Panagiotis Kynigopoulos ist ein Fußballer wie ihn viele Trainer lieben: schnell, technisch stark, diszipliniert. Schon als Jugendlicher wirbelte er die zweite griechische Liga auf, vergangenen Sommer spielte er mit der U-19-Nationalmannschaft der Hellenen seine erste EM. Der nächste Schritt sollte ein Wechsel in ein Profi-Team sein. Doch vielen interessierten Clubs fehlte das Geld. Der 19-jährige Stürmer steckte fest.
Jetzt ist Kynigopoulos einen Schritt weiter – und der vielleicht erste crowdfinanzierte Fußballer der Welt. Seit einem halben Jahr trainiert er beim belgischen Erstligisten Sint-Truidense V.V. Die belgische Liga gilt als Sprungbrett für Nachwuchsspieler. Ermöglicht haben den Deal 516 Kleinanleger. Insgesamt 235.506 Euro investierten sie in Kynigopoulos. Die Online-Plattform kickrs.net sammelte das Geld ein - und überwies es abzüglich zehn Prozent Gebühr an Sint-Truidense V.V.
Wie Fußball-Manger auf der Konsole zocken - nur in echt
Kynigopoulos kostet den Verein also fast nichts. Die 516 Kleinanleger und Fans finanzieren sein Gehalt. Dafür bekommen sie ein gutes Stück vom Gewinn ab, falls Kynigoposulos' Marktwert steigt. Wechselt er für eine Ablöse zu einem anderen Verein, fließt viel Geld an sie - und wenig an den belgischen Verein. Allerdings ist auch ihr Risiko hoch: findet sich kein Verein, der später für Kynigopoulos zahlen will, ist das angelegte Geld weg.
In Sportler investieren und bei steigendem Marktwert Gewinne einstreichen: das ist keine neue Idee. Schon 1990 steckten 15 Investoren insgesamt 750.000 Mark in die Tennisausbildung von Tommy und Sabine Haas. Als Tommy Haas später die Tenniswelt eroberte, strichen sie einen guten Teil der Einnahmen ein - so war es im Vertrag festgehalten. Auch im Fußball greifen wohlhabende Mäzene klammen Vereinen gern bei Transfers unter die Arme – und sichern sich saftige Prozente, wenn der Wert des geförderten Spielers steigt.
Während solche Spekulationen bislang aber wohlhabenden Scheichs und Privatiers vorbehalten waren, soll nun jeder mitmachen dürfen. Das versprechen die neuen Online-Plattformen wie kickrs.net oder das israelische Fintech Football Fan Marketplace (FBFM). Wie beim klassischen Crowdfunding ist jeder Betrag willkommen. Für ein paar Euro können Fans so Fußballmanager spielen – mit ihrem eigenen, echten Geld. "Deine Fähigkeiten als Scout und Spieleragent sind gefragt", lockt kickrs.net die Kleinanleger auf seiner Internetseite an.
Luca Stefanutti ist einer der 516 Kleinanleger, die in Kynigopoulos investiert haben. Er las zufällig von der neuen Plattform als er über Crowdfunding recherchierte. „Ich bin Fußballfan und das ist eine ziemlich einzigartige Idee“, sagt er. Weil Stefanutti selbst eine Zeit lang in Belgien lebte und Sint-Truidense V.V. kennt, investierte der Italiener 50 Euro in das Projekt. Seitdem informiert er sich regelmäßig, wie es um seinen Schützling steht. „Ich bin ziemlich gespannt, wie das Experiment ausgeht“, sagt er.
In den USA investieren die Fans längst in NFL-Spieler
In den USA läuft ein ähnliches Experiment schon länger. Dort investieren Fans und Investoren über die Plattform Fantex in die Footballstars der NFL. Arian Foster, damals Running Back bei den Houston Texas, war 2013 der erste Spieler, der so an die Börse ging. Die Anleger investierten dabei streng genommen nicht in Foster selbst, sondern kauften sogenannte "Tracking Zertifikate", die Fosters künftige Einnahmen abbilden sollen. Fantex sicherte Foster dafür einmalig zehn Millionen Dollar zu, die das Startup von den Anlegern einsammelte. Im Gegenzug muss Foster 20 Prozent seiner Einnahmen an Fantex abtreten. Diese Einnahmen will Fantex - so die Theorie - an die Anleger weitergeben. Handeln können die Anleger diese Papiere bislang jedoch nicht über die Börse, sondern nur über eine eigene Fantex-Plattform.
Finanzexperten warnen vor unkalkulierbaren Risiken in dem schwer durchschaubaren Fantex-Konstrukt. Wenn ein Spieler keine Leistung mehr bringt, können seine Einnahmen und damit der Wert der Papiere auf ihn schnell dahin sein. Genauso wichtig wie die Form des Spielers ist auch die von Fantex selbst. Geht das Startup pleite, verlieren auch die Tracking-Zertifikate einen Großteil ihres Wertes. Viele Fans und Spekulanten legten ihr Geld trotzdem an. Mittlerweile können sie bei Fantex zwischen zehn Spielern auswählen. Bald soll ein Fonds folgen, der die Entwicklung verschiedener Sportler abbildet. Handelsplatz dafür soll nicht mehr die Fantex-Plattform sein, sondern die amerikanische Börse Nasdaq.
Von Börsengängen sind die Fußball-Plattformen kickrs.net und FBFM noch weit entfernt. Über kickrs.net haben Kleinanleger bislang nur Panagiotis Kynigopoulos finanziert. Beim israelischen Startup FBFM sind noch gar keine Spieler im Angebot. Daniel Hildebrand, einer der kickrs.net-Gründer, kündigt aber bereits neue Kampagnen an: „Die stehen vor der Tür.“ Eine für den vergangenen Winter geplante Crowd-Finanzierung der Nachwuchsförderung RW Essens verschoben die Projektpartner aber im letzten Moment. Grund dafür seinen aktuelle Entwicklungen im Verein gewesen, sagte Hildebrand. Rot-Weiss Essen trennt momentan nur ein Punkt von einem Abstiegsplatz in der Regionalliga West. Zuletzt fielen die Fans des Vereines wegen Randalen auf.