Goldpreis Gold – alle wollen es, keiner kauft es

Trotz weltweiter Krisen steigt die Nachfrage nach Gold nicht. Sparer kaufen sogar weniger Gold - obwohl sie das Edelmetall lukrativer finden als alle anderen Geldanlagen.

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Gold als Geldanlage Quelle: REUTERS

Aufgeblähte Aktienmärkte, rasant steigende Immobilienpreise, ein erster Kurssturz bei Anleihen, die erwartete Zinswende in den USA, Konflikte in der Ukraine sowie Streit mit Russland und nicht zuletzt die drohende Griechenland-Pleite und damit einhergehend Gefahren für den Fortbestand der Gemeinschaftswährung Euro: Derzeit gibt es viele Brandherde, die das Potenzial haben, als neuerliche Finanzkrise über Anleger hereinzubrechen.

Die Börsen sind nervös, jede noch so kleine Nachricht zu den Konflikten sorgt unmittelbar für starke Schwankungen der Kurse. Gleichzeitig setzt sich die Suche nach einer attraktiven Rendite bei vertretbarem Risiko fort, seitdem es für die Ersparnisse auf der Bank praktisch keine Zinsen mehr gibt.

Die meisten deutschen Anleger wären da schon froh, wenn sie ihr Geld wenigstens sicher verwahrt wüssten, ohne dass es an Wert verliert. Die Anlage in das Edelmetall Gold gilt in solchen Situationen seit jeher als sicherer Hafen und als Versicherung für den Fall einer Finanzkrise oder Hyperinflation. Es ist beständig, nicht vermehrbar und wird weltweit als Zahlungsmittel akzeptiert. Gold ist der Inbegriff des ewig Wertvollen – schon seit Jahrtausenden.

Die wichtigsten Fakten zu Gold

In jüngster Zeit hat das Interesse an Gold unter Anlegern jedoch gelitten, wie nun der Goldhändler Pro Aurum bekanntgab. “Im Januar konnten wir ein Umsatzplus von mehr als 60 Prozent gegenüber dem Dezember 2014 verzeichnen“, berichtet Pro-Aurum-Gründer Robert Hartmann. „Ab März gingen die Goldverkäufe dann aber rapide zurück. Das war kein Phänomen allein auf dem deutschen Markt; die Nachfrage für Edelmetalle, vor allem für Edelmetallmünzen, war international stark rückläufig.“

Beispielsweise habe die US Mint, ein bedeutender Münzproduzent, im Mai den schwächsten Absatz der beliebten Anlagemünze ‚American Eagle‘ seit acht Jahren verzeichnet. Auch kanadische Münzprägestätten berichteten zuletzt von schwachen Verkäufen. Die kanadischen Unternehmensberater von TD Securities prognostizieren sogar ein Absinken der Verkäufe von Goldmünzen in diesem Jahr auf das niedrigste Niveau seit 2008.

Der Nachfragerückgang beim Anlagegold lässt sich auch an einem weiteren Indiz festmachen: Der weltweit größte Goldfonds, der SPDR Gold, hat seit seinen Glanzzeiten vor einigen Jahren fast die Hälfte seines verwalteten Goldbestandes eingebüßt, weil Anleger Anteile abstießen. Inzwischen hat sich das Volumen einigermaßen stabilisiert.

Hohe Meinung von Gold als Geldanlage

Anleger halten indes noch immer große Stücke auf Gold als Geldanlage. Ein Umfrage von Forsa im Auftrag von Pro Aurum ergab, dass 30 Prozent aller Deutschen bei einer Geldanlage mit drei Jahren Laufzeit von Gold die höchsten Gewinne erwarten – zwei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr und deutlich vor allen Anlageklassen. An Aktien, die Renditebringer der vergangenen Jahre, glauben hingegen nur noch 23 Prozent, ein Rückgang um vier Prozentpunkte. In der Rangfolge sind Fonds (zwölf Prozent), Fest- und Termingeld (sieben Prozent) und Anleihen (drei Prozent) deutlich abgeschlagen.

