Diesmal ist Janet Yellen Schuld: Weil die US-Notenbankchefin jüngst sagte, die zunehmende Stärke der US-Wirtschaft würde es ermöglichen, Zinserhöhungen wieder ins Auge zu fassen – und zwar innerhalb der nächsten Monate – mussten Goldanleger mit ansehen, wie der Preis für die Feinunze des Edelmetalls sogleich um ein Prozent fiel. Damit sank der Goldpreis unter die plakative Schwelle von 1200 Dollar je Unze.
So gaben Goldinvestments erneut einen guten Teil ihres Gewinns von zeitweise 20 Prozent seit Jahresbeginn wieder ab. Jetzt liegen sie nur noch 13 Prozent im Plus und zugleich schickt sich Gold an, den höchsten Monatsverlust seit fast drei Jahren einzufahren. Anfang Mai hatte die Feinunze noch auf dem höchsten Stand seit 15 Monaten notiert, bei mehr als 1300 Dollar. Wie gewonnen, so zerronnen.
Wer den Goldpreis über Jahre verfolgt hat, ist Achterbahnfahrten inzwischen gewohnt. Von 1999 bis 2011 kletterte der Goldpreis von 250 Dollar auf das bisherige Allzeithoch bei 1921 Dollar. Dann ging es in den Folgejahren wieder satte 40 Prozent bergab. Vom neuen Tief bei 1050 Dollar im Dezember 2015 ging es dann endlich wieder aufwärts – und Goldanleger schöpften nach Jahren der Enttäuschung endlich wieder Zuversicht.
Aber wer die Goldpreisschwankungen wie ein Luchs verfolgt und ständig darauf achtet, ob sein Goldinvestment gerade im Plus oder im Minus liegt, verkennt den wahren Nutzen von Gold im Depot – und hat es womöglich aus den falschen Gründen gekauft.
Der Goldhändler Philoro hat die Meinungsforscher von TNS Emnid damit beauftragt, das Interesse der Deutschen an Gold als Geldanlage zu untersuchen. Und das aus gutem Grund, denn jeder zweite Goldbarren in Europa geht in Deutschland über die Ladentheke. Der repräsentativen Umfrage vom März 2016 zufolge ist das Interesse an Goldinvestments sogar noch gestiegen: Zwölf Prozent der Erwachsenen wollen noch in diesem Jahr in Gold investieren. „Das entspräche hochgerechnet etwa acht Millionen Bürgern“, rechnet Philoro-Chef Christian Brenner vor. „Wenn wie bisher 60 Prozent davon mehr als 1000 Euro in Gold investieren würden, entspräche das 135 Tonnen Gold – und damit deutlich mehr als den 116 Tonnen von 2015.“
Die wichtigsten Fakten zu Gold
Die gesamte Goldnachfrage im dritten Quartal 2014 betrug 929,3 Tonnen. Damit ist die Nachfrage um 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 952,8) gefallen.
Quelle: World Gold Council
Die weltweite Nachfrage nach Schmuck betrug im dritten Quartal 2014 insgesamt 534,2 Tonnen und ist damit um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 556,3) gefallen.
Die Nachfrage des Technologiesektors belief sich im dritten Quartal 2014 auf 97,9 Tonnen und fiel, verglichen mit den 103,1 Tonnen im dritten Quartal 2013, um fünf Prozent.
Die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen ist im dritten Quartal 2014 deutlich gesunken – auf 245,6 Tonnen. Ein Minus von 21 Prozent im Vergleich zu 2013 (Q3: 312,3).
Dass die Gesamtnachfrage nach Gold gefallen ist, ist auch auf die Abflüsse aus Gold-EFTs zurückzuführen. Im dritten Quartal 2014 beliefen sich diese auf 41,3 Tonnen. Allerdings ist das deutlich weniger als im Vorjahr. Im dritten Quartlal 2013 betrugen sie noch 120,2 Tonnen.
Die Nettoeinkäufe von Zentralbanken betrugen im dritten Quartal 2014 92,8 Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Rückgang von neun Prozent (Q3'13: 101,5).
Die Goldnachfrage im Investment belief sich im dritten Quartal 2014 auf 204,4 Tonnen. Das ist eine minimale Steigerung von sechs Prozent, im Vorjahresquartal waren es 192 Tonnen.
