Gold als Geldanlage Der Goldpreis wird zum Glücksspiel

Der Goldpreis steigt, der Goldpreis fällt: Für beide Entwicklungen gibt es viele gute Argumente. Aber letztlich sind sie für Anleger zu vernachlässigen. Warum der Goldpreis eigentlich egal ist.

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Gold: Nur Krisenwährung oder Geldanlage mit aussichtsreicher Rendite? Quelle: imago, Montage

Überraschung: Am Dienstagabend hüpfte der Goldpreis von unter 1220 Dollar auf 1243 Dollar je Feinunze. Schuld daran war einmal mehr die US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen. Sie hatte in einer Rede angekündigt, die Zinsen langsamer als zunächst geplant zu erhöhen. Damit schickte sie den Dollar sowie die Renditen für US-Staatsanleihen auf Talfahrt und bescherte Gold einen kräftigen Tagesgewinn.

Leider hat der Goldpreis schon am Donnerstagmorgen fast alle Gewinne wieder abgegeben und notiert bei nur noch 1230 Dollar – obwohl sich der Dollar weiter schwach zeigte. In Euro fiel der Goldpreis sogar auf seinen tiefsten Stand seit sechs Wochen bei rund 1085 Euro je Feinunze.

Goldanleger fahren seit dem Rekordhoch im September 2011 auf einer Achterbahn: Zunächst stürzte der Goldpreis nach mehrjähriger Kletterpartie von mehr als 1900 Dollar pro Feinunze ab, vor allem ab Herbst 2012 ging es in nur wenigen Monaten steil abwärts unter die Marke von 1400 Dollar. Danach schwankte der Goldpreis lange lebhaft zwischen 1200 und 1400 Dollar. 2015 mussten sich Goldanleger an einen Goldpreis unterhalb von 1100 Dollar je Feinunze gewöhnen.

Diese Substanzen sind teurer als Gold
Platz 10: MethamphetaminKosten: 95 Euro pro Gramm Hoher Grammpreis, aber billig im Vergleich zu anderen Drogen: Unter dem Modenamen Crystal Meth gilt Methamphetamin heutzutage als am schnellsten zerstörende Droge überhaupt. Der Gebrauch führt unter anderem zu Karies und Zahnausfall. Quelle: dpa
Platz 9: KokainKosten: 470 Euro pro Gramm Kokain gilt als die Partydroge in besseren Kreisen. Besser Finger weg: Kokain hat ein hohes Abhängigkeitspotenzial. Quelle: dpa
Platz 8: LSDKosten: 2.300 Euro pro Gramm Lysergsäurediethylamid, kurz LSD genannt, ist in Deutschland ein nichtverkehrsfähiges Betäubungsmittel. Der unerlaubte Gebrauch ist strafbar. In zahlreichen anderen Ländern, wie den USA, ist die Droge verboten. Quelle: dapd
Platz 7: PlutoniumKosten: 3.150 US-Dollar pro Gramm Die Atombombe, die 1945 auf Nagasaki fiel, trug Plutonium als Spaltmaterial in sich. Außer militärischen Zwecken dient Plutonium auch der Energiegewinnung. Es entsteht aus dem Uran der Brennelemente in Atomkraftwerken.   Quelle: REUTERS
Platz 6: TaaffeitKosten: 2.000 bis 15.750 Euro pro Gramm Der irische Forscher Richrd Taaffe entdeckt den Edelstein bei einem Schmuckkauf 1945. Wegen seiner hohen Seltenheit dient er bis heute nur als Schmuckstück. Quelle: Rob Lavinsky, iRocks, Creative Commons, CC BY-SA 3.0
Platz 5: TritiumKosten: 23.616 Euro pro Gramm Tritium ist ein Nebenprodukt der Kernspaltung und kommt auf natürliche Weise nur in der Stratosphäre vor. Damit lassen sich in der Medizin bestimmte Substanzen markieren. Außerdem ist der Stoff fester Bestandteil von Atombomben. Quelle: dpa
Platz 4: DiamantenKosten: ein farbloser Stein von einem Karat kann über 50.000 Euro pro Gramm kosten Diamanten machen was her und sind der härteste natürliche Stoff der Welt. Ihr Aussehen macht sie zu Kostbarkeiten der Schmuckbranche, ihre Härte zu einem begehrten Schneidstoff in der Industrie. Quelle: AP

Trendwende oder Strohfeuer?

