Klong! Scheppernd rutscht die goldene Taschenuhr in eine Metallkiste. Ein Arbeiter mit Schutzbrille und silberner Sicherheitsschürze schüttet die von einem Gold-Aufkäufer angelieferte Ware in die Box. Ausgediente Eheringe, ein silbernes Uhrband, Armreife und Omas alte Halskette plumpsen hinterher.
Der Gold-Aufkäufer will seinen Schatz bei der Allgemeinen Gold- und Silberscheideanstalt (Agosi) in Pforzheim in Bares tauschen. Deutschlands größte Goldscheideanstalt recycelt und handelt Edelmetalle und fertigt aus den verschmähten Erbstücken der Großeltern auch Goldbarren oder Rohlinge für Münzen. Rund ein Drittel der aufbereiteten Ware liefern Altgoldsammler, deren Shops in Innenstädten wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, um Privatleuten Omas olle Klunker abzuluchsen.
Die Nachfrage nach Gold steigt weiter
Dem Arbeiter mit der Schutzbrille drohen demnächst Überstunden: Allein 2014 ist der Goldpreis, in Euro gerechnet, um rund zwölf Prozent gestiegen – im vergangenen Jahr war Gold aus Sicht von Euro-Sparern die mit Abstand beste Anlageklasse. Steigende Kurse locken weitere Käufer in die Goldläden von Pro Aurum, Degussa & Co. Jeder vierte Deutsche würde laut aktueller Umfrage des Statistik-Dienstleisters Statista bei einer Verschärfung der Euro-Krise jetzt in Gold anlegen.
"2015 hat sich die Nachfrage von Goldhändlern nach Barren weiter belebt", sagt Agosi-Chef Dietmar Becker. Hohe Preise könnten wieder verstärkt Schmuck-Erben in die Sammelstuben locken, so wie 2012, als der Goldpreis Anfang Oktober sein Rekordhoch bei 1386,51 Euro für die Feinunze (31,1 Gramm) markiert hatte. Ihr Gold würde dann auch bei Agosi landen und dort recycelt werden.
Gold feiert in diesen Tagen sein Comeback – als harte Währung, die vor Kaufkraftverlusten und systemischen Risiken schützt, und als renditebringende Geldanlage. In den ersten Wochen 2015 startete der Preis durch, in der Spitze um fast 19 Prozent auf 1155,59 Euro. Dafür gesorgt hat vor allem die überraschende Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die Bindung des Schweizer Franken an den Euro aufzugeben.
Konditionen für Goldbarren bei unabhängigen Edelmetallhändlern
Internetseite: www.westgold.de
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3507,00 € | 3572,00 € | Verkauf: –0,7 % | Kauf: +1,1 % |
Stand: 19. Januar 2015, ca. 15.35 Uhr, * 1 Euro = 1,1616 Dollar; Goldpreis = 1276,51 Dollar pro Unze, umgerechnet 1098,92 Euro ; Quelle: Händlerangaben
Internetseite: www.mp-edelmetalle.de
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3508,40 € | 3608,40 € | Verkauf: –0,7 % | Kauf: +2,1 % |
Stand: 19. Januar 2015, ca. 15.35 Uhr, * 1 Euro = 1,1616 Dollar; Goldpreis = 1276,51 Dollar pro Unze, umgerechnet 1098,92 Euro ; Quelle: Händlerangaben
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3508,00 € | 3610,00 € | Verkauf: –0,7 % | Kauf: +2,2 % |
Stand: 19. Januar 2015, ca. 15.35 Uhr, * 1 Euro = 1,1616 Dollar; Goldpreis = 1276,51 Dollar pro Unze, umgerechnet 1098,92 Euro ; Quelle: Händlerangaben
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3505,00 € | 3602,50 € | Verkauf: –0,8 % | Kauf: +2,0 % |
Stand: 19. Januar 2015, ca. 15.35 Uhr, * 1 Euro = 1,1616 Dollar; Goldpreis = 1276,51 Dollar pro Unze, umgerechnet 1098,92 Euro ; Quelle: Händlerangaben
Die Finanzmärkte gerieten daraufhin ins Trudeln: Die Schweizer Währung gewann von jetzt auf gleich zweistellig an Wert, Banken fuhren Millionenverluste ein, Broker gingen pleite. Ein Warnsignal: Anleger sollten sich absichern – mit Gold.