Tatsächlich ist das Interesse an Gold gestiegen. Bislang besitzen laut Umfrage 16 Prozent der Deutschen Gold – was schon ein relativ hoher Wert ist. „Bemerkenswert ist, dass sich auch mehr junge Leute für Gold interessieren. Sie hinterfragen unser Papiergeldsystem und sehen die Gefahren für den Euro“, vermutet Goldhändler Brenner als Grund. Unter den 18- bis 29-Jährigen halten 33 Prozent eine Anlage in Gold für eher sinnvoll. Sie liegen damit nahezu gleichauf mit den Befragten bis 49 Jahre, obwohl junge Menschen zumeist noch weniger Geld für die Geldanlage erübrigen als ältere. Weitere 49 Prozent von ihnen sehen Goldinvestments als teilweise sinnvoll an.
Insgesamt zeigen sich zwei Drittel der erwachsenen Deutschen gegenüber einem Goldinvestment aufgeschlossen. Unter jenen, die zu einem Goldinvestment entschlossen sind oder es zumindest erwägen, steht als Kaufargument Sicherheit an erster Stelle. 72 Prozent von ihnen sind auf Sicherheit aus, gefolgt von Stabilität und einem Goldkauf als langfristige Anlage. Nur die Hälfte sieht in Gold ein Mittel zum Vermögensaufbau, gerade 30 Prozent erhofft sich eine Rendite.
Keine Zinsen, garantierter Werterhalt
Die Argumente für einen Goldkauf sind also durchaus rational, denn Gold bringt keine Zinsen. Sich angesichts der starken Schwankungen beim Goldpreis und ihren mannigfaltigen Ursachen auf eine Wertsteigerung zu verlassen, ist hingegen höchst spekulativ und irrational. Das beste Argument für Gold im Anlageportfolio ist daher eine Absicherung vor Vermögensverlusten und der garantierte Werterhalt. Denn Gold bleibt ein knappes Gut, wird weltweit als Zahlungsmittel akzeptiert und überdauert schadlos die Jahrtausende, ganz gleich, ob die Inflation galoppiert, Währungen kollabieren oder neue entstehen. Damit ist es unabhängig vom Wert - genauer gesagt von der Kaufkraft - jedweder Papierwährung. Ihre Kaufkraft speist sich allein aus dem Vertrauen der Konsumenten in Notenbanken und Staaten gespeist wird.
Selbst jungen Leuten ist das inzwischen klar. Bei den bis zu 29-Jährigen überwiegt das Argument Sicherheit für den Goldkauf mit 94 Prozent deutlich – er ist sogar höher ausgeprägt als in jeder anderen Altersgruppe. „Dass so viele den Versicherungscharakter von Gold betonen, ist doch vernünftig“, sagt Brenner. „Angesichts der vielen negativen Berichte über andere Anlageformen, der Angst vor Bargeldverbot und Negativzinsen, schwacher Konjunktur und der Aussichtlosigkeit einer privaten Altersvorsorge, die ohne Zinsen nicht möglich erscheint, haben die Deutschen eine sehr gesunde Einstellung zum Gold.“
Dient der private Goldbestand lediglich als letzter Schutzwall vor Finanzkatastrophen, ist der Kaufpreis im Grunde gleichgültig. Denn sollte eine Währung stark inflationieren oder gar verschwinden, wird Gold mit anderen, dann aktuellen Maßstäben gemessen. Wer allerdings damit rechnen muss, seinen Goldbestand irgendwann wieder aufzulösen, sollte sich schon um einen möglichst günstigen Einkauf bemühen. Und dafür kommt es auf zwei Faktoren maßgeblich an: Wann wird gekauft und wo wird gekauft.
Aus Sicht vieler Kenner ist derzeit der Zeitpunkt für Käufe relativ günstig. Nicht nur, weil der Goldpreis nach seiner Rally zum Jahresbeginn wie eingangs geschrieben wieder deutlich nachgegeben hat, sondern auch weil sehr vieles darauf hindeutet, dass Gold nicht mehr billiger wird.
Alexander Posthoff, Senior Portfoliomanager bei Bantleon, nennt fünf gute Gründe für Gold aus Anlagesicht: Negativzinsen, die Entwicklung der Goldpreiskurve (Charttechnik), die Gefahr eines Aufflackerns der Finanzkrise, die Risiken für unser Bargeld sowie die notwendige Risikostreuung vor dem Hintergrund einer wachsenden Weltbevölkerung. „Neben Kleinanlegern legen auch große Investoren wieder vermehrt in Gold an“, sagt Posthoff. „Auf dem Weg nach oben ist nun der Abwärtstrend seit 2011 entscheidend. Er verläuft zurzeit bei etwa 1430 US-Dollar und könnte bereits in diesem Jahr erreicht werden. Konsolidierungen auf dem Weg dahin sind möglich.“ Positiv sei außerdem, dass der Goldpreis trotz diverser Anläufe nicht mehr die Grenze von 1000 Dollar je Feinunze unterschritten habe.
