Wer die Internetseite silberjunge.de von Thorsten Schulte verfolgt, hat Anlass zum Staunen. Da zeigt eine Grafik, die das sogenannte Managed Money (überwiegend spekulative Engagements der Hedgefonds) am Goldmarkt widerspiegelt, zuletzt steil abwärts. Nachdem sie sich von 2006 bis 2011 im Trend parallel zum Goldpreis entwickelt hat, seitdem aber immer weiter nach unten abgedriftet ist, hat sie annähernd wieder das Niveau des Jahres 2006 erreicht.
Noch drastischer fällt der Vergleich der Hedgefonds-Engagements mit dem Silberpreis aus: Rekordtief weit unter dem früheren aus dem Jahr 2007.
Richtig spannend wird die Sache beim Vergleich des – wegen seiner starken Schwankungen besonders aussagefähigen - Silberpreises mit dem Standard & Poor's-Index für amerikanische Aktien: von 2003 bis 2007 annähernd parallele Aufwärtsentwicklung, dann 2008 gemeinsam abwärts, von 2009 bis 2011 ebenso aufwärts, aber spätestens seit Mitte 2012 weit auseinander, und zwar Standard & Poor's stark aufwärts, Silber noch stärker abwärts.
Börsengeschichte zeigt parallele Entwicklungen
Diese Entwicklung wirft in Verbindung mit dem Verhalten der Hedgefonds-Manager vor allem zwei Fragen auf: Hat 2012 an den Börsen eine Phase begonnen, während der sich Aktien und Edelmetalle konträr entwickeln? Und besteht die Möglichkeit, dass die Aktienkurse auf einen Crash zusteuern, sobald Großanleger wieder mehr zu den Edelmetallen umschwenken?
Die Börsengeschichte zeigt, dass es immer wieder Phasen gab, in denen sich Aktienkurse und Edelmetallpreise parallel entwickelten, wie auch andere Phasen, in denen sie auseinander gingen. Für die erste Variante ist die erwähnte Zeit von 2003 bis 2007 kennzeichnend, für die zweite die Zeit danach. Verfolgt man die Entwicklung zurück bis in die 70er Jahre, fällt auf, dass der – mit einer Unterbrechung 1975/76 - aufwärts gerichtete zehnjährige Megatrend der Edelmetalle seinerzeit von einem heftigen Auf und Ab der Aktienkurse begleitet wurde.
In den 80er und 90er Jahren war es umgekehrt: Aktienkurse im Trend nach oben, allerdings unterbrochen durch den Crash vom Oktober 1987 sowie durch zwei kurze hektische Abwärtsbewegungen 1997 und 1998. Dagegen glänzten die Edelmetallpreise bestenfalls durch ein paar Ausreißer nach oben innerhalb eines überwiegend abwärts gerichteten Trends.
Mal Aktien, mal Edelmetalle
Damit ist die Frage nach der konträren Entwicklung an sich schon beantwortet: Aktien können nach oben abheben und Edelmetalle zwischenzeitlich hinter sich lassen, aber die umgekehrte Entwicklung ist ebenfalls möglich. Spannender – und länger - ist die Antwort auf die Frage nach den möglichen Ursachen für ein Umschwenken der Großanleger in Richtung Edelmetalle: Käme es bei den Aktien zum Crash, dürften diese Anleger ihr Heil zunächst in Aktienverkäufen suchen, die Kurse der gängigen Aktien aus dem Standard & Poor's-Index dadurch zusätzlich nach unten treiben und Cash aufbauen.
Danach würden sie sich wahrscheinlich primär die unterbewerteten Edelmetallaktien vornehmen und diesen zu einer starken Aufwärtsbewegung verhelfen. Die Preise von Gold und Silber dürften dann nach oben mitziehen. Eine solche Entwicklung gab es besonders ausgeprägt im Jahr 1981.
Warum Aktienoptimisten übertreiben
Was den möglichen Aktiencrash betrifft, sollten die folgenden Fakten allen Anlegern zu denken geben: Zuletzt ist der Anteil pessimistischer Autoren amerikanischer Börsendienste auf nur noch 14,4 Prozent gesunken. Das ist der niedrigste Stand seit April 1987, dem ein halbes Jahr danach bekanntlich der Aktiencrash mit einem Dow Jones-Kursabsturz von 22,6 Prozent an nur einem Tag folgte, dem 19. Oktober 1987.
Dass der Optimismus hinsichtlich amerikanischer Aktien übertrieben ist, dafür sprechen auch zunehmende Käufe auf Kredit, zuletzt saldiert mit über 400 Milliarden Dollar noch mehr als während des Freudentaumels im Frühjahr 2007 und sogar viel mehr als vor dem Platzen der New Economy-Blase zur Jahrtausendwende. Zu diesen Fakten passt auch, dass der Optimismus amerikanischer Fondsmanager zuletzt das Niveau des zweithöchsten Werts aus dem freundlichen Börsenjahr 2006 erreicht hat.
Die wichtigsten Fakten zu Gold
Die gesamte Goldnachfrage im dritten Quartal 2014 betrug 929,3 Tonnen. Damit ist die Nachfrage um 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 952,8) gefallen.
Quelle: World Gold Council
Die weltweite Nachfrage nach Schmuck betrug im dritten Quartal 2014 insgesamt 534,2 Tonnen und ist damit um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 556,3) gefallen.
