Agosi sammelt jedes Milligramm Gold wieder ein. So darf die Reinigungskraft ihr Putzwasser nicht in den Ausguss schütten – es wird gefiltert, bis das letzte Schwebteilchen gesichert ist. Putzlappen, Schutzanzüge, Filter – alles wird in der Schmelze verbrannt. Abends muss jeder Mitarbeiter durch die Sicherheitskontrolle, Hosentaschen entleeren, Jacke und Rucksack werden durchleuchtet, wie am Flughafen. Stichprobenartig macht der Sicherheitsdienst sogar Leibesvisitationen.
Im Tresorraum stehen kleine Plastiktrommeln, zu zwei Dritteln gefüllt mit Granalien. Und doch sind sie mit 25 Kilo so schwer, dass man sie kaum heben kann. Gegenwert: 920 000 Euro pro Döschen. Ein Mitarbeiter demonstriert, wie dicht Gold ist: Er will mit der Hand durch die Granalien fahren, doch kann kaum durchgreifen.
In Pforzheim fertigt Agosi Vorprodukte (Halbzeuge) für 3500 Juweliere. Die stabilisieren das Geschäft: „Sinkt der Goldpreis, fragen Juweliere mehr Ware nach, steigt er, halten sie sich zurück“, sagt Peter Tews, Leiter der Halbzeuge-Produktion.
Die EU treibt Sparer immer weiter zum Gold
Auf einer Ablage liegen Rohre in allen möglichen Goldtönen. „Daraus werden mal locker 1000 Eheringe“, sagt Tews und hebt eines an. „Das Rohr hier hat etwa 17 Kilo, der Metallwert dürfte locker bei einer halben Million Euro liegen“, schätzt er.
Die Eheringe könnten noch deutlich teurer werden. Denn eine weitere Gefahr für den Euro dürfte den Goldpreis mittelfristig treiben: Die Europäische Union (EU) will, dass die Euro-Krisenländer ihre Haushalte sanieren. Doch die EU-Sparvorgaben treiben die Wähler der Krisenländern mehr und mehr in die Arme Euro-kritischer Parteien.
Am Sonntag, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe, wurde in Griechenland ein neues Parlament gewählt. Vor der Wahl konnte die linke Oppositionspartei Syriza ihren Vorsprung auf die regierenden Konservativen von Ministerpräsident Antonis Samaras weiter ausbauen. Syriza lag zuletzt rund 6,5 Prozentpunkte vor Samaras’ Partei. Im Fall eines Wahlsieges will Syriza die Sparpolitik stoppen. Zudem verlangt Spitzenkandidat Alexis Tsipras einen Schuldenerlass für das Land, das mit Finanzhilfen über 245 Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds und den Euro-Staaten vor der Pleite bewahrt wurde.
Auch in Spanien droht Ungemach: Dort „werden die Regionalwahlen im Frühjahr zeigen, wie groß die Unterstützung für Podemos ist – eine derzeit in den Meinungsumfragen erfolgreiche Partei, die sich gegen die Sparpolitik ausspricht“, warnen Analysten von Edmond de Rothschild. Kämen in Europa nach und nach Euro-Kritiker an die Regierung, würden Investoren aus Staatsanleihen fliehen. Die Notenbanken blieben als letzte Käufer übrig – und müssten noch mehr Zentralbankgeld in Umlauf bringen.
Spätestens dann schlägt die Stunde des physischen Goldes.