Sein stärkstes Argument pro Gold ist jedoch die Notenbanken-Politik. „Mit dem Ziel, die Inflation zu erhöhen, wird nichts unversucht gelassen, um die Realzinsen zu senken“, so Posthoff. „Zwar zahlt Gold keine Zinsen, aber das gilt inzwischen auch für andere sichere Anlagen. Immerhin lässt es sich nicht beliebig vermehren.“ Die von den Notenbanken ausgehende Geldschwemme treibe die Assetpreise quer über alle Sektoren hinweg nach oben, davon werde auch der Goldpreis beflügelt.
Hausbank wird Spezialisten vorgezogen
Erstaunlich ist jedoch, dass noch immer die Mehrheit beim Goldkauf ihrer Hausbank vertraut, obwohl ein dichtes Goldhändlernetz mit Filialen und Beratungsservice zur Verfügung steht. Mehr als die Hälfte aller Befragten vermutet die höchste Kompetenz in Sachen Goldhandel bei der Hausbank, von den Kaufwilligen würden 46 Prozent dort Münzen oder Barren kaufen.
Dass die Hausbank besonders kompetent ist, dürfte allerdings ein Irrtum sein. Zwar verkaufen viele Banken auch in ihren Filialen Gold, allerdings eher zur Komplettierung ihres Angebots und eher nebenbei. Oftmals muss das Gold erst bestellt werden, zudem sind die Gebühren – das sogenannte Aufgeld auf den aktuellen Goldpreis – in der Regel vergleichsweise hoch.
35 Prozent würden hingegen bevorzugt einen spezialisierten Goldhändler aufsuchen. Nur sieben Prozent würde Gold im Internet kaufen. „Wir raten dazu Edelmetalle nur dann über Online-Plattformen zu kaufen, wenn es zusätzlich zum Shop auch eine Filiale gibt“, empfiehlt Philoro-Chef Brenner.
Gold zu Anlagezwecken ist schon lange kein Luxusgut mehr. Schon mit kleinen Anlagemünzen mit einem Feingoldgehalt von einer halben oder ganzen Unze gelingt der Einstieg in ein Goldinvestment. Allerdings sind dann die Gebühren im Verhältnis zum Goldgehalt relativ hoch.
Eine Alternative können börsengehandelte Fonds sein, sogenannte ETFs oder ETCs, die jeden investierten Euro tatsächlich mit physischen Gold - und nicht nur mit Terminkontrakten oder Zertifikaten auf den Goldpreis – unterlegen. Damit lässt sich ein Goldinvestment schon ab wenigen Hundert Euro realisieren. „Da die Aufbewahrung von Edelmetallen mit Lagerkosten verbunden ist, bieten sich ETFs und ETCs an“, sagt Anlagemanager Posthoff. „Auch große Volumina können problemlos gehandelt werden. Zudem beträgt der Unterschied zwischen An- und Verkaufspreisen nur wenige Cent.“
Christian Brenner sieht noch weitere Gründe für die „Anlageform der Stunde“. Schließlich würde die Förderung für die Goldminenbetreiber immer teurer. „Vor ein paar Jahren lagen sie noch bei 750 bis 800 Dollar je Feinunze. Heute betragen sie schon 1000 Dollar“, sagt Brenner. Er rechnet wie viele Marktkenner mit sinkenden Förderkapazitäten und Minenschließungen. Zudem sei der Abverkauf der institutionellen Anleger beendet, sie kehrten vielmehr auf der Suche nach alternativen Anlagen zurück an den Markt.
Und nicht nur das sollte den Goldpreis stützen. „Derzeit wirkt der Wechselkurs zwischen US-Dollar und Euro als weiterer Preistreiber“, so Goldhändler Brenner. Ein im Verhältnis zum Dollar schwächelnder Euro verteuert Gold in unserem Währungsraum. Goldkäufer sollten daher nicht den Fehler machen, zu sehr auf den Dollarpreis für die Feinunze zu achten. „Am Ende des Tages zahlt der Kunde hierzulande in Euro“, weiß Brenner.