Die Nachfrage des Technologiesektors belief sich im dritten Quartal 2014 auf 97,9 Tonnen und fiel, verglichen mit den 103,1 Tonnen im dritten Quartal 2013, um fünf Prozent.
Die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen ist im dritten Quartal 2014 deutlich gesunken – auf 245,6 Tonnen. Ein Minus von 21 Prozent im Vergleich zu 2013 (Q3: 312,3).
Dass die Gesamtnachfrage nach Gold gefallen ist, ist auch auf die Abflüsse aus Gold-EFTs zurückzuführen. Im dritten Quartal 2014 beliefen sich diese auf 41,3 Tonnen. Allerdings ist das deutlich weniger als im Vorjahr. Im dritten Quartlal 2013 betrugen sie noch 120,2 Tonnen.
Die Nettoeinkäufe von Zentralbanken betrugen im dritten Quartal 2014 92,8 Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Rückgang von neun Prozent (Q3'13: 101,5).
Die Goldnachfrage im Investment belief sich im dritten Quartal 2014 auf 204,4 Tonnen. Das ist eine minimale Steigerung von sechs Prozent, im Vorjahresquartal waren es 192 Tonnen.
All das reizt natürlich, über einen möglichen erneuten Crash nachzudenken. Der letzte, der diese Bezeichnung verdient, fand vor fünf Jahren statt, nachdem die US-Investmentbank Lehman Brothers pleite gegangen war. Hierbei handelte es sich um einen Schock; das heißt, kaum jemand hatte mit der Pleite und der anschließenden Kettenreaktion an den Börsen gerechnet. Der nächste Crash wird die Börsianer ähnlich unvorbereitet treffen - Auslöser, Zeitpunkt und Ausmaß unbekannt.
Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Warum also darauf noch Gedanken verschwenden? Nun, dafür gibt es gravierende Gründe. Als erste die genannten Fakten, die dafür sprechen, dass zumindest an der US-Börse eine gewisse Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit herrscht. Damit sind die Gründe bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Beispiel Crash-Auslöser: Für ihn gab es zum Crash von 1987 eine auch aus heutiger Sicht immer noch plausible Erklärung der Schweizer Professorin Christine Hirszowicz, die nach einjähriger intensiver Forschung zu diesem Ergebnis kam: „Als Hauptschuldige sieht man die Informatik, die Deregulierung, die neuen Finanzinstrumente, die sogenannten 'Golden Boys' und die 'Raiders' vorbeimarschieren.
Raus aus Aktien, wenn die Hochspitzen fallen!
Daran hat sich bis jetzt nur insoweit etwas geändert, als Informatik (heute würde man sagen: Internet) und immer wieder neue Finanzinstrumente mittlerweile wahre Quantensprünge vollzogen haben, an denen Golden Boys und Raiders (heute: die Zocker deregulierter Banken) ihre wahre Freude haben. Fazit: Es lohnt sich mehr denn je, zu verfolgen, was Banken bewegt, von gigantischen Abschreibungen bis zu Eigenkapitalproblemen, von der Bankenaufsicht bis zum Moral Hazard, dem leichtsinnigen Eingehen von Risiken, weil es seit der Lehman Brothers-Pleite ja praktisch eine Art Staatsgarantie fürs Überleben gibt.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass als Crash-Auslöser noch mehr infrage kommt, etwa steigende Zinsen, Währungsturbulenzen oder politische Ereignisse wie der schwelende Konflikt im ostchinesischen Meer zwischen China auf der einen sowie Japan und USA auf der anderen Seite. Entscheidend ist allemal die anschließende Kettenreaktion an den Börsen.
Beispiel Crash-Zeitpunkt: Er lässt sich natürlich nicht genau bestimmen. Doch deshalb keinen Gedanken an ihn zu verschwenden, kann für Anleger sehr teuer werden. Nehmen wir die erwähnten Fälle von der geringen Zahl pessimistischer Autoren amerikanischer Börsendienste und von den vielen Aktienkäufen auf Pump. Beide Male handelt es sich zunächst nur um Warnsignale, die man auch weiterhin im Auge behalten sollte.
Die Gefahr, dass sie in einen Crash münden, ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, und zwar sobald die Hochspitzen – im vorliegenden Fall etwa die des Dow Jones- oder Standard & Poor's-Index – über mehrere Wochen immer weiter fallen. Dafür haben der Crash von 1987 und von 2008 Musterbeispiele geliefert. Die Lehre daraus: Spätestens wenn die dritte Hochspitze nicht mehr das Niveau der zweiten erreicht, Aktien verkaufen. Fazit: Charts verfolgen.
Beispiel Crash-Ausmaß: Es lässt sich zwar auch nicht genau bestimmen, aber hier gibt es wiederum Indizien, die Anlegern helfen, es abzuschätzen. Üblicherweise folgt der eigentliche Crash erst, nachdem die Hochspitzen wie beschrieben zunehmend nach unten gerutscht sind. Er bringt dann erst zweistellige Verluste innerhalb weniger Wochen mit sich, wie im Herbst 2008, danach in der Regel eine kurze Zwischenerholung, um die Kurse anschließend noch einmal weiter nach unten zu drücken. Fazit auch hier: Charts verfolgen.
Abschließendes Fazit: Wer auf die großen Bewegungen der Aktienkurse und besonders auf die hier beschriebenen Chartsignale achtet, hat es leicht, Aktien erst in Cash umzuwandeln, um dann Gold, Silber und Edelmetallaktien zu kaufen oder vorhandene Bestände aufzustocken.