Geldanlage in Krisenzeiten "Bei Aktien bleiben Kapitalströme unberechenbar"

Die Griechenland-Krise, Chinas Wachstumsschwäche und politische Konflikte verhindern eine klare Richtung an der Börse. Jörg Schubert vom Anleihemanager Bantleon erklärt, wie Profi-Investoren damit umgehen.

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Quelle: dpa Picture-Alliance

WirtschaftsWoche online: Staatsanleihen verlieren, die Zinsen bei Anleihen sind gestiegen, die Anleihekurse somit auf dem Rückzug und Aktien fahren Achterbahn. Wie sehen Sie als Berater institutioneller Investoren die Märkte zurzeit?

Jörg Schubert: Es ist erstaunlich, wie viel Spekulation im Markt ist. Die Angst ist riesig, entweder bei einer anstehenden Konjunkturerholung etwas zu verpassen oder zu riskant anzulegen und kalt erwischt zu werden.

Woher rührt die Angst?

Nach den vielen Umschichtungen aufgrund des Niedrigzinsniveaus stecken die Investoren in Anlagen, in die sie aufgrund ihrer Risikotragfähigkeit nicht zwangsläufig reingehören - einfach weil sie investiert sein müssen. Sobald sich Risiken zuspitzen, greifen dann Sicherungsmechanismen und sie gehen raus. Umgekehrt, wenn der Markt sich wieder stabilisiert, gehen die Investoren wieder rein, weil das im Moment die einzige Chance ist, um Erträge zu generieren. Alle versuchen nur, den Fuß im Markt zu halten und trotzdem nicht kalt erwischt zu werden. Daher kommt die derzeitige Nervosität der Märkte.

Zur Person

Sind institutionelle Investoren jetzt zum Zocken verurteilt, also zum Trading mit sehr kurzfristigen Käufen und Verkäufen für den schnellen Gewinn?

Es geht nicht um Trading im Sinne schneller Kursgewinne. Man versucht sich mit einer Vermögensverteilung durchzuhangeln, die gemessen an den gegebenen Risikobudgets relativ aggressiv ist. Es geht nicht um die paar Marktteilnehmer, die zu den Zockernaturen gehören. Ich rede eher von Investoren, die konventioneller unterwegs sind und ihre Liquidität unterbringen müssen. Da gibt es viele Fonds und Vermögensverwalter, die ihre Regularien ausgereizt haben, um Erträge zu erzielen. Ich sehe das nicht als Trading, sondern als die sensible Aussteuerung von Risiken. Das bekommen wir an den Märkten zu spüren.

Jörg Schubert Quelle: Presse

Welche Strategie verfolgen Profi-Anleger in so einem Umfeld?

Die Weltkonjunktur spricht dafür, in risikoreicheren Anlageklassen investiert zu sein. Die ganze Welt erholt sich. Die Aktienmärkte weltweit und der Dax insbesondere müssen nach oben. Aber temporär auftretende Unruheherde wie zum Beispiel die Griechenlandkrise oder die Aktienmarktturbulenzen in China zwingen einen jetzt, phasenweise den Markt zu verlassen. Jeder versucht – wie wir auch – den Kompromiss hinzukriegen: Raus zu gehen, wenn es schwierig wird, und wieder drin zu sein, wenn die Märkte laufen.

Worauf konzentrieren Sie sich? Den Anleihenmarkt, Aktien oder auf die Suche nach Alternativen?

Die Anleihenmärkte sind als sicherer Hafen gut. Die Erholung der weltweiten Konjunktur spricht aber für einen moderaten Zinsanstieg. Zwar nicht auf das Niveau der guten alten Zeiten mit Zinscoupons von drei oder vier Prozent. Ein Zinsanstieg auf über ein Prozent ist aber für zehnjährige Bundesanleihen realistisch. Das Ausmass des Zinsanstiegs ist damit begrenzt. Trotzdem hält sich Begeisterung für Anleiheninvestments in Grenzen. Wenn Anleiheinvestments zurzeit noch stattfinden, dann als Risikoausgleich zu Aktien im Portfolio. Vor allem Aktien sind in diesen Tagen die bevorzugte Asset-Klasse.

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Haben wir bei Anleihen nach dem Kursrutsch nicht eine klassische Gelegenheit für den Einstieg?

Aus unserer Sicht ja – zumindest perspektivisch. Der Zinsanstieg  - und damit verbunden der Kursrutsch – fand relativ spät statt und hätte aus unserer Sicht wegen der Konjunkturerholung schon früher stattfinden müssen. Die Ankündigung der EZB-Anleihekäufe hat jedoch temporär zu Verzerrungen und einer Entkoppelung von der Konjunkturentwicklung geführt.

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