Frustrierter Bankkunde Wie ein Fremdwährungskredit zum teuren Streitfall wurde

Jahrelang stritt der Kunde Bernhard Costa mit seiner Bank um einen Fremdwährungskredit. Die Geschichte zeigt: Anleger sollten sich bei diesem riskanten Finanzprodukt zurückhalten.

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Fremdwährungskredite sind riskante Finanzprodukte. Quelle: Getty Images

Berhard Costa hat frisch geheiratet, zur Hochzeitsreise geht es nach Griechenland. Im Privatleben tut der 43-jährige Österreicher alles, um den zermürbenden Streit mit seiner Bank hinter sich zu lassen. Doch so richtig loslassen kann er von dem Thema nicht. Nach einer Reihe von verlorenen Prozessen setzt er seine wohl letzte Hoffnung nun in eine Schmerzensgeldklage gegen die aus seiner Sicht Verantwortlichen bei dem Geldinstitut. Die Geschichte begann vor 16 Jahren, das juristische Nachspiel zog sich lange hin.

Bernhard Costa weiß, was er tut, als er im August 2001 einen Fremdwährungskredit bei seiner langjährigen Hausbank aufnimmt. Fremdwährungskredite sind sehr riskant, da nicht nur die Entwicklung des Kurses im Vergleich zur Heimatwährung unberechenbar ist. Auch unterscheidet sich der Sollzins auf die Schuld je nach Währung stark. Costa ist selbständiger Finanzberater. Deshalb geht er das Risiko wegen der Aussicht auf Währungsgewinne ganz bewusst ein. Auch einigen seiner Kunden empfiehlt er, es ihm gleich zu tun. Doch das Investment soll kein gutes Ende nehmen.

Costa hat viel Akribie und Beharrlichkeit bei der Aufarbeitung seines Falls an den Tag gelegt. Das hat wohl auch damit zu tun, dass es ihm dabei nicht nur ums Geld geht, sondern auch um sein Ansehen bei den von ihm beratenen Kunden. Wie so oft, wenn Bankkunden mit ihrer Bank streiten, geht es also auch hier nicht nur ums Geld, sondern um die Ehre. Costas Bank betont gegenüber der WirtschaftsWoche, dass alle von ihren Kunden angestrengten Prozesse gegen sie bis in die letzte Instanz zu ihren Gunsten entschieden wurden.

Wie lief das Investment ab?

Zunächst läuft alles bestens. Erst wählt Costa den japanischen Yen als Währung und wechselt dann in den Schweizer Franken. Weil die Kurse sich zu seinen Gunsten bewegen, stockt er den Kredit zwischenzeitlich zweimal auf. Da der Franken gegenüber dem Euro damals an Wert gewinnt, sinkt seine Schuld bei der Bank. Alles läuft bestens, zumindest glaubt Costa das, erzielt er doch über die Jahre hinweg einen hübschen Währungsgewinn.

Seine Rechnung sieht so aus: Insgesamt hat Costa 133.769 Euro aufgenommen. Zum Stichtag 9. Dezember 2008 steckt das Geld komplett in Schweizer Währung: 187.677 Franken, um genau zu sein. Costa hat den Kontoauszug aufgehoben. Der Kurs des Schweizer Franken beträgt an diesem Tag 1,5569 Euro. In heimischer Währung schuldet Costa der Bank also nur 120.699 Euro. Das sind 13.224 Euro oder rund zehn Prozent weniger, als er ursprünglich an Kredit aufgenommen hat. Der Bankkunde wäre also deutlich im Plus. Diese Rechnung findet Costa so einfach, dass selbst ein Kind sie nachvollziehen könne.

Die Bank rechnet anders als ihr Kunde

Doch zu seiner Überraschung rechnet die Bank ganz anders.

Laut einer automatisierten Mitteilung vom Januar 2009 legt das Institut einen insgesamt aufgenommenen Kreditbetrag von nur 120.924 Euro zugrunde. Das könnte man für einen Bankirrtum zu Gunsten des Kunden halten, denn Costa hat laut seinem Kontoauszug mit insgesamt 133.769 Euro deutlich mehr Geld von der Bank erhalten.

Die unerklärliche Abweichung hat eine für den Kreditnehmer verhängnisvolle Folge, wie sich zeigen soll. Wegen der ab 2008 einsetzenden Eurokrise mit den wachsenden Sorgen der Investoren um überschuldete Euroländer steigt der Schweizer Franken deutlich. Deshalb will Costa seine Frankenschuld Ende 2008 in US-Dollar und japanische Yen wechseln, um sein Währungsrisiko aufzuteilen.