Doch dann das: Von einem neuerlichen Tiefpunkt bei 1046 Dollar im Dezember 2015 ausgehend, startete das Krisenmetall 2016 eine fulminante Rally und kletterte bis auf 1280 Dollar Mitte März. Mehr als 20 Prozent Plus! Was war passiert? Und vor allem: Wie geht es nun weiter? Findet Gold zu alter Stärke zurück oder war der überraschend steile Anstieg nur ein Strohfeuer? Gold-Befürworter und Gold-Skeptiker ringen um die Deutungshoheit – insbesondere um die Frage, ob die Gold-Rally nun eine Trendwende markiert.

Zumindest der jüngste Anstieg erscheint logisch: Wenn die Zinsen sinken – oder wie in diesem Fall länger als erwartet niedrig bleiben, verlieren Anlagealternativen zu Gold an Attraktivität. Schließlich wirft Gold keine Zinsen ab. Da Gold in Dollar gehandelt wird, bedeutet ein schwacher Dollar, dass Gold teurer wird. Zum einen ist also das Anlegerinteresse an Gold wieder gestiegen, zum anderen ist der Bewertungsmaßstab Dollar gefallen.

Goldaktien und Minenindexfonds mit Potenzial

Bemerkenswert ist der Anstieg dennoch, weil parallel auch die Aktienbewertungen gestiegen sind – nicht nur bei US-Aktien, sondern auch in Europa. Damit liefen Aktien und Gold ausnahmsweise mal in die gleiche Richtung. Und das, obwohl von den börsengehandelten Goldfonds zehn Tonnen des Edelmetalls auf den Markt geworfen wurden, soviel wie seit Anfang Dezember nicht mehr.

Der Goldpreis ist vor allem Psychologie

Der wahre Grund für die bemerkenswerte Goldrally zum Jahresbeginn ist allerdings ein rein psychologischer. „Seit Dezember hat vor allem die Angst den Goldpreis getrieben“, sagt Rohstoffexperte Eugen Weinberg von der Commerzbank. „Die Angst vor Turbulenzen am Aktienmarkt, vor Inflation und vor einem anhaltenden Währungskrieg haben an den Terminmärkten und im Handel mit physischem Gold zu Aufstockungen durch Investoren geführt. Jetzt nimmt die Angst allmählich wieder ab.“

Angst ist längst der Hauptmotor für den Goldpreis. Aber es gibt darüber hinaus noch eine ganze Reihe von Gründen für oder gegen einen steigenden Goldpreis.

Was für einen steigenden Goldpreis spricht

Indien und China: Die Nachfrage nach Gold ist in beiden Ländern zuletzt deutlich gestiegen. So lag die chinesische Nachfrage an der Goldbörse in Shanghai zuletzt 35 Prozent über dem Vorjahreswert. Außerdem ist die chinesische Notenbank neben der russischen die einzige, die ihre Goldreserven noch nennenswert aufbaut. In Indien zeichnet sich seit Sommer 2015 hingegen eine Erholung der Nachfrage ab. Da die Importbeschränkungen für Gold gelockert weiter zurückgenommen werden und Gold in Indien traditionell in der Hochzeitssaison verschenkt wird, deutet einiges auf einen weiteren Anstieg der Nachfrage hin.

Gesunkene Fördermenge der Minen: Die Goldminen mussten in den vergangenen Jahren angesichts des gesunkenen Goldpreises Kapazitäten abbauen. Die so erzeugte Knappheit, argumentieren Gold-Optimisten, stütze den Preis und sorge mittelfristig sogar für einen steigenden Goldpreis.

Rohstoffexperte Weinberg hält von diesem Argument nichts. „Steigt etwa der Euro, wenn ein Geldautomat ausfällt? Wir reden hier über eine Änderung der Förderkapazität von maximal 100 Tonnen im Jahr. Gemessen an den 160.000 Tonnen Gold, die weltweit im Umlauf sind, bewegen wir uns da im Promillebereich. Die Fördermenge ist total gleichgültig“, argumentiert Weinberg. Auch die jüngste Rally der Goldminenaktien lässt ihn kalt. „Goldminen sind aus meiner Sicht ein vollkommen nutzloses Investment, wenn man sich durch eine Goldanlage gegen Risiken absichern möchte.“

Goldfonds: Die Goldfonds, die ihre Anlagegelder mit physischem Gold hinterlegen, wurden jüngst höchstrichterlich von der Abgeltungsteuer befreit. Aber selbst wenn viele Anleger – insbesondere deutsche – steueroptimale Geldanlagen lieben, glaubt niemand ernsthaft, dass das dem Goldpreis auf die Sprünge hilft. Vielversprechender ist die Tatsache, dass die börsengehandelten Goldfonds (ETC oder ETF genannt) die lange Phase der Mittelabflüsse offenbar weitgehend hinter sich gelassen haben. Nach Auskunft der Landesbank Baden-Württemberg kauften die Fonds seit Jahresbeginn mehr als 260 Tonnen Gold, die jüngsten Abflüsse von zehn Tonnen nicht eingerechnet.

