Und China?
China droht vom Treiber zum Risikofaktor für deutsche Aktien zu werden. Ich glaube zwar nicht an eine harte Landung, aber die US-Industrie ist weniger abhängig von China als die deutsche, für die China nach Frankreich und den USA bereits der drittwichtigste Markt ist. Das macht den Dax derzeit wesentlich riskanter als die großen US-Indizes, die viel Technologie, Pharma und starke Binnenwerte enthalten. Defensive, weltweit aktive Unternehmen haben wir in Deutschland kaum. Große Binnenwerte auch nicht.
Was droht in China?
Der Immobilienboom könnte ein abruptes Ende nehmen. Die Bautätigkeit nahm 2013 fast zwölf Prozent der Gesamtwirtschaftsleistung ein – viel zu viel und annähernd so hoch wie in Spanien oder Irland zu Zeiten der dortigen Immobilienblasen. In China kaufen viele Menschen Wohnungen, ohne sie je gesehen zu haben, nur, um sie mit möglichst viel Gewinn schnell wieder zu verkaufen, ein klares Blasensymptom. Erste Vorboten eines Crashs gibt es schon, etwa geringere Kreditvergabe und rückläufige Bautätigkeit.
Was hat die Immobilienblase in China mit dem Dax zu tun?
Viele Wohnungen in China stehen leer, da sie ja reine Spekulationsobjekte sind. Können diese nicht wie gedacht teurer verkauft werden, werden viele Spekulanten ihre Kredite nicht mehr bedienen. Die Banken und Schattenbanken, die viel finanziert haben, müssten sie abschreiben. Sie kämen selbst in Schieflage, die Kreditvergabe an die Industrie und Privatleute käme zum Erliegen – wie in der US-Subprimekrise eben. Das würde die Wirtschaft der gesamten Region in Mitleidenschaft ziehen und damit auch die deutschen Exporte. Die starke Abhängigkeit vom Export und von Asien kann also für den Dax zum Bumerang werden. Aber Asien macht mir noch aus anderen Gründen Sorge.
Aus welchen denn?
Ich spreche viel mit Managern asiatischer Unternehmen. Alle haben Angst vor China. Sie fürchten, dass China seinen Machtbereich und den Zugang zu Rohstoffen in der Region aggressiv ausweiten könnte.
Sie reden von Krieg?
Das ist in der Tat die Angst vieler, ja. Mit Vietnam gibt es Spannungen, mit Korea, auch mit Japan. Auch die Annäherung Chinas an Russland sehen viele mit Sorge. Die geopolitischen Risiken – auch die Ukraine-Krise ist ja alles andere als ausgestanden – und China sind die beiden großen Risiken für den Dax. Treten sie nicht ein, sollten Aktien in den kommenden Jahren besser laufen als andere Anlageformen; kommt es aber zur Eskalation der einen oder anderen Krise, würde speziell der deutsche Aktienmarkt leiden.
Wie sollen Anleger mit dieser Situation umgehen?
Um es klar zu sagen: Der beste Zeitpunkt, auf breiter Front in Aktien zu gehen, ist vorbei. Voll rein in Aktien muss man, wenn die Geldpolitik gelockert wird, die Zinsen gesenkt und die Konjunktur noch unten ist. Dann haben Aktien den größten Hebel. Wenn die Konjunktur bereits wieder brummt, ist das Beste gelaufen.