Geldanlage Wann Sie eine Aktie verkaufen sollten

An der Börse kreisen die Gedanken der Investoren meist darum, welche Aktien man kaufen soll. Doch mindestens genauso wichtig ist es, den richtigen Ausstiegszeitpunkt zu finden.

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Der comdirect Spar- und Anlageindex ist im September den sechsten Monat in Folge gesunken Quelle: dpa
Schon etwas beliebter als die Aktien ist das Festgeld. Immerhin 19 Prozent der Geldanlagen fallen in diesen Bereich. Quelle: dpa
Fonds befinden sich mit dem Festgeld gleichauf Quelle: gms
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Die Lebensversicherung schafft es in diesem Ranking auf den sechsten Platz Quelle: dpa
Im Mittelfeld dieses Rankings findet sich der Bausparvertrag. Quelle: dpa
Nur ein Prozent vor dem Bausparvertrag liegt das Bargeld. Quelle: dpa

Manche Anlagestrategen kaufen unterbewertete Aktien und warten, bis der Markt deren Potenzial erkennt. Andere kaufen genau die Aktien, in die auch Warren Buffett investiert. Und wieder andere setzen auf jene Unternehmen, deren Produkte ihnen gefallen. Die Palette der Börsenratschläge reicht von hilflosen bis hilfreichen Tipps. Was dabei jedoch permanent untergeht, ist die andere Seite der Medaille: der Verkauf.

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Denn wenn Sie fortwährend kaufen und Aktien sammeln wie Briefmarken, kann das Ergebnis zwar eine Zeit lang hervorragend aussehen. Doch schlussendlich verlieren Sie den Überblick über die Artefakte in Ihrem Sammelalbum. Gerade Anlagestrategen, die auf Fundamentalanalysen setzen, empfehlen oft die immer gleichen Käufe (zur Abwechslung mal wieder Coca-Cola oder Nestlé) und bleiben Ihnen Zeit Ihres Lebens die Angabe schuldig, wann Sie am besten verkaufen.

Kein Wunder. Der Blick auf betriebswirtschaftliche Kennzahlen reicht nämlich nicht, um den richtigen Zeitpunkt für den Verkauf zu bestimmen. Vielleicht tun sich viele Anleger deshalb mit dem Ausstieg schwer – insbesondere wenn die Kurse scheinbar unaufhaltsam neue Rekorde erreichen. Zu groß ist dann die Sorge, einen weiteren Kursanstieg zu verpassen.

Wann ist also ein guter Zeitpunkt erreicht, seine Aktien zu verkaufen?

Auf diese Frage pflegte der Großinvestor und Milliardär Warren Buffett zu antworten: „Nie.“ Ein „nie“, das viele Laien-Anleger gerne als Argument für eine Daueranlage aufgreifen. Doch ich kann Ihnen versichern: Auch der zweitreichste Mann der Welt kommt nicht umhin, sich immer mal wieder von Aktien zu trennen. Schon um Geld freizumachen für eine noch aussichtsreichere Aktie.

Das sind die größten Anlegerfehler
Privatanleger machen vermeidbare Fehler Quelle: REUTERS
Mangelnde Streuung Quelle: REUTERS
Fehler 1: Mangelnde Streuung Quelle: AP
Fehler 1: Mangelnde Streuung - Gegenmittel Quelle: dpa
Fehler 2: Aktien-Picken - Befund Quelle: dpa
Fehler 2: Aktien-Picken - Folgen Quelle: dpa
Fehler 2: Aktien-Picken - Gegenmittel Quelle: dpa

Eine ganze Reihe von Indikatoren steht zur Verfügung, um den passenden Ausstiegszeitpunkt zu bestimmen. Branchenanalysen könnten theoretisch hilfreich sein. Sie fassen die Lage in einer Branche zusammen, im Idealfall mit viel Marktkenntnis geschrieben. Doch viele Anleger halten von den Analystenberichten wenig. Der ehemalige Chef von Salomon Brothers, John H. Gutfreund, hat diesbezüglich sogar einmal eingeräumt, dass Finanzanalysen eine Art teure Werbung seien. Fakt ist: Branchenanalysen lassen den nötigen Gesamtüberblick über die Börsen vermissen, obwohl gerade der wichtig ist. Trübt sich die Börsenstimmung ein, erfasst diese Entwicklung die meisten Aktien. Wer das vernachlässigt, wird dafür teuer bezahlen. Deshalb können Branchenanalysen bei der Entscheidung für oder gegen den Verkauf einer Aktie kaum helfen.

Auch die Geschäftsdaten eines Unternehmens helfen nur begrenzt. Erinnern Sie sich nur an die T-Aktie. Deren Kurs hatte sich nach dem Börsengang innerhalb von nur drei Jahren, bis Ende 1999, von 17 auf 71 Euro vervierfacht, obgleich der Gewinn der Telekom in derselben Zeit nur um 45 Prozent und der Umsatz um rund 5 Prozent zulegten. Diese Entwicklung hätte Anleger vielleicht noch misstrauisch machen können. Zu Recht: Es folgte der harte Fall der Aktie. Doch danach halfen die Unternehmenszahlen weniger. Umsatz und Gewinn lagen Ende 2016 doppelt so hoch wie 1999. Trotzdem notierte die T-Aktie bei lediglich 16 Euro.