Vor allem Fest- und Termingelder haben in der Gunst der Anleger in den vergangenen Jahren dank der Nullzins-Politik der Notenbanken deutlich Federn gelassen. Und ähnlich wie in den Jahren zuvor traut sich fast ein Viertel der befragten Bürger bei der Frage nach der gewinnträchtigsten Geldanlage für die nächsten drei Jahre keine Antwort zu.

So steht es um die wichtigsten Edelmetalle

Der starke Zuspruch zu Gold überrascht, denn trotz der eingangs geschilderten Krisen und Krisenherde ist Gold von seinem Höchstkurs bei 1800 Dollar je Feinunze aus dem Jahr 2011 weit entfernt. Und entgegen ihrer positiven Einschätzung haben auch nur wenige tatsächlich Gold unter ihren Vermögenswerten. Nur elf Prozent der Bevölkerung besitzen demnach Gold oder Silber in irgendeiner Form. Münzen und Barren horten sogar nur neun Prozent.

Die Ersparnisse stecken viel häufiger in Lebensversicherungen (34 Prozent), Bausparverträgen (32 Prozent) oder Tagesgeld (32 Prozent). Etwas mehr als ein Viertel verfügt über Immobilien, Fondsanteile sind bei 23 Prozent der Befragten Teil ihrer Vermögensstruktur. Selbst Fest- und Termingeld (19 Prozent) sowie Aktien (15 Prozent) zählen weit häufiger zu den privaten Vermögenswerten als Gold.

Zuspruch wegen positiver Preisentwicklung

Befragt nach der Eignung von Gold als Geldanlage legten die positiven Aussagen in den vergangenen zwei Jahren trotzdem zu. So halten 77 Prozent Gold für eine gute Ergänzung zu anderen Anlagen, 71 Prozent sehen in Gold eine sichere Geldanlage, 62 Prozent würden sie auch risikoscheuen Anlegern empfehlen. Fast die Hälfte der Befragten, 47 Prozent, sind sogar der Auffassung, dass Gold für Anleger lukrativ ist, weil sie steigende Kurse erwarten.

„Mehr als 70 Prozent der Deutschen sagen, Gold sei für sie eine sichere Anlage – das ist bemerkenswert angesichts der turbulenten Kursentwicklung der vergangenen Jahre“, sagt Hartmann von Pro Aurum. „Vor dem Hintergrund des Anlagenotstandes hat Gold meiner Überzeugung nach noch immer eine wichtige Funktion als Stabilitätsanker im Portfolio.“

Angesichts der hohen Meinung zum Gold als Geldanlage sind die schwache Quote beim Besitz sowie der lediglich vor sich hin dümpelnde Goldpreis erstaunlich. Woran liegt das schwindende Interesse der Münzkäufer und Goldfondsanleger, obwohl Währungsrisiken und Renditeeinschätzung der Anleger klar für den Goldkauf sprechen?

Ein Aspekt ist sicher die Goldpreisentwicklung. Tatsächlich verzeichnete Gold zumindest in Euro in den ersten Monaten des Jahres ein deutliches Plus von rund zehn Prozent. Schwankte der Goldpreis Ende 2014 um die 950 Euro je Feinunze, sind es heute 1050 Euro.

Angst vor Inflation ist abgeflaut

Gemessen in Dollar hat sich der Goldpreis in den vergangenen zwei Jahren jedoch ausgehend von knapp 1400 Dollar bei einem Preis um die 1200 Dollar je Feinunze eingependelt. Aktuell notiert das Edelmetall mit 1183 Dollar knapp darunter. Da Gold international in Dollar gehandelt wird, ist die Ursache für den Goldpreisanstieg in Euro somit eher der schwachen, von der Euro-Schuldenkrise gebeutelten Gemeinschaftswährung geschuldet als einer steigenden Nachfrage.