Schwacher US-Dollar: Die Zweifel an der Tragfähigkeit der Konjunktur in den USA sind noch nicht ausgeräumt. Verschiebt die US-Notenbank weiterhin Zinserhöhungen, dürfte das den Dollar weiter schwächen – und so den Goldpreis in die Höhe treiben.

Star-Investor Marc Faber sagte kürzlich gegenüber dem US-Sender CNBC auf die Frage nach seinen Prognosen für Dollar und Goldpreis: "Ich verstehe nicht, warum die Welt so begeistert vom US-Dollar ist." Kurzfristig böten der Dollar und US-Staatsanleihen zwar Vorteile gegenüber den oft negativ verzinsten europäischen Schuldtiteln. Doch auf lange Sicht werde sich der Dollar als schwache Währung erweisen. "Der Dollar ist keine begehrenswerte Währung. Ich denke Gold, Silber, Platin und Palladium werden künftig die begehrtesten Währungen sein."

Die Länder mit den größten Goldreserven
Platz 10: Indien Quelle: REUTERS
Platz 9: Die Niederlande Quelle: REUTERS
Platz 8: Japan Quelle: REUTERS
Platz 6: Schweiz Quelle: AP
Platz 7: Russland Quelle: dpa-tmn
Platz 5: China Quelle: dapd
Platz 4: Frankreich Quelle: dapd

Anleger sollten dabei jedoch bedenken, dass Silber, Platin und Palladium auch Industriemetalle sind, deren Nachfrage in Weltwirtschaftskrisen schwindet. Und das belastet die Preise.

Geldpolitik und Negativzins: Überhaupt dürfte sich die expansive Geldpolitik mittel- bis langfristig positiv auf den Goldpreis auswirken. Gold bringt zwar keine Zinsen, aber es kostet auch keine. Über kurz oder lang werden Banken, die bei der Notenbank Strafzinsen zahlen müssen, dies an ihre Kunden weitergeben. Sollte zudem das viele Zentralbankgeld irgendwann seinen Weg in die Realwirtschaft finden, dürfte dies einen Anstieg der Inflation bewirken. Dann wird der Goldpreis profitieren.

Was gegen einen steigenden Goldpreis spricht

Hohe Wetten auf steigenden Goldpreis: Dass der Goldpreis vom Jahresanfang bis heute mehr als 15 Prozent steigen konnte, sollte zur Vorsicht mahnen. „Nehmen Anleger nun ihre Gewinne mit, wird es kurzfristig zur einer Preiskorrektur kommen“, ist Weinberg überzeugt. „Das ändert aber nichts an der mittel- bis langfristigen Aussicht auf einen steigenden Goldpreis.“

Am US-Terminmarkt haben seit Jahresbeginn die Wetten auf einen steigenden Goldpreis deutlich zugelegt. Sollte die Angst vor der nächsten Krise schwinden, ist mit einem Abbau dieser Positionen zu rechnen. Das dürfte den Goldpreis belasten. Wie schnell er sich von einer solchen Korrektur wieder erholen kann, dürfte davon abhängig sein, wie sich die Krisenangst in der Folge entwickelt.

Die könnte sich aber in den USA - und in der Folge auch weltweit - bald schon legen. Die jüngsten US-Wirtschaftsdaten deuten darauf hin, dass sich der wichtige US-Häuser- und Arbeitsmarkt wieder besser entwickeln. Auch die Konsumausgaben haben in den USA eine neue Rekordhöhe erreicht, obwohl zugleich die Sparraten gestiegen sind. Die zuletzt leicht rückläufige Industrieproduktion könnte zudem vor ihrer Erholung stehen. 
Mit zunehmender Stärke der Wirtschaft ist eine Erhöhung der Zinsen wahrscheinlicher. Das wäre Gift für den Goldpreis.

Keine Inflation in Sicht

Inflation wäre ein klares Argument für einen Goldpreisanstieg. Beides ist eng miteinander verknüpft. Leider ist weit und breit kein Anziehen der Preise in Sicht, schon gar nicht in Höhe der Notenbank-Zielmarke von rund zwei Prozent.

