Geldanlage in Krisenzeiten "Bei Aktien bleiben Kapitalströme unberechenbar"

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Maßnahmen der Risikobegrenzung

Jetzt ist wieder alles im Lot? Der Zins der zehnjährigen Bundesanleihe liegt nur bei 0,60 Prozent.

Die Renditen sind dahin gestiegen, wo sie auch hin müssen – theoretisch können sie sogar noch ein Stück höher klettern. Insofern rückt der Zeitpunkt für den Wiedereinstieg näher. Wir sagen unseren Kunden, den ersten Schritt in den Markt zu machen, bedeute noch lange nicht, dass man alles investieren muss. Im institutionellen Markt gibt es eine 20-20-Regelung, also für 0,20 Prozentpunkte mehr Anleiherendite jeweils zwanzig Prozent der geplanten Liquidität zu investieren. Dann bin ich von der aktuellen Basis aus nach einem Renditeanstieg um ein Prozent auch vollständig investiert. Das ist mental manchmal nicht ganz einfach umzusetzen, aber besser, als den Einstiegszeitpunkt zu verpassen.

Die lukrativsten Märkte der letzten 20 Jahre
Platz 18: JapanDie Sutor Bank hat die 18 wichtigsten Aktienmärkte der Welt im Zeitraum von 20 Jahren untersucht, um herauszufinden, welcher Markt die stärkste Performance hatte. In der Auswertung der Hamburger Privatbank kommt Japan auf den letzten Platz. „Das war durchaus erwartbar“, kommentierte Lutz Neumann, Leiter der Vermögensberatung der Sutor Bank, das schlechte Abschneiden Japans. Auf den anderen Plätzen fanden sich allerdings ein paar Überraschungen.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): 0,19 Prozent pro Jahr Quelle: dpa
Platz 17: ÖsterreichZiemlich oft bergab ging es auch für Anleger am österreichischen Aktienmarkt. Auf 20-Jahressicht schaffte der österreichische MSCI Austria Index immerhin doch noch ein Plus. Schlusslicht war Österreich unter anderem im Jahr 2014. Die Sanktionen gegen Russland belasteten österreichische Banken und Unternehmen, die stark in Russland engagiert sind.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): + 1,65 Prozent pro Jahr Quelle: dpa
Platz 16: ItalienDer MSCI Italy Index gehört im internationalen Vergleich der Sutor Bank ebenfalls zu den Schlusslichtern. Besonders schlecht lief es für den italienischen Aktienmarkt in den Jahren 2010 und 2011 als die europäische Schuldenkrise aufkam.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): + 3,99 Prozent pro Jahr Quelle: imago images
Platz 15: SingapurSingapur ist ein beliebter Finanzplatz und verfügt über eine beeindruckende Skyline. Besonders hoch hinaus kamen hier Anleger jedoch nicht. Der MSCI Singapore Index gehört zu den schwächsten innerhalb der vergangenen 20 Jahre.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): + 5,35 Prozent pro Jahr Quelle: imago images
Platz 14: BelgienIn der Gesamtwertung kommt Belgiens Aktienmarkt nur auf den vierzehnten Platz. Allerdings holte der MSCI Belgium Index in den vergangenen Jahren deutlich auf. 2014 schlug er alle anderen Indizes mit einem Plus von 37 Prozent.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): + 6,8 Prozent pro Jahr Quelle: imago images
Platz 13: FrankreichDer Aktienmarkt der zweitgrößten europäischen Volkswirtschaft schaffte es innerhalb der letzten zwanzig Jahr nicht unter die Top 10 (im Schnitt). Besonders schlecht lief es in den Jahren 2001 (- 18 Prozent) und 2002 (- 33 Prozent). Lutz Neumann von der Sutor Bank betont, dass die Entwicklung eher zufällig erfolgt. Eine belastbare, seriöse Vorhersage sei unmöglich, erklärt die Privatbank.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): + 7,15 Prozent pro Jahr Quelle: imago images
Platz 12: NorwegenDer norwegische Aktienmarkt erlebte einen legendären Boom im Jahr 2009: Der MSCI Norway Index stieg um sagenhafte 81 Prozent. 2014 gehörte er allerdings zu den schwächsten Märkten, mit einem Minus von elf Prozent.Durchschnittliche Performance (20 Jahre): 7,31 Prozent pro Jahr Quelle: Imago

Ist diese Strategie, in Schritten vorzugehen, die übliche Vorgehensweise?

