Die Prognosen, die den Goldpreis auf Talfahrt sehen, nehmen derweil zu. Weil die US-Notenbank Fed ihre extrem lockere Geldpolitik schrittweise zurücknehmen werde, rechnet die US-Großbank Goldman Sachs mit weiter sinkenden Goldnotierungen – obwohl das Edelmetall mit 300 Dollar Kursverlust in drei Monaten schon einen Crash hinter sich hat. Auch die Chance auf eine Erholung der Konjunktur trübe die Aussichten des Krisenmetalls. Ende 2014 könnte das gelbe Metall nur noch etwas mehr als 1000 Dollar wert sein.
Generell werden die Auguren vorsichtiger. Die DZ Bank verweist auf das Ausbleiben von Inflation, rechnet mit einem stärkeren Dollar und spricht vom Ende der Gold-Party. Credit Suisse sieht vor allem professionelle Anleger auf der Verkäuferseite. Das goldene Ziel der Schweizer: 1000 Dollar bis Mitte 2014. Nach Angaben der Edelmetallexperten vom World Gold Council ging die Goldnachfrage in diesem Jahr um 13 Prozent zurück.
Auch Morgan Stanley prognostiziert derzeit einen auf Jahre fallenden Goldpreis und begründet dies mit einem absehbaren Ende der Geldschwemme durch die US-Notenbank. Demnach erwarten die US-Banker für das laufende Jahr noch einen Höchstpreis von 1409 Dollar. Für 2014 erwarten sie einen Maximalpreis von 1313 Dollar. Aber immerhin: Trotz ausgewiesenen Pessimismus wäre das vom jetzigen Niveau aus betrachtet noch ein Plus.
Wie schnell sich der Goldpreis auch wieder erholen kann, hat die vorige Woche gezeigt. Als es zur Regierungskrise in Portugal kam, zog der Goldpreis schlagartig wieder an. Kaum war die Regierungskrise nach wenigen Tagen beigelegt, galt die einzige Sorge der Investoren wieder dem möglichen Ende der Geldspritzen durch die Notenbank. Als EZB-Präsident Draghi die Märkte mit der Aussicht auf dauerhaft niedrige Zinsen zu beruhigen versuchten, litt der Goldpreis ebenso wie der Anleihen- und Aktienmarkt.
Fakten zu den deutschen Goldreserven
Außer der US-Notenbank, die mehr als 8000 Tonnen hat, besitzt keine andere Institution so viel Gold wie die Bundesbank. In einem am Montag veröffentlichten Bericht an der Bundesbank zeigt sich der derzeitige Wert des Goldschatzes: Er beläuft sich auf 3395,5 Tonnen im Wert von rund 150 Milliarden Euro. Genauer gesagt 150,373 Milliarden Euro.
Das meiste Gold sammelte sie in den Fünfziger- und Sechzigerjahren ein. Vor dem Hintergrund des Koreakriegs stieg damals die weltweite Nachfrage nach deutschen Anlagen, Maschinen und Kraftfahrzeugen. Das Ergebnis waren deutlich höhere Leistungsbilanzüberschüsse. Da die Regeln der damaligen Europäischen Zahlungsunion (EZU) bestimmten, dass Schuldnerländer auflaufende Salden durch Goldzahlungen ausgleichen mussten, füllten sich die deutschen Tresore. Zudem kaufte der Internationale Währungsfonds in den Sechzigerjahren für Gold Deutsche Mark in Frankfurt, um die Währungsreserven aufzufüllen. Damit wuchs das Goldvolumen der deutschen Bundesbank übermäßig.
Verwahrt werden die Barren von der Bundesbank in eigenen Tresoren in Frankfurt, aber rund zwei Drittel lagern an drei Stellen im Ausland: bei der US-Notenbank Fed in New York, der französischen Nationalbank in Paris und der britischen Zentralbank in London. Ein großer Teil des Besitzes, aber weniger als die Hälfte, lagert in den USA.
Die Deutsche Bundesbank ist weltweit die einzige Zentralbank, die ihre Goldreserven im Ausland lagert. Hintergrund dafür ist noch immer vor allem der Kalte Krieg. Der Einfall sowjetischer Truppen in Westdeutschland hätte bedeutet, dass die Reserven schnell in Feindeshand gewesen wären.
Hinzu kommt die Idee, das Gold diene der Bundesbank als Reserve. Im Krisenfalle könnte es in New York schnell und einfach als Sicherheit für Dollar-Geschäfte dienen. Ein weiterer Teil des deutschen Goldes lagert in London und Paris. Die Antwort der Bundesbank dazu bleibt aber mehr als schwammig: "Es gibt nach wie vor gute Gründe, das Gold in New York oder London zu lagern.“
Laut einem Bericht des Bundesrechnungshofs an den Haushaltsausschuss des Bundestages muss die Bundesbank für die Gold-Verwahrung in New York und Paris nichts bezahlen. Dagegen würden in London pro Barren und Nacht 0,035 Pfund fällig. Zudem bestehe kein Versicherungsschutz. Wegen dieser Kosten baut die Bundesbank seit Jahren ihren Bestand in London ab.