Weniger Filialen, weniger Mitarbeiter
Kreditbanken Alle deutschen Privatbanken – sowohl die Großbanken, Regionalbanken wie auch die Zweigstellen ausländischer Banken – haben die Zahl ihrer Beschäftigten drastisch verringert. Von 171.200 Beschäftigten im Jahr 2014 waren Ende 2016 noch 166.050 übrig: Das ist ein Abbau von rund 5.000 Beschäftigten in drei Jahren. Bei der Entwicklung der Institutszahlen und der Zweigstellen ergibt sich jedoch kein einheitliches Bild. Quelle: Deutsche Bundesbank Quelle: dpa
GroßbankenDeutschlands Großbanken, zu denen die Bundesbank die Commerzbank, die Deutsche Bank, die Deutsche Postbank und Hypovereinsbank zählt, haben die Zahl der Zweigstellen rapide verringert. 7.443 Zweigstellen gab es noch 2014, im vergangenen Jahr waren es nur noch 7.005. Quelle: REUTERS
RegionalbankenDie Zahl der deutschen Regionalbanken – private Kreditinstitute, die mit oder ohne Zweigstellennetz nur in einer bestimmten Region Geschäfte betreiben – verringerte sich von 176 Instituten im Jahr 2014 auf 166 Institute. Im selben Zeitraum wurden 118 Zweigstellen geschlossen, damit gibt es 2016 noch 2.245 Filialen deutscher Regionalbanken. Quelle: dpa
Zweigstellen ausländischer Banken Besser sieht die Bilanz ausländischer Banken aus. Zwar hat sich auch bei ihnen die Zahl der in Deutschland tätigen Institute in den letzten drei Jahren von 115 auf 110 verringert. Gleichzeitig wurde jedoch das Zweigstellennetz ausgebaut. Nun haben ausländische Banken 156 Niederlassungen in Deutschland. 2014 waren es nur 148. Quelle: REUTERS
LandesbankenAuch bei den deutschen Landesbanken ist vieles in Bewegung: Die Institute, die gemeinsam vom jeweiligen Bundesland und den regionalen Sparkassen- und Giroverbänden getragen werden, reduzierten die Zahl der Zweigstellen von 408 auf 384. Knapp 2.000 Beschäftigte mussten in den letzten drei Jahren gehen. Ende 2016 zählte die Bundesbank noch 31.800 Stellen. Quelle: dpa
SparkassenAufmerksam verfolgt wurde in den letzten zwei Jahren der Rückbau des Zweigstellennetzes bei den Sparkassen. Wo früher in jedem noch so kleinen Ortsteil eine Sparkassenfiliale zu finden war, müssen Kunden für eine persönliche Beratung nun häufig bis ins Stadtzentrum fahren. Kein Wunder: Von ehemals 11.951 Zweigstellen sind 2016 nur noch 10.555 vorhanden, also rund 1.500 weniger. Das hatte auch Auswirkungen auf die Beschäftigtenzahl: Knapp 15.000 Sparkassenmitarbeiter mussten gehen, Ende 2016 waren noch 224.700 Menschen in Voll- oder Teilzeit bei einem öffentlich-rechtlichen Geldinstitut beschäftigt. Quelle: dpa
KreditgenossenschaftenAuch die Zahl der genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken ist leicht gesunken. Die noch 975 Institute (2015: 1.050) bauten gut 100 Zweigstellen ab. Fast 7.000 der ehemals 158.700 Mitarbeiter mussten gehen. Auf den Sparkassen und Kreditgenossenschaften, deren Geschäftsmodelle auf das traditionelle Kreditgeschäft ausgerichtet sind, lastet ein zunehmender Margendruck. Dieser fällt im Vergleich zu den meisten anderen Bankengruppen höher aus, wofür die hohen Anteile der Sichteinlagen von inländischen privaten Haushalten sowie zahlreiche langfristige Wohnungsbaukredite verantwortlich sind, schreibt die Bundesbank in ihrem Bericht. Quelle: dpa

Der Bankberater aber verweigert den Umtausch in Yen und Dollar, weil Costa laut Rechnung der Bank zu tief ins Minus geraten sei und empfiehlt dem Kunden eine Umwandlung in Euro. Bei Fremdwährungskrediten vereinbaren Banken üblicherweise einen Korridor, in dem sich Gewinn und Verlust des Schuldners bewegen dürfen, ohne dass zusätzliche Kreditsicherheiten verlangt werden können. Die Grenzen dieses Korridors habe Costa überschritten.

