Gbureks Geld-Geklimper

Die zerstörerische Kraft der Zinsen

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Aktien werden diskriminiert

Sind Dividenden auch eine Art von Zinsen? Es handelt sich ja um Erträge aus Aktien. Doch Dividenden können je nach der Entwicklung der Unternehmensgewinne schwanken oder sogar ganz ausbleiben. Will man sie mit Zinsen vergleichen, geschieht das gewöhnlich mittels einer Kennzahl namens Dividendenrendite.

Das heißt, Dividende je Aktie mal hundert und das Ganze geteilt durch den Kurs. Wir haben also gleich zwei Variablen vor uns: Dividende und Kurs. Ein Vergleich mit Zinsen von Tagesgeldkonten oder Bundesanleihen ist folglich nur bedingt möglich.

Dividenden werden einen Tag nach der ordentlichen Hauptversammlung vom Kurs abgeschlagen. Das führt für Aktionäre erst mal zu einem rechnerischen Verlust. Obendrein werden Dividenden mit 25 Prozent Abgeltungsteuer plus Soli und gegebenenfalls Kirchensteuer belastet.

Mit Niedrigzinsen zum Eigenheim

Diese mittelbare Diskriminierung der Aktien hat uns die frühere Große Koalition eingebrockt. Wirksam ist die Abgeltungsteuer seit 2009. Aktionären gereicht die Dividende nicht unbedingt zur hellen Freude. Zum Trost sei allerdings hinzugefügt, dass der Dividendenabschlag bei halbwegs freundlicher Börse irgendwann wettgemacht wird, weil Unternehmen ja weiter wirtschaften und hoffentlich Gewinne erzielen, aus denen auch die nächste Dividende gezahlt werden kann.

Wer individuell fürs Alter vorsorgt, wird bestraft

Politiker, speziell aus Kreisen der SPD, möchten die Abgeltungsteuer am liebsten gegen die Besteuerung mit dem persönlichen Steuersatz tauschen. Sie argumentieren: Reiche Anleger mit Steuersätzen weit über 25 Prozent würden bevorzugt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Mit Einführung der Abgeltungsteuer wurde ein wichtiges Privileg der Aktionäre gekippt: die Steuerfreiheit von Kursgewinnen nach einem Jahr Haltedauer.

Wer seit 2009 Aktien oder andere Wertpapiere gekauft hat, muss also neben Dividenden und Zinsen auch realisierte Kursgewinne versteuern. Wer seitdem individuell mit Aktien, Anleihen, Fonds und sonstigen Wertpapieren fürs Alter vorsorgt, wird also bestraft.

Auf der anderen Seite halten Politiker verschiedener Couleur die Fahne der kollektiven Altersvorsorge hoch, etwa mit der Riester-Rente, einem bürokratischen Monster sondergleichen, das von der Finanzbranche und ihren Verkäufern gern als Türöffner genutzt wird. Nach dem Motto: Der Staat schenkt Ihnen was, lassen Sie sich dazu von uns beraten. Verraten wäre treffender.
Die DZ Bank hat neulich ermittelt, dass jeder Deutsche von 2010 bis 2014 im Durchschnitt etwa 1400 Euro an Zinsverlusten erlitt. Sie summierten sich auf etwas mehr als 112 Milliarden Euro. Solange die Phase der niedrigen Zinsen anhält, ist der Anstieg dieser Summe programmiert.

Das ist, wenn man so will, auf dem Umweg über die ultralockere EZB-Geldpolitik die Rache aller Europäer, die bislang nicht gespart, sondern lieber in den Tag hinein gelebt haben, an den deutschen Sparern. Auch eine weitere Entwicklung ist programmiert.

Der Feri-Anlagestratege Heinz-Werner Rapp beschreibt sie so: „Wir beobachten wegen der Notenbankpolitik deutliche Fehlallokationen bei Investitionen. Die stetige Liquiditätszufuhr birgt die Gefahr, dass sich dadurch Blasen bilden können.“ Na denn, auf in die programmierte Zukunft!

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