Fußball-Anleihen Der Fan als Investor - Liebesbeweis statt Geldanlage

Fußballklubs setzen verstärkt auf Anleihen als Alternative zu Krediten. Für den Verein lohnt sich diese neue Art der Finanzierung - für Anleger nur als Fan, dem die emotionale Rendite wichtiger ist als die finanzielle.

Der Kassenschlager Erst im November startete der Zweitligist FC St. Pauli die Zeichnungsphase seiner Fan-Anleihe. Papiere zu 100, 500 oder – in Bezug auf das Gründungsjahr – 1910 Euro gab der Kiezclub seither aus.  Vier bis fünf Millionen Euro wollte er damit einsammeln, am Ende wurden es acht. Der Verein musste wegen des Ansturms sogar noch mal nachlegen. Die Anleihe läuft bis 2018. Quelle: dpa
Die Fan-Anleihe ist offenbar auch ein Erfolgsmodell für die Rheinländer: Als deutschlandweit erster Klub zahlte der 1. FC Köln 2011 das komplette Anleihevolumen an seine Gläubiger zurück. Quelle: dpa
Schlechter läuft es für St. Paulis Erzrivalen: Hansa Rostock hatte im Juli 2011 ebenfalls eine Anleihe auf den Markt gebracht und im November erst 300.000 der angepeilten 5 Millionen Euro eingenommen. Eine ähnlich durchwachsene Bilanz hatten die Hauptstädter: 2011 nahm Hertha BSC statt den erwarteten sechs Millionen Euro nur 3,5 Millionen mit den Anleihen ein. Quelle: REUTERS
Der VorreiterDen Anfang in der deutschen Liga hat 2005 Hertha BSC gemacht. In anderen Ländern, wie Großbritannien, sind Vereinsanleihen bereits seit Jahrzehnten Gang und Gäbe, um neben Krediten und dem Einstieg von Investoren an frisches Geld zu kommen. Quelle: dpa
Die ZinsenDie meisten Vereine wählen einen Zinssatz, der deutlich über dem eines klassischen Sparbuchs liegt: fünf bis sechs Prozent. Über die Anleihen ist der Fan an seinem Lieblingsverein beteiligt und kann sich wie im Fall des 1. FC St. Pauli (mit Vereins- oder Totenkopfemblem) oder Arminia Bielefeld auch die „Schmuckurkunden“, die ihren Besitzer als Financier adeln, ins eigene Wohnzimmer hängen. Quelle: dpa
Die ErfolgsboniEinige Vereine locken ihre potentiellen Investoren noch mit besseren Ertragsaussichten. So hätte es auch Hansa Rostock gelingen können: Wäre der Klub in die erste Liga aufgestiegen, hätte der Ost-Verein einen zusätzlichen Ertrag von zwei Prozent zum jährlichen Basiszins von fünf Prozent auszahlen wollen. Quelle: dapd
Die ProfiteureDie Vereine erschließen zunehmend das Anleihe-Modell als Finanzierungsquelle. Auch Schalke 04, 1. FC Nürnberg, der 1. FC Köln, 1860 München und Arminia Bielefeld gaben bereits Anleihen aus. Quelle: AP
Die RenditeDer Ertrag ist eng mit dem sportlichen Erfolg des Vereins verknüpft, weil davon abhängt, wie viel Geld Sponsoren zahlen, wie viel Geld erspielt wird etc. Ausgefallen ist bislang auch noch keine Vereins-Anleihe.  Bei Schalke 04 schlug in der Saison 2009/2010 das Verpassen der internationalen Wettbewerbe gleich mit einem Minus von 20 Millionen Euro zu Buche. Quelle: dpa
Bei Alemania Aachen ging das Aneleihegeschäft nur deshalb nicht nach hinten los, weil die Stadt mit einer 5,5-Millionen-Euro-Bürgschaft 2011 einsprang als der Verein vor der Insolvenz stand. Nur so konnten die Aachener die Rückzahlung ihrer  „Tivoli-Anleihen“ garantieren, die sie 2008 herausgegeben hatten, um ihr neues Stadion zu finanzieren. Quelle: dpa
