Was die Zukunft bringt, ist bekanntlich nicht vorhersehbar. Hier und da aber doch. Das zeigt sich besonders deutlich an den Folgen der niedrigen Zinsen. Markantes Beispiel: Die auf allerlei festverzinslichen Wertpapieren basierenden Kapitallebensversicherungen werden ihre Anleger bitter enttäuschen, ihre Ablaufleistungen werden schrumpfen.
Ähnliches gilt für vergleichbare Varianten der Riester-Rente. Bei den entsprechenden Anlegern müssten eigentlich längst alle Warnlampen angegangen sein. Doch die Versicherungsbranche ist nach allen Kräften bemüht, das Thema herunter zu kochen.
Geld bringt Zinsen, haben wir seit jeher eingetrichtert bekommen. Spätestens seit 2014 wissen wir, dass es sogar negative Zinsen bringen kann. Beruhigen Sie sich, es handelt sich nur um ein weiteres Experiment, initiiert von hoffnungslos überforderten Geldpolitikern und in die Tat umgesetzt von orientierungslosen Bankern.
Nehmen Sie den Zins einfach als das, was er Ihnen persönlich bedeutet: Ertrag für den Einsatz Ihres Geldes. Nur nebenbei sei erwähnt, dass es Tausende von Büchern mit ebenso vielen Zinstheorien gibt. Aus einem der besten, „Eigentum, Zins und Geld“ von Gunnar Heinsohn und Otto Steiger, sei hier ein bemerkenswertes Fazit zitiert: „Da bisher nicht verstanden worden ist, warum es zum Wirtschaften kommt, enden alle Versuche zur Erklärung des Zinses im 'Chaos der Zinstheorien'“.
Deutsche Anleger sind zinsgläubig
Falls Sie Ihr Geld auf dem Tages- oder Festgeldkonto belassen, handelt es sich beim Zins nur um Schmerzensgeld, dessen Höhe in den vergangenen Jahren dramatisch abgenommen hat. Nicht so, falls Sie Bundesanleihen gekauft haben. Deren Zinsen haben zwar auch ein Tief erreicht, aber ihre Kurse sind gerade deshalb so kräftig gestiegen, dass unter dem Strich ein hoher Gewinn übrig geblieben ist. Ich habe allerdings niemanden kennengelernt, der davon durchgehend profitiert hat.
Deutsche Anleger sind besonders zinsgläubig. Sie vertrauen einer Prozentzahl mehr als ihrem gesunden Menschenverstand. Das mag angehen, falls sie sich auf das günstigste Tagesgeldangebot einer Bank stürzen, deren gesetzliche Einlagensicherung bis 100.000 Euro pro Person gewährleistet wird. Doch was soll es am Ende bringen, wenn Anleger den Vertrag über eine viele Jahre laufende Kapitallebensversicherung mit läppischen 1,25 Prozent Garantiezins abschließen, und das nur auf den Sparanteil?
Geradezu mulmig sollte es den Anlegern schließlich werden, wenn ihre Bank ihnen zum Kauf von Unternehmensanleihen mit etwas höherer laufender Verzinsung rät, aber ohne Bewertung durch eine Ratingagentur und ohne ausreichenden Börsenhandel.
Aktien werden diskriminiert
Sind Dividenden auch eine Art von Zinsen? Es handelt sich ja um Erträge aus Aktien. Doch Dividenden können je nach der Entwicklung der Unternehmensgewinne schwanken oder sogar ganz ausbleiben. Will man sie mit Zinsen vergleichen, geschieht das gewöhnlich mittels einer Kennzahl namens Dividendenrendite.
Das heißt, Dividende je Aktie mal hundert und das Ganze geteilt durch den Kurs. Wir haben also gleich zwei Variablen vor uns: Dividende und Kurs. Ein Vergleich mit Zinsen von Tagesgeldkonten oder Bundesanleihen ist folglich nur bedingt möglich.
Dividenden werden einen Tag nach der ordentlichen Hauptversammlung vom Kurs abgeschlagen. Das führt für Aktionäre erst mal zu einem rechnerischen Verlust. Obendrein werden Dividenden mit 25 Prozent Abgeltungsteuer plus Soli und gegebenenfalls Kirchensteuer belastet.
Mit Niedrigzinsen zum Eigenheim
Langfristige Baukredite mit festen Zinsen für zehn Jahre gibt es derzeit sogar mit einer Verzinsung von unter zwei Prozent. Allerdings haben die Preise für Immobilien besonders in Großstädten in den vergangenen Jahren deutlich angezogen.
Immobilien gelten nicht als Renditeknüller. Allerdings sind sie gerade in Krisenzeiten Verbraucherexperten zufolge eine solide Geldanlage. Der Wert einer Immobilie ist vergleichsweise sicher - vorausgesetzt, Preis, Qualität und Lage stimmen. In jedem Fall sollte ein Immobilienkauf gut überlegt sein.
Hier hilft nur ein Vergleich der verschiedenen Anbieter, wobei die Auswahl an Krediten laut Stiftung Warentest derzeit besonders groß ist. Bauherren und Käufer können dafür Vergleichsrechner im Internet nutzen. Auch Verbrauchermagazine und Zeitungen liefern häufig aktuelle Zinskonditionen. Die Hausbank kann ein wichtiger Ansprechpartner sein - ist jedoch nicht immer zwingend die erste Wahl. Ein Anbietervergleich kann teils mehrere zehntausend Euro sparen.