Die in Frankfurt verwahrten Bestände bestehen aus 82.857 Barren, die überwiegend in verplombten Containern mit je 50 Barren lagern. Diese werden in vier separat verschlossenen Tresorboxen aufbewahrt. 6183 Barren lagern in Regalen in einem separaten Tresor - der Goldkammer. Zu den Sicherheitsmaßnahmen heißt es: "Der Tresoraußenverschluss steht unter Zweifach-, die Innenverschlüsse und die Goldkammer unter einem Dreifachverschluss."
Anders als bei den Lagerstellen im Ausland hat die Bundesbank die von ihr bewachten Gold-Barren dem Rechnungshof zufolge mindestens einmal gezählt und gewogen. Die Bundesbank hält es nicht für notwendig, die Barren, die im Ausland lagern, selbst zu zählen und den Goldgehalt zu prüfen - sie vertraut dem guten Ruf ihrer Partner-Notenbanken.
Diese Frage geistert seit einigen Jahren durch die deutsche Politik. Tatsächlich hat die Bundesbank 1997 erstmals verliehen, allerdings nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Seit 1999 bezeichnet die Bundesbank aufgrund von EZB-Vorgaben den ehemaligen Posten „Gold“ mit „Gold und Goldforderungen“ unterteilt. Nach einer diesbezüglichen Anfrage des CSU-Politikers Peter Gauweiler gab es dann im November 2010 von Staatssekretär Hartmut Koschyk eine Antwort darauf: „Aktuell ist kein Gold verliehen.“ Das hat die Bundesbank bestätigt. Sie verleiht seit 2008 kein Gold mehr.
Verschwörungstheorien sprechen sogar davon, dass es die Reserven teilweise gar nicht mehr gibt. Nährboden bekommen sie etwa durch die Tatsache, dass die Goldreserven lange nicht mehr in Augenschein genommen wurden. In London oder Paris bekommen selbst Bundestagsabgeordnete keinen Zugang dazu – angeblich weil Besuche organisatorisch nicht möglich seien. Die Gerüchte um diese Frage werden sich deshalb solange weiterranken, bis Einblick gewährt wird. So wie bei den Goldreserven in New York: Während einige Nachrichtenagenturen 2011 mutmaßten, die Tresore seien zur Hälfte geräumt oder gar völlig leer, verlangten Bundestagsabgeordnete vor Ort einen Blick auf die Reserven - aber ihnen wurde der Zutritt ebenfalls verwehrt. Anderslautende Meldungen erwiese sich als Ente. Jetzt muss wohl abgewartet werden, bis die vom Bundesrechnungshof verlangte Inventur und Prüfung des deutschen Goldes durch die Bundesbank abgeschlossen ist.
Die Ankerfunktion für das Währungssystem, wie es sie zu DM-Zeiten noch gab, haben die Goldreserven verloren. Trotzdem lehnt die Bundesbank Goldverkäufe im großen Stil ab, um damit die Löcher im Bundeshaushalt zu stopfen. Sie glaubt daran, dass die Reserven vor allem auch eine psychologische Wirkung haben. Die Zentralbank geht davon aus, dass sie damit ihre Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit bewahren besser kann.
In dieser Konstellation verhielt sich der Markt also paradox. Denn niedrige oder gar negative Realzinsen sind eigentlich eine gute Voraussetzung für einen steigenden Goldpreis. Zugleich sind die Probleme und Krisenherde an den Finanzmärkten nicht weniger geworden: Chinas Notenbank tritt bei der Kreditvergabe auf die Bremse und laviert am Rande einer massiven Bankenkrise. Japan will die Geldmenge bis 2014 verdoppeln und so die Inflation zur Konjunkturbelebung schüren. Auch in Südeuropa steht es unverändert schlecht um die Krisenländer Griechenland, Italien, Spanien und Zypern. In Frankreich droht nach verfehlter Wirtschaftspolitik auch noch ein neuer Krisenherd weit größeren Ausmaßes. Es gibt also reichlich Gründe dafür, an einen langfristigen Erfolg eines Goldinvestments zu glauben.
Obwohl als Krisenschutz sinnvoll, sieht Weinberg den Goldpreis weiter skeptisch. „Wir rechnen mit einer Stabilisierung beim Goldpreis, aber es gibt kaum Anlass für eine Gold-Hausse. Der Goldpreis wird wohl langsamer steigen, als von uns gedacht“, prognostiziert Weinberg.