Vertrauen in die Währung schwindet
Zweieinhalb Jahre hat Mario Draghi den Finanzmärkten ein groß angelegtes Ankaufprogramm für Staatsanleihen in Aussicht gestellt. Jetzt ist es so weit, Draghi hat geliefert.
Am vergangenen Donnerstag kündigte der Präsident der Europäischen Zentralbank an, die EZB werde von März an bis mindestens Ende September 2016 auch Anleihen von Regierungen und anderen öffentlichen Schuldnern aus der Euro-Zone auf dem Sekundärmarkt kaufen. Seit Oktober 2014 erwirbt die EZB bereits Kreditverbriefungen und Pfandbriefe privater Schuldner. Insgesamt 60 Milliarden Euro will Draghi so in die Finanzmärkte pumpen – Monat für Monat. Schon bei einer Mindestlaufzeit des Programms bis Ende September 2016 wären das insgesamt 1140 Milliarden Euro. Der Euro, seit Wochen von Gerüchten über das Programm gedrückt, fiel weiter; der Goldpreis zog erneut an.
„Das Vertrauen in die monetären Systeme verschwindet immer mehr“, sagt Wilhelm Peinemann, Berater des Goldport Stabilitätsfonds. Der Schweizer Investor Marc Faber sagte Mitte Januar auf einer Konferenz der Investmentbanker von Société Générale, der einzige Weg, davon zu profitieren, sei der Kauf von Gold, Silber und Platin. Die edlen Metalle liefert Agosi – seit 1891.
Der Wert einer Lieferung ist erst nach dem Einschmelzen bekannt
Der Agosi-Arbeiter wälzt die Schmuckstücke mit einem Magneten um. Er nickt zufrieden: Nichts bleibt hängen, augenscheinlich handelt es sich um Gold und Silber. Routiniert streift er Wärmeschutz-Handschuhe über, der Schmuck verschwindet im Tiegel über dem Feuer. Hitze dehnt sich in der Werkshalle aus. Eine Flamme flackert auf. 1100 Grad, der Tiegel glüht gelborange. Mit einer Zange hebt der Mann das Gefäß, kippt die geschmolzene Masse in eine Barrenform. Nach nur einer Minute kühlt er den goldenen Block in Wasser. Er ist kaum dicker als eine Tafel Schokolade – wiegt aber stolze 1,6 Kilo.
Wie viel Geld der Goldsammler für den Schmuck bekommt, hängt davon ab, welche Metalle der enthält. „Genau bestimmen kann man den Metallgehalt einer Kundenlieferung erst, wenn sie geschmolzen worden ist“, sagt Volkmar Häuser, Leiter der Edelmetall-Rückgewinnung. Daher bohren die Analyse-Mitarbeiter Löcher in den Block, im Schnitt enthalten Schmuckstücke der Altgoldhändler 60 Prozent Gold. Bis zum Barren mit 999 Tausendsteln Feingehalt ist es noch ein langer Weg.
Konditionen für Krügerrand-Goldmünzen bei unabhängigen Edelmetallhändlern
Internetseite: www.westgold.de
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1114,00 € | 1132,0 € | Verkauf: +1,4 % | Kauf: +3,0 % |
Stand: 19. Januar 2015, ca. 15.35 Uhr, * 1 Euro = 1,1616 Dollar; Goldpreis = 1276,51 Dollar pro Unze, umgerechnet 1098,92 Euro ; Quelle: Händlerangaben
Internetseite: www.mp-edelmetalle.de
Verkaufen | Kaufen | Abschlag/Aufschlag auf den Goldpreis* bei... | |
1099,11 € | 1137,11 € | Verkauf: 0,0 % | Kauf: +3,5 % |
Stand: 19. Januar 2015, ca. 15.35 Uhr, * 1 Euro = 1,1616 Dollar; Goldpreis = 1276,51 Dollar pro Unze, umgerechnet 1098,92 Euro ; Quelle: Händlerangaben
Verkaufen | Kaufen | Abschlag/Aufschlag auf den Goldpreis* bei... | |
1097,00 € | 1140,50 € | Verkauf: –0,2 % | Kauf: +3,8 % |
Stand: 19. Januar 2015, ca. 15.35 Uhr, * 1 Euro = 1,1616 Dollar; Goldpreis = 1276,51 Dollar pro Unze, umgerechnet 1098,92 Euro ; Quelle: Händlerangaben
Verkaufen | Kaufen | Abschlag/Aufschlag auf den Goldpreis* bei... | |
1095,00 € | 1144,90 € | Verkauf: –0,4 % | Kauf: +4,2 % |
Stand: 19. Januar 2015, ca. 15.35 Uhr, * 1 Euro = 1,1616 Dollar; Goldpreis = 1276,51 Dollar pro Unze, umgerechnet 1098,92 Euro ; Quelle: Händlerangaben
Goldbarren werden nicht an Wert verlieren
Rund 36.000 Euro kostet ein Kilobarren Gold aktuell auf dem Markt. Die Agosi-Gruppe gießt solche Barren in Amsterdam für ihre Mutter Umicore. Dass Barren demnächst wieder stark an Wert verlieren, ist eher unwahrscheinlich – egal, wie die Notenbanken sich in Zukunft verhalten.
