Peter Mattil ist auf Derivate weniger gut zu sprechen. In den mehr als 20 Jahren, in denen er sich mit diesem Thema beschäftigt, hat er zu viele Menschen kennengelernt, die damit viel Geld verloren haben. Mattil ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in München und einer der aktivsten Anlegerschützer des Landes, auch als Sachverständiger im Finanzausschuss des Bundestags.
Mandanten, die Probleme mit Derivaten haben, hat Mattil reichlich. Vor einigen Wochen kam ein Landwirt aus Niederbayern zu ihm ins Büro am Thierschplatz in München. Auf einem Seminar zum Thema „gesunde Lebensmittel“ war dem Landwirt auch das Geschäft mit Differenzkontrakten (CFDs) schmackhaft gemacht worden – ganz nach dem Motto: Zur allgemeinen Gesundheit gehöre auch die finanzielle Gesundheit.
CFDs sind hochspekulative Finanzinstrumente, mit denen sich binnen weniger Tage der Einsatz vervielfachen lässt – wenn die Spekulation aufgeht. Das aber war bei dem niederbayrischen Landwirt, der dachte, von Weizen etwas zu verstehen und damit spekulierte, eben nicht der Fall. Innerhalb kürzester Zeit schmolz sein Einsatz von 20.000 Euro dahin. Er musste Geld nachschießen, am Ende stand ein Verlust von 150.000 Euro.
„Dem Landwirt ging es wie vielen anderen, die sich an solche derivativen Geschäfte wagen: Sie verstehen die Gefahr der Nachschusspflicht nicht und wissen letztlich nicht, auf was sie sich da einlassen“, warnt Mattil. Eine Nachschusspflicht kann entstehen, wenn eine Spekulation mit Differenzkontrakten daneben geht: Wenn der Weizenpreis etwa nicht wie erwartet steigt, sondern fällt und der Spekulant – in der verzweifelten Hoffnung, dass es doch noch zu einem Preisanstieg kommt – immer tiefer in die roten Zahlen gerät.
Nachdem in Deutschland in den vergangenen Jahren zahlreiche Anleger mit solchen Produkten hohe Verluste erlitten haben, verbietet die Aufsichtsbehörde BaFin von August an Differenzkontrakte, die eine Nachschusspflicht vorsehen. CFDs ohne Nachschusspflicht bleiben aber erlaubt. Bei ihnen kann, wie bei Optionsscheinen oder Hebelzertifikaten, maximal der Einsatz verloren gehen.
Derivate-ABC für Einsteiger
Die Kursschwelle, ab der ein Derivat einen rechnerischen Wert bekommt. Bei einem Aktienkurs von 50 Euro etwa hat ein Derivat mit 40er-Basispreis einen Wert von 10 Euro.
Aktie, Index, Währung oder Rohstoff, auf die es Derivate gibt. Lebhaft gehandelte Basiswerte sind Dax, Gold, Rohöl, Bund-Future, Dollar und große Aktien wie SAP und Apple.
Wie viele Derivate sich jeweils einmal auf den Basiswert beziehen. Bei einem Aktienkurs von 80 Euro und einem Zertifikatekurs von 0,80 Euro beispielsweise besteht ein Bezugsverhältnis von 100 zu 1 (oder 0,01).
Abgeleitetes, künstliches Finanzinstrument, das sich auf Aktien, Währungen, Indizes oder Rohstoffe bezieht. Wichtigste Gruppen: Zertifikate, Optionen und Optionsscheine.
Hochriskantes Finanzvehikel für Wetten auf steigende oder fallende Kurse bei Aktien, Indizes oder Währungen. Verluste aus Fehlspekulationen konnten bisher den anfänglichen Einsatz weit übersteigen. Von August an gesetzlich nur noch in gezähmter Version ohne Nachschusspflicht zugelassen.
Anlagepapier, das den Aktienkauf verbilligt, dafür im Gegenzug die Kursgewinne begrenzt. Wird berechnet aus dem Kurs der Basisaktie minus dem Wert einer Kaufoption. Besonders geeignet in Seitwärtsphasen an der Börse. Macht für Privatanleger sogenannte Stillhaltergeschäfte möglich.
An der Börse gehandelter Indexfond, der genauso läuft wie zum Beispiel der Dax (Dax-ETF). Bei einem Short-ETF wird die tägliche Wertentwicklung des Index umgekehrt.
Gibt an, um welchen Faktor Derivate stärker steigen oder fallen als ihr Basiswert. Steigt ein Derivat um 50 Prozent, während die Aktie nur um 10 Prozent zulegt, dann ist der Hebel fünf.
Riskantes Spekulationsinstrument, um auf steigende (long) oder fallende Kurse (short) zu wetten. Sinkt der Basiswert (Aktie, Index) unter die Knockout-Schwelle, kommt es zum Totalverlust.
Spekulatives Finanzinstrument, das eine Wette auf steigende (Call, Kaufoption) oder fallende Kurse (Put, Verkaufsoption) ermöglicht. Besonders günstig in ruhigen Börsenzeite, teuer in hektischen Marktphasen. Handel hierzulande über die Terminbörse Eurex.
Verbriefte Option, die wie ein Wertpapier zu handeln ist. Handel ist über die Börsen und direkt zwischen Hausbank und Derivate-Emissionsbank möglich.
Optionsscheine und Zertifikate, die vor allem von Privatanlegern gehandelt werden.
Verkauf von Optionen auf eigene Aktien; regelmäßige Einnahmequelle professioneller Investoren.