Ja – und das auch zu Recht. Ich bezweifle, dass das Gros der Investoren in die Anleihenmärkte hineinspringt. Da ist die Angst viel zu groß, dass die Kursverluste noch viel weiter gehen könnte. Gerade nach dem starken Renditeanstieg von Mitte April bis Juni war die Zurückhaltung enorm. Der Mensch agiert aufgrund seiner Psyche recht zyklisch. In so ein fallendes Messer reinzugreifen, fällt den Investoren schwer. Für sich wartet jeder Investor darauf, dass der Markt seinen zyklischen Wendepunkt hinter sich lässt. Das halte ich für eine relativ schwierige Strategie. Die Zinsen werden nicht ins Unendliche steigen, nicht mit einer Notenbank, die per se noch über eine gewisse Zeit die Zinsen niedrig halten wird.

Womit rechnen Sie also bei Anleihen?

Mittelfristig folgen die Staatsanleihen dem konjunkturellen Trend und der ist aufwärts gerichtet. Vor diesem Hintergrund können wir uns für deutsche Bundesanleihen einen moderaten Renditeanstieg auf 1,00 bis 1,25 Prozent vorstellen. Dann aber wäre der zyklische Höhepunkt schon wieder erreicht.

Was Investoren für die lukrativste Geldanlage halten

Und womit rechnen Sie am Aktienmarkt?

Auf der Aktienseite sehe ich das umgekehrte Szenario. Die Aktienmärkte sollten von der konjunkturellen Erholung profitieren – in Europa sogar noch stärker als in Übersee. Damit wäre für Dax und EuroStoxx der Weg frei für eine rasante Kursrally in diesem Jahr.

In dem Maß, wie die Sorgen um Griechenland nach der Einigung geschwunden sind, scheinen sie aber in Bezug auf Chinas Wirtschaft, die global viel bedeutsamer ist, zuzunehmen. Würgt China den Aktienboom in Europa gerade ab?

Davon gehen wir nicht aus. Wir sehen im jüngsten Aktienmarkteinbruch in China eine notwendige Korrektur, die zum Abbau von Übertreibungen beiträgt. Die negativen Folgen für die Realwirtschaft dürften sich in Grenzen halten. Ebenso sehen wir kaum Ansteckungsgefahren für die internationalen Finanzmärkte. Wir erwarten vielmehr eine zyklische Wiederbelebung der chinesischen Konjunktur im zweiten Halbjahr.

Die starken Schwankungen am Aktienmarkt machen es Anlegern schwer, eine Richtung auszumachen. Was können Sie Ihnen raten?

Was im Aktienmarkt jetzt passiert, ist das Ergebnis einer Risikostreuung: Die Korrekturen sind eher technischer Natur und sind nicht durch fundamentale Wirtschaftsdaten begründet. Insofern sind die korrigierten Aktienmärkte im Moment eher auf einem Einstiegsniveau. Wir empfehlen unseren Kunden, eine Stabilisierung in China zu nutzen, um in den nächsten Wochen wieder konsequent die Aktienpositionen aufzubauen.

Welche Vermögensaufteilung verfolgen Sie derzeit?

Dort, wo wir es uns aussuchen und Aktien sowie Anleihen frei gewichten können, sind wir faktisch wie ein Anleihefonds mit kurzen Restlaufzeiten investiert. Wir haben die Aktienbestände verkauft und ein Zinsänderungsrisiko von etwa zwei Jahren. Die Gründe dafür waren aber unterschiedlich. Wir glauben einfach nicht, dass der Renditeanstieg schon zu Ende ist. Deshalb haben wir die Anleihebestände weitgehend über Zins-Futures abgesichert. Bei steigenden Renditen fangen wir wieder an, die Absicherungen aufzulösen und die Laufzeiten sukzessive zu erhöhen, ohne auf die letzte Renditestelle nach dem Komma zu warten. Dass wir in Aktien derzeit nicht investiert sind, steht im Widerspruch zu unserer mittelfristigen konjunkturellen Meinung. Es ist einzig und allein eine Maßnahme der Risikobegrenzung.

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