Nach der Finanzkrise steigt der Franken

Die Bank hat das in einer Mitteilung an den Kunden wie folgt begründet: Zum Kurs vom 31. Dezember 2008 sei die ursprüngliche Schuld von 120.924 Euro auf 126.509 Euro gestiegen, wodurch beim Kunden Costa ein Währungsverlust von 5.585 Euro entstanden sei. Verglichen mit seinem ursprünglich aufgenommenen Kreditbetrag von 133.769 Euro ist Costa jedoch im Plus. Wieso hat die Bank trotzdem anders gerechnet?
Dieser Frage ist ein von Costa engagierter Finanzsachverständiger nachgegangen. Weil das Gutachten nicht vom Gericht angefordert wurde, handelt es sich nur um ein Parteigutachten, dem juristisch geringe Relevanz zukommt. Die Bank sagt dazu gegenüber der WirtschaftsWoche, dass sie nicht gewillt sei, auf Behauptungen und sogenannte Gutachten einzugehen, die sich vor Gericht allesamt als unwahr, unhaltbar oder irrelevant herausgestellt hätten.

Costas Sachverständiger kam in einem zwölfseitigen Gutachten aus dem Jahr 2015 zu dem Schluss, dass die Bank die Kredithistorie unvollständig dargestellt habe. In den Dokumenten und Gesprächsprotokollen seien nur die Kursveränderungen in der jeweiligen Währung dargestellt, in die der Kreditnehmer zuletzt gewechselt habe.
Wir erinnern uns: Costa hatte sein Konto zunächst in Yen, dann in Franken geführt. Die seiner Auffassung nach unvollständige Darstellung seitens der Bank berücksichtigt nur die Kursverluste nach der Aufwertung des Franken im Anschluss an die Finanzkrisenjahre 2007/2008. Die Gewinne, die Costa davor unter anderem im Yen erzielte, sind nach Ansicht des Gutachters unter den Tisch gefallen.

Auch der Europäische Gerichtshof urteilt über Fremdwährungskredite

In den Euro wechseln, wie von der Bank vorgeschlagen, wollte Costa unter anderem wegen des damals noch höheren Zinsniveaus nicht. Er bestand auf den von der Bank verweigerten Umtausch in mehrere Währungen, wobei er hilflos mitansehen musste, wie der steigende Franken ihm immer mehr Verluste bescherte. Schließlich zog die Bank die Notbremse und tauschte gegen Costas Willen in Euro um, wobei die Währungsverluste realisiert werden.

Schwer durchschaubar

Bei den anschließenden Prozessen lassen sich die Richter weder von Costas Rechnung noch von dem Gutachten überzeugen. Das liegt wohl auch an der schweren Durchschaubarkeit von Fremdwährungskrediten. Die führt dazu, dass selbst die einfachste und alles entscheidende Frage, nämlich wie viel Geld der Kunde der Bank schuldet, so umstritten sein kann.

Auch der Europäische Gerichtshof hat sich mit Fremdwährungskrediten beschäftigt. Bei einem vergangene Woche entschiedenen Fall ging es vordergründig um Formfehler seitens der Bank im Kreditvertrag. Formfehler werden von Bankkunden aber meist nur dann angegriffen, wenn sie mit einem Finanzprodukt Verluste erlitten haben und nach einem Grund suchen, das Geschäft rückgängig zu machen.

In dem vom EuGH entschiedenen Fall ging es wie im Fall Costa um einen Kredit in Schweizer Franken. Betroffen waren 68 Kunden einer rumänischen Bank. Anders als beim Österreicher Costa standen hier nicht Währungsspekulationen im Mittelpunkt, sondern der Bau von Eigenheimen und die Umschuldung alter Kredite. Aber auch die Rumänen hatten wegen der Frankenaufwertung nach der Finanzkrise kräftig Verluste gemacht. Die Kläger sahen sich von der Bank im Unklaren darüber gelassen, dass der Franken im Vergleich zu ihrer Heimatwährung deutlich schwanken könne und sie einem hohen Risiko ausgesetzt waren.

Brüsseler Richter haben mit ihrem Urteil den Verbraucherschutz gestärkt und betont, wie wichtig ein eindeutiger Hinweis auf die Gefahren von Währungsrisiken in Fremdwährungskreditverträgen ist. Dem Bankkunden Costa hilft diese Entscheidung allerdings nicht mehr weiter.

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