Um dieses Problem zu umgehen, werden Geschäftsdaten und Aktienkurs ins Verhältnis gesetzt. Der Fantasie sind dabei kaum Grenzen gesetzt: Kurs-Gewinn-Verhältnis, Kurs-Cash-Flow-Verhältnis, ... Die Bandbreite ist groß.

Am sichersten fahren Sie, wenn Sie das Kurs-Umsatz-Verhältnis eines Unternehmens betrachten. Denn Jahresabschlüsse werden international unterschiedlich berechnet und Gewinnzahlen können geschönt werden. Der Umsatz hingegen bietet Ihnen einen soliden Anhalt darüber, ob die Aktie eines Unternehmens im Vergleich zum Wettbewerber teuer oder günstig ist.

Je niedriger der Wert des Kurs-Umsatz-Verhältnisses, desto besser. Liegt es zum Beispiel weit über dem Branchendurchschnitt, ist Vorsicht geboten. Hier kann ein Verkauf sinnvoll sein.

Ein wenig Hilfe ist durchaus erlaubt

Das Problem ist nur: Wie der Aktienkurs selbst können auch solche Kennzahlen längere Zeit weit über oder unter einem fairen Wert liegen. Und so bleibt es auch mit der größten Sammlung von Fundamentaldaten schwierig einzuschätzen, in welche Richtung eine Aktie sich entwickelt.

Liegt der aktuelle Kurs zudem noch unter dem Einstandspreis, fällt der Verkauf besonders schwer. Jetzt die Reißleine zu ziehen, hieße ja, sich eine Fehlentscheidung einzugestehen. Also lieber auf ein besseres Ende warten und darauf zu setzen, dass bald die Wende kommt?

Diese unter Anlegern weit verbreitete Hoffnung auf die langersehnte Besserung wird oft enttäuscht.

Beispiel Commerzbank: Während der Finanzkrise verlor die Aktie kontinuierlich, vom Höchstkurs innerhalb von fünf Jahren 95 Prozent ihres Wertes. Im Dezember 2012 notierte sie bei rund 11 Euro. Wer als Anleger so lange durchgehalten hatte, der entschied sich wohl kaum jetzt noch für einen Verkauf. Vielleicht kaufte er sogar nach, um seinen Einstiegspreis zu senken. Doch was folgte, waren weitere Verluste. Bis August 2016 halbierte sich der Kurs nochmal und erreichte bei 5,22 Euro sein vorläufiges Allzeittief.

Meine Empfehlung: Blicken Sie auf den Kursverlauf und stemmen Sie sich beim Verkauf Ihrer Aktien niemals gegen einen Abwärtstrend. Es ist meistens günstiger, zu verkaufen, notfalls auch mit Verlust. Setzen Sie danach lieber auf aussichtsreichere Werte, als darauf zu hoffen, dass der Kurs einer tief gefallenen Aktie es irgendwann mal wieder in die Gewinnzone schafft.

Die Aktien-Dauerbrenner der letzten 10 Jahre

Im Idealfall wird die Verkaufsentscheidung nicht in einer Kursschwäche, sondern im laufenden Kursanstieg getroffen. Dann nutze ich folgende Punkte, um mich für oder gegen den Verkauf zu entscheiden:

  • Erreicht die Aktie immer wieder neue Höchstkurse? Nur Aktien, die regelmäßig und über Monate hinweg immer wieder neue Höchststände erreichen, halte ich weiter im Depot.

  • Wie verläuft der Branchentrend? Ein Unternehmen kann noch so gut performen – fallen die meisten Aktienkurse innerhalb einer Branche und über mehrere Quartale hinweg, so sollten Sie sich besser an diesem, globalen Branchentrend orientieren und Ihre Aktie verkaufen und zwar unabhängig von einer günstigen fundamentalen Bewertung.

  • Ist die Bewertung zu hoch? Selbst gut laufende Aktien können irgendwann einfach zu teuer werden. Dann steigt das Risiko von Kursrückschlägen. Deshalb folgt zum Schluss immer der Blick auf einige wenige Kennzahlen. Allen voran das Kurs-Umsatz-Verhältnis. Wenn dieses aus dem Ruder läuft, lohnt es sich, zumindest teilweise auszusteigen und bereits erzielte Gewinne mitzunehmen.

Die Aktien-Dauerbrenner der letzten 10 Jahre

Alle diese Faktoren zu überblicken, dürfte den meisten Privatanlegern als Kunststück erscheinen. Deshalb empfehle ich, es auch wie ein Meister anzugehen: Verschaffen Sie sich Erleichterung. Sie können weder alle Branchen, noch etliche Unternehmen und deren Kennzahlen im Detail überblicken. Glücklicherweise bietet der Markt dafür ausgeklügelte Modelle, die Sie bei Ihrer Aktienbeurteilung unterstützen. Finanzportale im Internet aber auch die Webseiten vieler Banken bieten die Möglichkeit, sich Musterdepots oder Listen anzulegen, mit denen sich die angesprochenen Kennzahlen und Kursdaten ausgewählter Aktien verfolgen lassen.

Ein wenig Hilfe ist also durchaus erlaubt. Die Zeiten, in denen Sie den optimalen Verkaufszeitpunkt ohne technische Unterstützung bestimmen mussten, sind glücklicherweise vorbei.

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