Euro – ein Plus von 50 Prozent innerhalb von fünf Jahren.

„Das ist sicher nicht das Ende der Fahnenstange“, sagt Pasquer, ganz unabhängig von der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung. „Gute Kunst hat immer Konjunktur.“

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