Kredite für Häuser oder Wohnungen laufen meist über zehn, 20 oder 30 Jahre. Hierbei werden die Zinsen in aller Regel nur für einen begrenzten Zeitraum von mehreren Jahren festgelegt. Läuft diese sogenannte Zinsbindungsfrist ab, verhandeln Bank und Kunde die Verlängerung des Darlehens. Der Bauherr kann dann auch umschulden und zu einem günstigeren Anbieter wechseln. Verbraucher sollten mehrere Monate vor Auslaufen der Frist neue Angebote einholen. Wegen der historisch niedrigen Zinsen gibt es derzeit auch besonders günstige Anschlusskredite.
An sich werden feste monatliche Raten vereinbart. Baukredite geben oft aber auch das Recht auf Sondertilgung, das heißt die Rückzahlung von Geld zusätzlich zu den vereinbarten Raten. Auch kann ausgehandelt werden, dass der Bauherr die Raten anpassen kann, etwa wenn sich das Einkommen verändert.
Finanzexperten sehen ein Eigenkapital von 20 bis 30 Prozent des Immobilienpreises als eine solide Basis an. Für ihre angebotenen Top-Zinsen wollen die Banken häufig allerdings 40 Prozent Eigenkapital sehen. Teils sind Banken auch bereit, den vollen Kaufpreis zu finanzieren. Dafür verlangen sie aber oft happige Risikoaufschläge beim Zins.
Bei der staatlichen Förderbank KfW gibt es Darlehen etwa für den Kauf selbstgenutzten Wohneigentums, energieeffizientes Bauen und Sanieren oder auch für altersgerechtes Wohnen. Daneben zahlt der Staat die Wohnungsbauprämie von 8,8 Prozent beim Bausparen. Auch gibt es in Form des sogenannten Wohn-Riesterns staatliche Unterstützung für den Kauf selbstgenutzter Immobilien zur Altersvorsorge.
Risiken wie diese können mit Versicherungen ganz oder zumindest teilweise abgedeckt werden. So gibt es Versicherungen gegen Berufsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, Lebensversicherungen oder Restschuld-Versicherungen. Verbraucher sollten sich vor Abschluss einer Police und eines Baudarlehens gut über einen Versicherungsschutz beraten lassen. Die Stiftung Warentest rät zu Versicherungen für den Todesfall.
Diese mittelbare Diskriminierung der Aktien hat uns die frühere Große Koalition eingebrockt. Wirksam ist die Abgeltungsteuer seit 2009. Aktionären gereicht die Dividende nicht unbedingt zur hellen Freude. Zum Trost sei allerdings hinzugefügt, dass der Dividendenabschlag bei halbwegs freundlicher Börse irgendwann wettgemacht wird, weil Unternehmen ja weiter wirtschaften und hoffentlich Gewinne erzielen, aus denen auch die nächste Dividende gezahlt werden kann.
Wer individuell fürs Alter vorsorgt, wird bestraft
Politiker, speziell aus Kreisen der SPD, möchten die Abgeltungsteuer am liebsten gegen die Besteuerung mit dem persönlichen Steuersatz tauschen. Sie argumentieren: Reiche Anleger mit Steuersätzen weit über 25 Prozent würden bevorzugt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Mit Einführung der Abgeltungsteuer wurde ein wichtiges Privileg der Aktionäre gekippt: die Steuerfreiheit von Kursgewinnen nach einem Jahr Haltedauer.
Wer seit 2009 Aktien oder andere Wertpapiere gekauft hat, muss also neben Dividenden und Zinsen auch realisierte Kursgewinne versteuern. Wer seitdem individuell mit Aktien, Anleihen, Fonds und sonstigen Wertpapieren fürs Alter vorsorgt, wird also bestraft.
Auf der anderen Seite halten Politiker verschiedener Couleur die Fahne der kollektiven Altersvorsorge hoch, etwa mit der Riester-Rente, einem bürokratischen Monster sondergleichen, das von der Finanzbranche und ihren Verkäufern gern als Türöffner genutzt wird. Nach dem Motto: Der Staat schenkt Ihnen was, lassen Sie sich dazu von uns beraten. Verraten wäre treffender.
Die DZ Bank hat neulich ermittelt, dass jeder Deutsche von 2010 bis 2014 im Durchschnitt etwa 1400 Euro an Zinsverlusten erlitt. Sie summierten sich auf etwas mehr als 112 Milliarden Euro. Solange die Phase der niedrigen Zinsen anhält, ist der Anstieg dieser Summe programmiert.
Das ist, wenn man so will, auf dem Umweg über die ultralockere EZB-Geldpolitik die Rache aller Europäer, die bislang nicht gespart, sondern lieber in den Tag hinein gelebt haben, an den deutschen Sparern. Auch eine weitere Entwicklung ist programmiert.
Der Feri-Anlagestratege Heinz-Werner Rapp beschreibt sie so: „Wir beobachten wegen der Notenbankpolitik deutliche Fehlallokationen bei Investitionen. Die stetige Liquiditätszufuhr birgt die Gefahr, dass sich dadurch Blasen bilden können.“ Na denn, auf in die programmierte Zukunft!