„Gute Nachrichten sind gut für Aktien, und schlechte Nachrichten sind gut für Aktien.“ Treffender als Goldman Sachs kann man die aktuell herrschende Sorglosigkeit unter den fest an die Allmacht der Notenbanken ( und damit dem Ende freier Märkte!) glaubenden Aktieninvestoren kaum beschreiben, trieben doch zuletzt gerade negative Konjunkturdaten - in der Hoffnung auf noch mehr kostenlose Notenbank-Liquidität - sowohl den Dow Jones als auch den Dax auf neue Höchststände.
Dass die Notenbanken inzwischen das Geschehen an den Aktienmärkten fast vollständig dominieren, bewiesen einmal mehr die Kurskapriolen während der jüngsten Anhörung des „quantitative … eternity“-Notenbankers Ben Bernanke vor dem US-Kongress. Erst löste seine Warnung vor den Gefahren eines zu frühen Ausstiegs aus dem aktuellen Anleihekaufprogramm der Fed angesichts der noch immer zu schwachen US-Konjunktur umgehend eine Aktienrallye aus, die nur etwas später mit seiner Andeutung, unter bestimmten Bedingungen eine Begrenzung der kostenlosen Liquidität beschließen zu können, in einem Abverkauf mündete.
Fragen und Antworten zum EZB-Zinsentscheid
Weil der Leitzins auf seinem bisherigen Rekordtief von 0,75 Prozent nicht genügend Durchschlagskraft hatte: Der Euroraum steckt weiterhin tief in der Rezession. Zwar ist umstritten, ob der niedrigere Zins die Konjunktur spürbar antreiben kann. Aber die Notenbank signalisiere mit dem Schritt, dass sie „den Ernst der Lage erkannt habe“, sagte Michael Krautzberger, Leiter des Teams für europäische Anleihen bei Blackrock. Aus Sicht von Helaba-Ökonom Ulf Krauss sind die Vorteile einer Zinssenkung eher psychologischer Natur: „Vielleicht reicht ja ein kleiner Flügelschlag der Geldpolitik aus, um der zuletzt gedrückten Stimmung bei den Unternehmen den entscheidenden Anschub zu geben, wird sich der eine oder andere Notenbanker denken“, schrieb Krauss vor der EZB-Sitzung.
Niedrige Zinsen verbilligen tendenziell Kredite. Unternehmen können dann im Prinzip mehr investieren und Verbraucher mehr kaufen, was nicht sofort aus eigener Tasche bezahlbar ist. Beides kann die Konjunktur ankurbeln. Solche Wachstumsimpulse sind aktuell vor allem in den Krisenstaaten im Süden Europas gefragt: Griechenland, Italien, Portugal, Spanien - sie alle ächzen unter harten Reformen, rigiden Sparauflagen und hoher Arbeitslosigkeit. Aber auch in Deutschland profitieren zumindest einige vom billigen Zentralbankgeld: Darlehen für Hausbauer und Wohnungskäufer sind derzeit extrem günstig.
In der Tendenz ja. Die Wirtschaft in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren deutlich besser entwickelt als im Euroraum. Auch der Arbeitsmarkt steht gut da, das macht hohe Tarifabschlüsse wahrscheinlicher. Daher kann billiges Geld hierzulande schneller die Inflation anheizen als in Spanien, Zypern oder Griechenland. Doch im Moment ist das nicht in Sicht. Kommt es zum Preisauftrieb, könnten höhere Zinsen dagegen helfen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte kürzlich auf das Dilemma der EZB aufmerksam gemacht: Die Zinsen für Deutschland seien eigentlich schon zu niedrig, während die EZB für andere Länder eigentlich noch mehr tun müsse. Allerdings ist die Lage hierzulande ebenfalls noch gedämpft - im Schlussquartal 2012 schrumpfte die deutsche Wirtschaft und auch 2013 läuft bisher nicht wirklich rund.
Billiges Geld kann zu Inflation, also Geldentwertung, führen. Je mehr das Geld entwertet wird, umso weniger Waren und Dienstleistungen können Verbraucher kaufen. Die Kaufkraft sinkt also, ebenso der Wert der Ersparnisse. Auf der anderen Seite zehrt Inflation aber auch Schulden auf. Die EZB strebt mittelfristig eine Teuerungsrate von „unter, aber nahe bei“ 2,0 Prozent als stabiles Preisniveau an. Im April sank die Inflation im Euroraum auf 1,2 Prozent - trotz der seit Monaten weit geöffneten Geldschleusen der EZB.
Tendenziell ja. Verbraucherschützer haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass Banken eine Erhöhung der Leitzinsen bei Krediten schneller an ihre Kunden weitergeben als eine Senkung.
