Geldprofi Felix Zulauf "Unendliches Leid über Europa"

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Deutschland in der Falle

Das sind die Schuldenkönige Europas
A general view of the old town of Tallinn, Estonia Quelle: AP
Speaker of the Parliament of Finland Eero Heinaluoma,president-elected Sauli Niinisto, president Tarja Halonen Quelle: dapd
LuxemburgDer kleinste Flächenstaat der Welt hat 2011 nur 0,6 Prozent des BIPs an neuen Schulden aufgenommen. In Euro macht das putzige 253 Millionen Euro. Genauso hoch wie Luxemburgs Neuverschuldung war das operative Ergebnis der VW-Tochter MAN im ersten Quartal 2012. Quelle: dpa
Ein Aufkleber mit der Aufschrift «Made in Germany» und dem EU Symbol klebt auf einem Solarkollektor Quelle: dpa
View of the new embassy of Malta in Berlin Quelle: AP
Blick auf das hell erleuchtete Riesenrad im Prater in Wien Quelle: dpa
Europäische Länder-Flaggen hängen schlaff vor dem Europäischen Parlament in Brüssel, Belgien Quelle: dpa

Die Target 2-Kredite der Bundesbank an das Eurosystem steigen monatlich um 50 bis 100 Milliarden Euro, insgesamt sind es aktuell 650 Milliarden Euro. Lässt sich dieser Trend noch stoppen?

Die Bürger in der Peripherie ahnen, dass ihre Länder möglicherweise bald aus dem Euro austreten werden. Um sich gegen kommende Abwertungen ihrer neuen Währung zu schützen, verschieben sie ihr Geld, möglichst zu einer Bank in Deutschland. Das machen nicht nur private Sparer, sondern auch Unternehmen. Das Kapital fließt von der Peripherie ins Zentrum. Also gibt es zu viel Kapital in Deutschland, weshalb es dort auch auf Spargelder und Anleihen kaum noch Zinsen gibt. In der Peripherie fehlt dagegen Kapital, weil die Banken laufend Einlagen verlieren. Die Banken in der Peripherie können weniger Kredite vergeben und auch nur noch beschränkt eigene Staatspapiere kaufen, selbst dann, wenn ihnen die EZB viel Geld gibt.

Und die Bundesbank türmt in ihrer Bilanz immer mehr Ansprüche gegen die Notenbanken der Peripherie an.

Es ist fatal. Die einzelnen Notenbanken können die Kapitalabflüsse in andere Länder durch unbegrenzte Geldschöpfung finanzieren, die dann im Falle von Zuflüssen nach Deutschland bei der Bundesbank als Ansprüche gegen das Eurosystem beziehungsweise jene nationalen Notenbanken in den Büchern stehen. Man kann das lösen, indem die Bundesbank oder die EZB den deutschen Banken sagen: Schickt das Geld wieder zurück! Aber dann wäre der Euro sofort erledigt.

Also sitzt Deutschland in der Falle?

Genau, die Bundesbank sitzt da und kann nichts tun. Sobald das System auseinander bricht, werden diese Forderungen ausfallen. Dann ist die Bundesbank pleite und muss durch den Staat, also durch Steuergelder, neu kapitalisiert werden.

Je länger der Euro also existiert, umso höher werden seine Beerdigungskosten?

So ist es. Wenn der Euro heute aufgespalten würde, kostete das Deutschland in etwa eine Billion Euro. Und mit der Zeit wird es immer mehr.

Der Run in deutsche Staatsanleihen geht trotzdem weiter. Der Renditeabsturz hat sich zuletzt beschleunigt. Eine Trendbeschleunigung kündigt oft eine Trendwende an. Werden die Zinsen in Deutschland bald nach oben drehen?

Diese Trendbeschleunigung spiegelt die Kapitalflucht aus der Peripherie ins Zentrum. So lange der Euro in der heutigen Form am Leben erhalten wird, bleiben die Zinsen in Deutschland tief oder gehen noch tiefer, weil das Geld weiter nach Deutschland drängt und für ein Überangebot an Kapital sorgt. Kapitalflucht und die Zinspolitik der EZB verzerren die Zinsen nach unten.

Der Euro überlebt, weil Deutschland Rettungsschirme finanziert und die anderen Notenbanken alimentiert. Langfristig gefährdet dies Deutschlands Zahlungsfähigkeit.

Tatsächlich zahlt erst einmal die EZB…

…an der die Bundesbank aber den gewichtigsten Kapitalanteil hält.

Deshalb wäre es das Beste, Deutschland würde aus der Euro-Zone austreten. Dann hätten wir nicht mehr diese großen Spannungen, die durch die große Differenz in der Wettbewerbsfähigkeit zwischen Deutschland und dem Rest entstanden sind. Diese Spannungen ließen sich mit unterschiedlichen Währungen viel besser auffangen. Aber Deutschland kann aus historischen Gründen nicht austreten. Deshalb bleibt Deutschland dabei und andere werden gehen.

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