Geldprofi Felix Zulauf "Unendliches Leid über Europa"

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Unwissende Bevölkerung

Wie viel der Euro wirklich wert ist
Euro oder Gold
Der Euro im Währungsmix...
...und gegenüber dem DollarGemessen an der US-Währung hatte der Euro einen schwachen Start – dann stieg er kräftig an und erreichte im April 2008 mit fast 1,60 Dollar seinen höchsten Wert. Doch mit Ausbruch der Finanzkrise sackte er ab.
Bislang kein Teuro
Schwellenländer holen aufDie Währungen der BRIC-Länder (Brasilien, Russland, Indien, China) gewinnen an Bedeutung. Der Euro wertete seit Ausbruch der Krise gegenüber diesen Währungen ab (Index 2000 = 100; Quelle: Thomson Reuters).

Die im Gouverneursrat des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) versammelten Finanzminister der Euro-Zone könnten am Parlament vorbei jederzeit in die deutsche Haushaltskasse greifen. Wird der Bundestag gegen den ESM aufbegehren?

Nein, das glaube ich nicht. Die SPD ist ja auch völlig verblendet. Sie versteht die Situation überhaupt nicht und trägt auch nur den Euro als Dogma vor sich her. Und wenn Frau Merkel ihre Partei direkt neben der SPD positioniert, fehlt natürlich die Opposition im Bundestag. Die FDP hat einige Personen, die das bringen könnten. Doch das ist noch eine sehr junge Mannschaft. Die haben nicht dieses Gewicht. Das ist schade und nicht ganz ungefährlich. Ich gehe davon aus, dass der ESM im Bundestag durchkommt.

Sind Sie auch so sicher wie Bundespräsident Joachim Gauck, dass der ESM auch vor dem Bundesverfassungsgereicht besteht?

Vielleicht bemängelt das Verfassungsgericht den ESM, wenn Klagen eingingen. Grundsätzlich ist es aber doch so, dass heutzutage das Top-Management der Großindustrie, die hohe Politik und die hohe Justiz eng miteinander verbandelt sind. Man wird sich arrangieren. Da wird nicht mehr sehr demokratisch entschieden. Wir nennen uns zwar Demokratie, aber die Demokratie ist in den meisten Industrieländern im Niedergang. Und der Stimmbürger spürt, dass an seinen Interessen vorbei regiert wird.

Gauck sagt, die Rettungsschirme würden von der deutschen Bevölkerung akzeptiert.

Der Großteil der Bevölkerung weiß überhaupt nicht, worum es geht. Möglicherweise versteht auch der Bundespräsident die ganze Komplexität und die Folgen daraus nicht.

Sollte man die Bevölkerung in dieser Frage nicht direkt abstimmen lassen, wie es in der Schweiz üblich wäre?

Dann kämen die Fakten ans Licht, aber das will die Politik nicht. Die Politik geht davon aus, dass der Euro ein Integrationsprojekt ist. So wird das auch der Bevölkerung immer wieder verkauft. Sicher: Es sind jetzt über sechs Jahrzehnte ohne Krieg ins Land gegangen, das haben wir der europäischen Integration zu verdanken. Aber die europäische Integration ist nicht auf den Euro angewiesen.

Der Euro ist kein Integrationsprojekt, sondern er spaltet Europa. Ursprünglich wurde die Idee verfolgt, mit der gemeinsamen Währung die Währungsschwankungen im europäischen Wirtschaftsraum auszuschalten. Aber wegen der unterschiedlichen Wettbewerbsfähigkeit haben wir jetzt dafür harte Ausschläge in der Realwirtschaft. Wenn Sie Spanier, Griechen, Italiener und Portugiesen fragen, werden die sehr bald zu dem Schluss kommen, dass es besser war, als die Wechselkurse noch schwankten und sich die Konjunktur einigermaßen geordnet und zuverlässig entwickelte.

Der Euro wurde den Bürgern verkauft mit dem Argument, dass sie im Ausland nicht ständig Geld wechseln müssten.

Ich fand das nicht schlimm. Natürlich wäre es schön, wenn man eine einheitliche Währung hätte, die funktionieren würde. Aber der Euro war eben ein Projekt zum falschen Zeitpunkt, weil die dafür notwendigen realwirtschaftlichen Voraussetzungen fehlten. Die Bundesbank lag damals absolut richtig. Sie hatte gesagt, dass sich die europäischen Volkswirtschaften zunächst über zwei bis drei Jahrzehnte einander annähern müssten. Dieser Prozess wäre dann am Ende durch die Währungsunion gekrönt worden.

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