Im Prinzip ja. Zwar ist die Inflation derzeit auf dem Rückzug, dennoch liegen die Sparzinsen meist noch deutlich darunter. Heißt: Wer Geld auf Sparbuch, Tagesgeldkonto oder in Bundesanleihen anlegt, macht nach Abzug der Inflation zumeist ein Verlustgeschäft. In einer gemeinsamen Erklärung vor der EZB-Sitzung hatten die Verbände von Volksbanken, Sparkassen und Versicherungswirtschaft in Deutschland davor gewarnt, die Zinsen noch weiter zu senken: „Jeder Zinsschritt nach unten lässt die Sparguthaben schmelzen. Sinkende Zinsen bedeuten einen sinkenden Anreiz für das Sparen und Vorsorgen. Dabei müssen die Menschen heute mehr als bisher vorsorgen, um ihren Lebensstandard im Alter zu sichern.“
Die weitaus wichtigeren Aussagen des einflussreichsten Notenbankers der Welt aber, dass eine zu lange Periode von niedrigen Zinsen „die Finanzstabilität untergraben könne“, sich aber zugleich auch „keine risikofreie Exit-Strategie“ (!) mehr entdecken lässt, beweist, dass sich die Zauberlehrlinge aus den Notenbanken mit ihrer Nullzinspolitik und Billionen an frisch kreierter Liquidität in eine geldpolitische Sackgasse manövriert haben. Letztendlich sprechen wir an den Finanzmärkten ohnehin nur noch von einer Scheinstabilität, denn, so Pimco-Gründer Bill Gross, „we see bubbles everywhere!“
Angesichts des Dilemmas der Notenbanken ist es extrem unwahrscheinlich, dass Bernanke & Co es wagen werden, die von ihnen selbst erzeugten Blasen mit einer Exit-Strategie - Liquiditätsbeschränkung oder Zinserhöhung - selbst zum Platzen zu bringen. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass sich die Politik des Gelddruckens in den überschuldeten Wohlfahrtsstaaten dieser Welt tendenziell sogar noch beschleunigen wird, was jedoch die Zukunftsaussichten eines auf Vertrauen basierenden Kreditgeldsystems negativ beeinträchtigen dürfte. Schließlich werden immer mehr Menschen realisieren, dass Geld, das per Mouse-Klick erschaffen wird und obendrein keinen Preis (Zins) mehr hat, eben auch nichts mehr wert ist!
Doppelte Geldmenge in Japan
Dass die Gelddruckerkolonne die Kontrolle über die Folgen der Geld(druck)politik und den von ihnen erzeugten exponentiell wachsenden Schuldenfunktionen eines Tages verlieren wird, lässt der sich bereits heute in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt und vom „Dauer-quantitative easing“ wirtschaftlich geschwächten - Japan - mehr als nur erahnen!
Um die Überschuldungsprobleme der am höchsten verschuldeten Industrienation der Welt (238 Prozent der Wirtschaftsleistung) zu überwinden, verkündete der Bank-of-Japan-Chef Haruhiko Kuroda einem Akt der Verzweiflung gleichend die Verdopplung (!) der Geldmenge bis Ende 2014.
Diese Verheißung, begleitet von einer beispiellosen Abwertung des Yen (bis zu 30 Prozent gegenüber Dollar und Euro seit dem Schlussquartal 2012) lässt derzeit zwar noch die heimische Exportindustrie jubeln, doch die importierte Inflation, die einer via bester „beggar thy neighbour“-Politik wertloser gemachten Währung direkt auf dem Fuße folgt, könnte sich schon binnen kürzester Zeit für Währungskrieger „Harakiri“ Kuroda als „Schwarzer Schwan“ erweisen.
Denn sollten die Zinsen auf japanische Staatsanleihen (JGB) im Zuge der Operation „Abenomics“ weiter so scharf ansteigen wie zuletzt wäre Japan, das trotz Niedrigzinsen bereits rund 30 % seiner Steuereinnahmen für den laufenden Zinsdienst aufwenden muss, schon in Kürze vor unlösbare Haushaltsprobleme gestellt.
Dass sich damit Japan als erstes Land - mit kaum absehbaren Folgen für die Weltfinanzmärkte - in die Pleite druckt, scheint angesichts der jüngsten Entwicklungen dann nicht mehr eine Frage des Ob zu sein, sondern nur noch eine des Wann!
Edelmetalle bleiben sicher
Es ist nicht auszuschließen, dass trotz sich weiter eintrübenden Wirtschaftsaussichten, nur noch stagnierender Gewinne und einem zu erwartenden Abschmelzen der jetzigen Rekord-Margen Aktien noch eine Weile losgelöst von den Fundamentaldaten haussieren können. Die heiß laufenden US-Wertpapierkreditspekulationen können wie die wachsenden geopolitischen Spannungen (Syrien-Israel-Iran) jedoch die Blase auch bei noch so reichlich vorhandener Liquidität jederzeit zum Platzen bringen, was natürlich auch für die weltweite gigantische Anleihe-Blase gilt.
Während es in „normalen“ Zeiten noch sinnvoll gewesen sein mag, Vermögen grundsätzlich über verschiedene Asset-Klassen breit zu diversifizieren, haben die von den Notenbanken in den letzten fünfzehn Jahren erzeugten Boom und Bust-Zyklen diese Binsenweisheit längst ad absurdum geführt. Denn wie zuletzt das Jahr 2008 eindrucksvoll bewiesen hat, kann es keinen Sinn machen, in verschiedene Blasen zu investieren, nur um diversifiziert zu sein!
Da sich die Risiken im Geld- und Bankensystem nach 2008 nicht etwa vermindert, sondern noch potenziert haben, sind Edelmetalle, die als einziges Geld Finanzkrisen und geldfälschende Regierungen überdauert haben, und (noch) kurz laufende Bundesanleihen am besten geeignet, um Investoren gegen alle möglichen „Schwarzen Schwäne“ abzusichern. Auch wenn die Schwankungsbreite der Edelmetalle seit April massiv zugenommen hat, so hat sich an den kaufbegründenden Fundamentaldaten nichts geändert.
Im Gegensatz zu sämtlich anderen Asset-Klassen sind die Edelmetalle respektive Edelmetallminenaktien sogar am weitesten von einer Blasenbildung entfernt und stellen somit eine attraktive Investitionsgelegenheit dar.