- Hörten die Zentralbanken auf, die Märkte mit Liquidität zu fluten, würden Investoren ihr Kapital aus den mit Notenbankgeld aufgepumpten Aktien- und Anleihemärkten abziehen – und auch in Gold umschichten. Schon 2014 haben die Analysten der Commerzbank beobachtet, dass mit Gold besicherte Wertpapiere „Zuflüsse verzeichneten, insbesondere, wenn es an den Aktienmärkten zu starken Rückgängen kam“.
- Blähen die Zentralbanken ihre Bilanzsummen weiter auf, treibt das den Goldpreis. Das zeigt die Vergangenheit: 2012 erreichte die aggregierte Bilanzsumme des Euro-Systems ihren Rekordstand bei 3102 Milliarden Euro. Vereinfacht lässt sich an der Bilanzsumme der Prozess der Zentralbankgeldschöpfung in der Euro-Zone ablesen. Mehr Euro bei konstanter Goldmenge – diese Relation schob vor 2012 den Goldpreis an. Denn anders als Papierwährungen ist Gold nicht beliebig vermehrbar.
Für den steilen Anstieg der Bilanzsumme des Euro-Systems und parallel des Goldpreises in Euro hatte Draghi damals vor allem mit zwei 500-Milliarden-Euro-Spritzen gesorgt. Über Liquiditätsprogramme hatte die EZB den Banken vor drei Jahren das Geld geliehen. Bis spätestens März 2015 müssen sie zurückzahlen. Während vor allem Institute in Südeuropa bis heute an diesem Tropf hängen, begannen andere im Sommer 2012 mit der Rückzahlung. Entsprechend schrumpfte die Bilanzsumme des Euro-Systems, auf 1988 Milliarden Dollar im vergangenen September. Nahezu parallel fiel der Goldpreis in Euro auf das Preisniveau aus der Zeit vor der Liquiditätsflut zurück, im Tief ging es runter auf 873 Euro.
Draghi hört erst auf, wenn das Inflationsziel erreicht ist
Doch um das Ziel – Inflation – zu erreichen, müssen die EZB und ihre angeschlossenen nationalen Notenbanken ihre Bilanzsumme vermutlich noch viel stärker aufblähen als bisher geplant. Ökonomen der Investmentbank Morgan Stanley schätzen, dass ein Staatsanleihekaufprogramm über 1000 Milliarden Euro nur einen Effekt von 0,4 Prozentpunkten auf Inflation und Wirtschaftsleistung hätte. Plausibel mit Blick auf das EZB-Inflationsziel von knapp zwei Prozent scheint daher, dass die Notenbank ihre Bilanz auf 4500 Milliarden Euro aufblasen müsste. So sehen das auch Analysten der Royal Bank of Scotland. Draghi betonte am Donnerstag denn auch, er werde erst Schluss machen mit den Käufen, wenn sein Inflationsziel erreicht sei.
In der Krise ist es besser, Gold in den Händen zu halten
Investoren zieht es deshalb wieder verstärkt in mit Barren besicherte Wertpapiere. Die Bestände aller vom Börsendienst Bloomberg erfassten Goldfonds erhöhten sich seit der Entscheidung der Schweizer SNB, den Mindestkurs aufzugeben, um 1,3 Millionen Unzen auf zuletzt 52,6 Millionen Unzen. Um den Rekordwert von Ende 2012 zu erreichen, müssten Anleger beim aktuellen Unzenpreis noch über 40 Milliarden Dollar in Goldfonds investieren.