Generell sind die Aussichten auf hohe Renditen gering. „Für rationale Anleger sind Investments in Fußballclubs im Allgemeinen nicht besonders interessant, da die entsprechende Renditephase fehlt“, sagte Christian Keller, Professor für Sportmanagement an der SRH Hochschule Heidelberg, der Wiwo. Quelle: REUTERS
Die AnlegerDie meisten Vereine setzen bei ihren Anleihen auf Fans, die sich mit kleineren Beträgen am Verein beteiligen. Das ist bei St. Pauli der Fall, wo die Anleihen im Schnitt für 1400 Euro gezeichnet wurden. Vereinzelt waren nach Vereinsangaben auch Anleger dabei, die einen höheren fünfstelligen Betrag investiert haben. Quelle: dpa
Schalke hatte dagegen auf Großinvestoren gesetzt, um von seinem Schuldenberg herunter zu kommen. Der Londoner Finanzvermittler Stephan Schechter hatte ein Konsortium von Investoren vor einigen Jahren vermittelt, das dem Klub 85 Millionen Euro lieh. Nach Vereinsangaben werden die noch offenen 65 Millionen Euro durch Umschuldung abgelöst. Neuer Kreditgeber ist laut der FAZ eine „international operierende Bank“. Was 2010 nur wie ein Gläubigerwechsel schien, war aber mehr: Denn offenbar hatte Schechter versucht, Einfluss auf die Personalpolitik des Vereins zu nehmen. Doch geben auch die Schalker ihre Anleihe heraus. Quelle: dpa
Das „Liebhaber-Risiko“Für die Fans ist meist die Beteiligung am eigenen Klub wichtiger als es rosige Rendite-Aussichten sind. Denn haben die Anleihen zwar ein relativ geringes Ausfallrisiko – nicht zuletzt, weil bei vielen Vereinen die öffentliche Hand einspringen könnte - , ist auch die Rendite eher gering. Quelle: dpa
Generell gilt: Investiert der Verein das frische Fremdkapital in Beine statt in Steine, kauft also neue Spieler, ist das Risiko höher. Wird aber, wie es etwa der Kiezclub St. Pauli plant, das Geld in die Infrastruktur – in diesem Fall in den Ausbau von Stadion und Trainingsgelände – gesteckt, sinkt das Risiko für den „Fan-Anleger“. Quelle: dpa
Steht ein Verein grundsätzlich finanziell solide da, sind auch die Risiken für die „Klein-Investoren“ naturgemäß geringer. Beispiel: Wieder der FC St. Pauli. Trotz des Abstiegs machte der Klub in der abgelaufenen Saison einen Rekord-Gewinn von 5,3 Millionen Euro. Andersherum: Steigt ein Verein zum Beispiel ab, hat das nicht nur fatale Konsequenzen für die Finanzen des Vereins, sondern eben auch für die Rendite der Anleihen: Oftmals, so sagen Finanzmarktexperten, ist die angebotene Verzinsung im Verhältnis zum Risiko daher zu niedrig. Quelle: dpa/dpaweb
Einen aus Sicht von Finanzanlegern solch fatalen Ausfall gab’s bei Arminia Bielefeld. Als der Verein 2006 seine fünfjährigen Anleihen ausgab, um den Umbau des Stadions zu finanzieren, spielte er noch in der ersten Liga. Zum Ablauf der Anleihe ist der Klub überschuldet und kickt in der Drittklassigkeit. Doch die Fans ließen ihren Klub nicht in die drohende Insolvenz schliddern: Auf Bitten des Vereins verlängerten mehr als 40 Prozent der knapp 2500 Gläubiger im Herbst ihre Anleihen bis 2016. Einige verzichteten komplett auf ausstehende Forderungen und mehr als 1.000 Fans investierten gar nochmals in eine neue „Zukunfts-Anleihe".  Quelle: dpa/dpaweb
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