Geldanlage "Das Endspiel hat begonnen"

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Abschaffung des Schweizer Franken

Alfred Roelli:

Können wir der Euro-Entwertung entgehen, indem wir Franken kaufen?

Roelli: Man kann das durchaus tun. Noch hat die Schweizer Nationalbank SNB den Wechselkurs zum Euro bei 1,20 fixiert. Sie kauft über Euro-Staatsanleihen täglich Euro an und schwächt damit den Franken, damit unsere Exportunternehmen nicht zu sehr unter dem starken Franken leiden. Wir haben unglaubliche 300 Milliarden Euro angehäuft, jeden Monat kommen rund 40 Milliarden dazu. Nun ist in der Schweiz die Diskussion entbrannt, wie lange wir das noch tun können. Da wir in der Schweiz effektiv leicht fallende Preise haben, nähert sich der angemessene Gleichgewichtskurs den 1,20 an. Früher oder später wird nichts anderes übrig bleiben, als den Franken aufwerten zu lassen, vielleicht auf den Kurs von 1,15 Franken pro Euro.

Dann winken Aufwertungsgewinne.

Flossbach: Die Schweizer sind dabei, ihren Franken abzuschaffen!

Wie meinen Sie das?

Flossbach: Die kaufen aktuell 40 bis 50 Milliarden Euro pro Monat auf! Das Volumen müssen sie in Franken drucken, um damit Euro zu kaufen. Ginge es in dem Tempo weiter, wären Ende nächsten Jahres 1.000 Milliarden Euro in der SNB-Bilanz. Das wäre so, als wenn Deutschland für 8.000 Milliarden Euro Währungen aufkauft. Völlig absurd! Käme das so, wäre der Franken nicht mehr existent, er wäre weginflationiert. Hält der Druck an, muss in den nächsten Wochen oder Monaten eine Entscheidung fallen. Immer mehr Anleger sehen, dass sie im Zweifel lieber in Franken gehen, weil der Aufwertungsknall doch bald kommt.

Roelli: Die Schweiz könnte statt Euro-Anleihen Realwerte kaufen. Es gibt Überlegungen, ein Viertel der Währungsreserven in einen Staatsfonds zu investieren. Das könnte ein wichtiges Signal für Aktien sein.

So würde Alfred Roelli ein Depot aufteilen (zum Vergrößern bitte Bild anklicken)

Flossbach: Wir haben das durchgerechnet. Damit der Euro nicht wieder schwächer wird, müssen die Schweizer das Geld in andere Euro-Anlagen umschichten. Würden sie Gold kaufen, würde das in Dollar abgerechnet, sie müssten Euro gegen Dollar tauschen, der Euro würde schwächer. Das geht also nicht. Was bleibt, wäre wohl allein der Aktienindex Euro Stoxx 50. Der hat in etwa einen Börsenwert von 2.500 Milliarden Euro. Investieren die Schweizer 100 Milliarden, kaufen sie vier Prozent aller Aktien! Schwenkt dann auch Pimco auf Aktien um, kann man nur noch versuchen, die letzten freien Stücke zu bekommen.

Diese Anlagestrategien empfehlen die Finanzmarkt-Kenner

Herr Bosomworth, wann kommt der Schwenk? Pimco ist Anleihespezialist, aber Aktienfonds haben Sie ja schon aufgelegt ...

Bosomworth: Angesichts der langfristigen Perspektive der Renditen auf dem Rentenmarkt war dies ein bewusster Schritt. Wir erleben eine Krise der Währungssysteme und damit eine Renaissance echter Werte.

Flossbach: Die Norweger machen es richtig. Deren Staatsfonds hat eine Aktienquote von 60 Prozent. Da stecken 360 Milliarden Dollar in Aktien. Die haben sich den Sachwerten verschrieben. Aktien sind im Vergleich zu Bonds so attraktiv wie nie zuvor. Und da der Zins unten bleibt, ist das auch kein temporäres Phänomen. Da lachen einen Dividendenpapiere wie Nestlé oder Coca-Cola mit drei Prozent oder mehr Dividendenrendite geradezu an. Wir haben mal für 30 Unternehmen, unter Einrechnung realistischer Dividendensteigerungen, eine Berechnung angestellt.

Ergebnis?

Flossbach: Selbst wenn diese Aktien im Schnitt über die nächsten Jahre 30 Prozent im Kurs verlieren, sorgen ihre Dividenden trotzdem dafür, dass der Anleger keinen Verlust macht. Das ist der Puffer, den Top-Unternehmen bieten. Ganz einfach: Sachwerte kaufen, liquide Dividendenaktien.

Roelli: Länder, die Überschüsse haben, hauptsächlich die Schwellenländer, investieren diese mehr und mehr in Realwerte.

Mayer: Außer Deutschland! Wir haben zwar keinen Staatsfonds, aber die Bundesbank hat die Rolle indirekt übernommen. Deutschland hatte seit Beginn der Währungsunion 1,2 Billionen Euro kumulierten Leistungsbilanzüberschuss. Inzwischen sind 730 Milliarden über die Bundesbank in südeuropäischen Banken angelegt. Das sind diese berühmten Target2-Salden ...

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