Goldfonds lassen sich schnell und liquide über die Börse handeln. In Krisen jedoch ist es besser, Gold in Händen zu halten. Nur wenn Anleger direkt darauf zugreifen können, bietet es eine Reserve außerhalb des Finanzsystems. „Da kann ich immer zu meinem Safe gehen, meine Barren und Münzen rausnehmen und verkaufen, wenn ich das muss“, hat der Schweizer Vermögensverwalter Felix Zulauf einmal gesagt. Die Bundesbank macht es vor und bringt die Goldvorräte Deutschlands unter ihre Kontrolle. Sie hat im Vorjahr 120 Tonnen aus dem Ausland nach Hause geholt. 2020 soll die Hälfte des Goldschatzes von derzeit 3384 Tonnen in Frankfurt lagern.
Das Gold der Altgoldsammler reicht nicht für den Markt
Agosi will jetzt sein Geschäft erweitern und auch auf Privatanleger setzen: Das an der Börse mit derzeit 360 Millionen Euro bewertete Unternehmen – gut 90 Prozent des Aktienkapitals hält Umicore – plant einen eigenen Online-Shop, in dem Anleger Barren und Münzen kaufen können.
Doch damit genug Edelmetall für alle da ist, reicht das Gold der Altgoldsammler nicht aus. Ein paar Hallen neben der Schmuckschmelze geht es richtig zur Sache. „Hier steht die größte Goldscheideanlage Deutschlands“, sagt Agosi-Mann Häuser. Ein Arbeiter im silbernen Hitzeschutzanzug, mit Haube und dunklem Visier schreitet auf den riesigen Ofen zu, lässt Glühmasse in einen Tiegel laufen. Von dort gießt er das Metall in Formen. Orangefarbene Funken sprühen, ein Laufband schiebt die Barren unter eine Wasserdusche – zischend steigt Dampf auf.
Agosi kauft kein Metall von Minen. „Unser Gold kommt fast ausschließlich aus hauseigenem Recycling“, sagt Häuser. Die Rohstoffe für den Trommelofen liefern etwa Autozulieferer – Abfälle von Metallbändern, aus denen sie Teile für Steckverbindungen ausgestanzt haben. Im Schnitt enthält eine Tonne eingeschmolzenes Material weniger als zehn Kilo Gold. Der Aufwand lohnt sich – heute viel mehr als vor einem Jahr, als die Unze 900 Euro kostete.
Nur Gold schützt vor systemischen Risiken
In den Jahren seit Beginn der Finanzkrise 2008 haben die Notenbanken Anleger gerettet. Zwar sind die Zinsen massiv gesunken, aufs Tagesgeld gibt es nichts mehr. Doch die Finanzmärkte, allen voran die Aktienbörsen und Staatsanleihemärkte, sind durch das Vertrauen in die Macht der Notenbanken am Laufen gehalten worden. Die Ära könnte sich mittelfristig dem Ende zuneigen. Dann schützt Anleger nur Gold vor systemischen Risiken – zu denen auch die Notenbanken werden könnten.
Das Beispiel der Schweizer SNB zeigt das eindrucksvoll: Sie ist die erste bedeutende Notenbank, die von den Marktkräften in die Knie gezwungen worden ist. Die SNB hatte den Franken im September 2011 an den Euro gekoppelt. Dieser sollte seither nicht mehr unter 1,20 Franken je Euro fallen. So wollte die SNB die Schweizer Exportwirtschaft schützen – denn wertet der Franken zu sehr auf, verteuern sich Schweizer Produkte im Ausland.
Ein starker Dollar ist nicht schlecht für Gold
Den Mindestkurs hat die SNB mit dem Aufkauf von Euro-Anlagen verteidigt und so ihre Geldpolitik faktisch an die EZB übertragen. Die Bilanzsumme der SNB schwoll auf zuletzt 85 Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung an – selbst die aggressiv Geld druckende Bank of Japan kommt nur auf eine Quote von 40 Prozent.