Gemeint ist damit allerdings die Inflation der Verbraucherpreise. Eine anders geartete Inflation gibt es nämlich schon: bei den Vermögenswerten, allen voran bei Aktien, Immobilien und anderen Sachwerten.
Insbesondere die gesunkenen Energiepreise bei Strom und Öl bremsen die Verbraucherpreis-Inflation hingegen aus. Im Februar lag sie in der Euro-Zone deshalb sogar im negativen Bereich, bei minus 0,2 Prozent.

Einige Experten rechnen mit einer langsam anziehenden Teuerungsrate. Commerzbank-Experte Marco Wagner erwartet einen steigenden Ölpreis. Demnach könnten die Energiepreise ab dem Sommer wieder anziehen und so die Inflation anschieben. Zudem steigen die Rohstoffpreise wieder, auch wenn es zu früh ist, um von einer Trendwende zu sprechen. KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner hält eine Inflationsrate von zwei Prozent bis zum Jahresende für möglich.

Immerhin: In den USA regt sich die Inflationsrate bereits. Der US-Notenbank-Vize Stanley Fischer bestätigte das und fügte an, das wäre „etwas, was wir gerne sehen würden.“

Sogar der amerikanische Finanzdienstleister Blackrock - seines Zeichens größter Investor der Welt - rechnet mit einer steigenden Inflationsrate. Richard Turnill, globaler Chef-Investmentstratege bei Blackrock, teilte öffentlich mit: „Wir mögen inflationsgeschützte Bonds und Gold als Diversifizierung.“

Solange die Notenbanken jedoch die Zinsen nicht deutlich erhöhen oder – wie im Fall der Europäischen Zentralbank – zumindest damit aufhören, Milliardenbeträge in die Märkte zu pumpen, dürfte auch die Inflation kaum in Höhen vordringen, die den Goldpreis dauerhaft befeuern. Experten wie WiWo-Kolumnist Daniel Stelter befürchten sogar, dass wir noch lange unter der „japanischen Krankheit“ leiden könnten. Die Symptome: Leitzinsen auf Dauer nahe null, schwaches Wachstum und deflationäre Tendenzen - also das Gegenteil von Inflation.

Warum der Goldpreis letztlich egal ist

Unter dem Strich ist es eigentlich gleichgültig, ob der Goldpreis steigt oder fällt. Denn die einzig wichtige Funktion einer Anlage in Gold ist ihr Charakter als Versicherung für den Fall schlimmer Wirtschafts- und Währungskrisen. Dann ist Gold eine Währung, die einen bleibenden Wert garantiert.

„Ich fürchte mich vor einem steigenden Goldpreis, weil das bedeuten würde, dass das geldpolitische Experiment der Notenbanken endgültig gescheitert ist“, sagt Commerzbank-Experte Weinberg. „Doch selbst dann: durch Gold wird man nicht reich. Gold hat auch nicht den Zweck, Kapital zu vermehren. Es geht darum, Kapital vor Verlusten zu schützen."

Wer also befürchtet, dass das Vertrauen in unser ungedecktes Papiergeld aus der Notenpresse verloren geht, sollte einen Teil seines Vermögens in Gold anlegen – idealerweise in physischer Form wie Anlagemünzen oder Barren. Denn dann ist es im schlimmsten Fall gleichgültig, wie hoch der Goldpreis ist. Wichtig ist allein, was man dann dafür bekommt.

Fondsmanager Armin Zinser, der für die französische Lebensversicherungsgruppe Prévoir insgesamt eine Milliarde Euro in europäischen Aktien verwaltet, bedauert deshalb die Vorschriften der französischen Fondsaufsicht. “Die Aufsicht hat mir verboten, in Fonds mit physischem Gold zu investieren. Man darf offensichtlich keine Götter neben dem Euro haben“, sagte er im Interview mit der BörsenWoche, dem Finanzbrief der WirtschaftsWoche. „Ich denke, Gold sollte bei 6000 Dollar stehen. Wenn sich die Geldschöpfung der Notenbanken ihren Weg in die Realwirtschaft bahnt, kommen die Preissteigerungen.“

Wer also noch kein Gold im Depot hat, kann zehn bis zwanzig Prozent als Absicherung gut vertragen. Bis dahin ist jeder Rückschlag des Goldpreises eine günstige Gelegenheit, den Goldanteil im Portfolio aufzubauen.

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