Meilensteine des Goldpreises

Der zweite Grund ist in zunehmender Gelassenheit zu suchen – vielleicht sogar Ignoranz seitens der Sparer. Offenkundig haben sich viele Ängste der Anleger, die sonst für vermehrte Goldkäufe sorgten, inzwischen gelegt. Die Sorgen um ein Auseinanderbrechen des Euro-Währungsraums sind weniger ausgeprägt als noch vor drei Jahren, als Notenbankpräsident Mario Draghi versprach, dass die Europäische Zentralbank alles Notwendige tun würde, um den Euro zu schützen – „Whatever it takes“.

Weil der Goldpreis in der Tendenz eher fällt, mag es für viele Anleger zudem verlockender erscheinen, Gold erst später zu kaufen oder den Ernstfall einer Währungskrise oder anziehende Inflation abzuwarten - die trotz der Erwartungen vieler Experten seit dem Ausbruch der Finanzkrise auch sieben Jahre nach der Lehman-Pleite noch immer auf sich warten lässt..

Die Angst vor galoppierender Inflation – eine deutsche Ur-Angst – dürfte deutlich abgeflaut sein, seitdem EU-Politiker immer wieder betonen, dass sogar ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone verschmerzbar sei. Zumal in den vergangenen Monaten vor allem die Sorge vor einer Aufwertung des Euro (Deflation) umging und erst jetzt mit leicht anziehender Inflation (im Mai plus 0,7 Prozent) die Warnungen immer seltener zu hören sind. Selbst die Aussicht auf eine Zinserhöhung der US-Notenbank – und damit einhergehend anziehender Inflation bei der US-Währung – vermag offenbar nicht zu mehr Gold-Hamsterkäufen zu führen. Nicht einmal am Immobilienmarkt oder am Aktienmarkt gebe es eine Spekulationsblase, sind sich Experten einig, ein drastischer Verfall der Vermögenswerte bei Wertpapieren und Immobilien daher nicht zu erwarten.

Das Misstrauen in Papiergeld hat im Vergleich zum Höhepunkt der Schuldenkrise vor drei Jahren deutlich abgenommen. In der Praxis liegen daher Anlagen mit Mini-Rendite, wie Tagesgeld, ein Bausparvertrag, Betongold (Immobilien) oder die Lebensversicherung, weiterhin deutlich vorne.

Einige Markbeobachter vermuten hinter den rückläufigen Goldkäufen lediglich eine schiefe Wahrnehmung des Goldpreises, der nahezu überall nur in Dollar angegeben wird. In Euro aber legte der Goldpreis sowohl im vergangenen als auch im laufenden Jahr im zweistelligen Prozentbereich zu - und für hiesige Anleger ist der Euro-Kurs entscheidend. Für Goldanleger, die auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise zwischen Sommer 2011 und Frühjahr 2013 Gold zu Rekordpreisen von 1600 bis 1800 Dollar gekauft (damals 1200 bis 1350 Euro je Feinunze) haben, ist das allerdings auch nur ein kleiner Trost – sie liegen noch immer deutlich in der Verlustzone. Und für neue Goldkäufer erscheint der Goldpreis in Euro derzeit hoch, was die Nachfrage hemmen dürfte.

Aber wer schon Gold hat und als Teil seines Vermögensportfolios behält, ist gegen böse Überraschungen und schwere Krisen versichert - und bewahrt sich die Chance auf einen steigenden Goldpreis. Dann kann Gold auch bei einem Zusammenbruch der Euro-Zone wieder als Stabilitätsanker glänzen. Denn wie sagte erst kürzlich Börsenguru Marc Faber gegenüber einem US-Fernsehsender: "Ich denke, das Problem ist, dass eines Tages das ganze Finanzsystem implodiert." Seine Strategie: ein diversifiziertes Portfolio aus Aktien, Immobilien und Grundbesitz, 30-jährigen US-Staatsanleihen. "Und ich würde einige Rohstoffe, Edelmetalle, halten", so Faber. Er bevorzugt dabei Goldmünzen und -barren.

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