Einen Teilerfolg in seiner Kampagne gegen das Deflationsgespenst und für mehr Inflation hat EZB-Chef Draghi schon errungen. Der Euro hat abgewertet, gegenüber dem Dollar seit Anfang Mai 2014 von 1,3993 auf zuletzt 1,1377 Dollar. Geht es nach Draghi, darf der Euro noch schwächer werden. Gut für Anleger: Seit 2005 fallen Aufwärtsschübe von Gold in Euro oft zusammen mit einer Schwächephase des Euro gegenüber dem Dollar . Das Argument, ein starker Dollar sei schlecht für Gold, zieht aus Sicht eines Euro-Anlegers nicht. Auch die Charttechniker, die Prognosen aus vergangenen Kursverläufen ableiten, geben grünes Licht: Anfang Januar knackte der Goldpreis in Euro den Widerstand bei knapp 1000 Euro. Damit endete eine gut einjährige Bodenbildungsphase – ein positives Signal.
Papier- und Buchgeld gibt es reichlich, Gold aber ist begrenzt. Draghi will allein das Angebot an Euro um mindestens 50 Prozent erhöhen. Die überirdische Goldmenge wächst dagegen jährlich nur um etwa eineinhalb Prozent. Dass seine Menge recht konstant ist, macht Gold als Wertspeicher attraktiv – und sorgt dafür, dass die Menschen nichts verloren gehen lassen. In den ersten drei Quartalen 2014 wurden weltweit 26 Millionen Unzen Gold recycelt, aus Altgold und Elektroschrott.
Nur Königswasser kann Gold auflösen
Sobald Agosi den Goldgehalt der Rohbarren bestimmt hat, wird das Gold aller Lieferanten zusammen eingeschmolzen und die flüssige Masse in Wasser gekippt. Die Metalle flocken zu Cornflakes-ähnlichen braunen Teilchen aus. Nebenan wartet schon ein Chemikant mit Schutzbrille auf die Ware. Er wacht über drei große Reaktoren, in denen die Flocken zu Goldsand verarbeitet werden. 300 Kilo Flocken liegen in einem kleinen Schubwagen. Das reicht gerade, um den Boden zu bedecken.
Die wichtigsten Fakten zu Gold
Die gesamte Goldnachfrage im zweiten Quartal 2014 betrug 963.8 Tonnen. Damit ist die Nachfrage um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q2'13: 1,148.3) gefallen.
Quelle: World Gold Council
Die weltweite Nachfrage nach Schmuck betrug im zweiten Quartal 2014 insgesamt 509.6 Tonnen und ist damit um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q2'13: 726.7) gefallen.
Die Nachfrage des Technologiesektors belief sich im zweiten Quartal 2014 auf 101 Tonnen und blieb damit, verglichen mit den 103.8 Tonnen im zweiten Quartal 2013, nahezu unverändert.
Die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen im zweiten Quartal 2014 deutlich gesunken – auf 275.3 Tonnen. Ein Minus von 56 Prozent im Vergleich zu 2013 (Q2: 627.9).
Dass die Gesamtnachfrage nach Gold im zweiten Quartal 2014 um 16 Prozent zurückging, ist vor allem auf die Abflüsse aus Gold-EFTs zurückzuführen, die sich auf insgesamt auf 39.9 Tonnen beliefen. 2013 waren das im zweiten Quartal noch 402.2 Tonnen.
Die Nettoeinkäufe von Zentralbanken betrugen 117.8 Tonnen. Dies entspricht einem Anstieg von 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal (92.1 Tonnen).
Die Goldnachfrage im Investment belief sich im zweiten Quartal 2014 auf 235.4 Tonnen. Das ist eine minimale Steigerung von vier Prozent, im Vorjahresquartal waren es 225.7 Tonnen.
Über Kanister pumpt der Chemikant eine Mischung aus Salz- und Salpetersäure in den Reaktor. Königswasser heißt das Gebräu, „es ist die einzige Flüssigkeit, die Gold auflösen kann“, sagt er und zapft eine grünbraune Probe. Aus dem Dreckwasser wird Goldsand, den Laien mit Currypulver verwechseln könnten, würde das Gläschen Pulver nicht über ein Kilo wiegen. So trennt Agosi Gold von Silber, das sich in dem Königswasser nicht löst. In einer Ecke stehen Plastiksäcke, gefüllt mit zementartigem grauem Pulver: Silber.
"Granalien" sind der Rohstoff für Goldbarren
Der Goldsand wird erneut geschmolzen und in Wasser gegossen. Dieses Mal gibt es keine Flocken, sondern hochglänzendes Feingoldgranulat, „Granalien“ sagen sie dazu, der Rohstoff für Juweliere und – endlich – für die Barren der Anleger. Die Granalien kommen in den Tresor.
Das Gelände ist geschützt: Sicherheitsleute, Kameras, Bewegungsmelder. Zeitschaltuhren riegeln die Tresore ab, zu fixen Zeiten kommen selbst Mitarbeiter mit Code nicht rein. Bei Schichtbeginn müssen mehrere zugleich ihren Code eingeben, sonst bewegt sich die über 40 Zentimeter dicke Tresortür nicht. Ständig wird während der Produktion gewogen; Diebstahl würde schnell auffallen.
Selbst aus dem Putzwasser wird Gold gefiltert
Agosi sammelt jedes Milligramm Gold wieder ein. So darf die Reinigungskraft ihr Putzwasser nicht in den Ausguss schütten – es wird gefiltert, bis das letzte Schwebteilchen gesichert ist. Putzlappen, Schutzanzüge, Filter – alles wird in der Schmelze verbrannt. Abends muss jeder Mitarbeiter durch die Sicherheitskontrolle, Hosentaschen entleeren, Jacke und Rucksack werden durchleuchtet, wie am Flughafen. Stichprobenartig macht der Sicherheitsdienst sogar Leibesvisitationen.
Im Tresorraum stehen kleine Plastiktrommeln, zu zwei Dritteln gefüllt mit Granalien. Und doch sind sie mit 25 Kilo so schwer, dass man sie kaum heben kann. Gegenwert: 920 000 Euro pro Döschen. Ein Mitarbeiter demonstriert, wie dicht Gold ist: Er will mit der Hand durch die Granalien fahren, doch kann kaum durchgreifen.
In Pforzheim fertigt Agosi Vorprodukte (Halbzeuge) für 3500 Juweliere. Die stabilisieren das Geschäft: „Sinkt der Goldpreis, fragen Juweliere mehr Ware nach, steigt er, halten sie sich zurück“, sagt Peter Tews, Leiter der Halbzeuge-Produktion.
Die EU treibt Sparer immer weiter zum Gold
Auf einer Ablage liegen Rohre in allen möglichen Goldtönen. „Daraus werden mal locker 1000 Eheringe“, sagt Tews und hebt eines an. „Das Rohr hier hat etwa 17 Kilo, der Metallwert dürfte locker bei einer halben Million Euro liegen“, schätzt er.
Die Eheringe könnten noch deutlich teurer werden. Denn eine weitere Gefahr für den Euro dürfte den Goldpreis mittelfristig treiben: Die Europäische Union (EU) will, dass die Euro-Krisenländer ihre Haushalte sanieren. Doch die EU-Sparvorgaben treiben die Wähler der Krisenländern mehr und mehr in die Arme Euro-kritischer Parteien.
Am Sonntag, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe, wurde in Griechenland ein neues Parlament gewählt. Vor der Wahl konnte die linke Oppositionspartei Syriza ihren Vorsprung auf die regierenden Konservativen von Ministerpräsident Antonis Samaras weiter ausbauen. Syriza lag zuletzt rund 6,5 Prozentpunkte vor Samaras’ Partei. Im Fall eines Wahlsieges will Syriza die Sparpolitik stoppen. Zudem verlangt Spitzenkandidat Alexis Tsipras einen Schuldenerlass für das Land, das mit Finanzhilfen über 245 Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds und den Euro-Staaten vor der Pleite bewahrt wurde.
Auch in Spanien droht Ungemach: Dort „werden die Regionalwahlen im Frühjahr zeigen, wie groß die Unterstützung für Podemos ist – eine derzeit in den Meinungsumfragen erfolgreiche Partei, die sich gegen die Sparpolitik ausspricht“, warnen Analysten von Edmond de Rothschild. Kämen in Europa nach und nach Euro-Kritiker an die Regierung, würden Investoren aus Staatsanleihen fliehen. Die Notenbanken blieben als letzte Käufer übrig – und müssten noch mehr Zentralbankgeld in Umlauf bringen.
Spätestens dann schlägt die Stunde des physischen Goldes.