Grauer Kapitalmarkt Die dubiosen Geschäfte der Euro Grundinvest

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Maltes Imperium

Bei „Nitro“ denken nicht nur Chemiker an Sprengstoff – es ist eine geläufige Kurzform für Nitroglyzerin. An was Malte Hartwieg dachte, als er eine seiner zentralen Firmen „Nitro Invest“ nannte, ist nicht überliefert. Fakt ist aber, dass der gelernte Maurer und spätere Finanzvertriebler rund um die Nitro Invest GmbH ein hochexplosives Anlagekonstrukt gebastelt hat. Vier Emissionshäuser haben 21 geschlossene Fonds und Genussrechte aufgelegt, Tausende Anleger bis zu 320 Millionen Euro in das Konglomerat gesteckt – meist vermittelt über dima24.de, ein Online-Portal, das ebenfalls Hartwieg hochgezogen hat (WirtschaftsWoche 04/2014). Nun droht alles in die Luft zu fliegen.

Für Geniesser: Promi-Koch Holger Stromberg kochte für Tünde und Malte Hartwiegs Männer-Spa (von links)

Neun geschlossene Fonds

Hartwiegs erstes eigenes Emissionshaus hat neun geschlossene Fonds aufgelegt. Sechs Emirates-Fonds von Selfmade sollten laut Prospekten in Immobilien oder Infrastrukturprojekte im arabischen Raum investieren, der India-Fonds in Infrastruktur in Indien, der Caribbean-Fonds in ein Luxus-Ferienresort in der Karibik und der Brazil-Fonds in brasilianische Wohnimmobilien. Die Beteiligungen sind fragwürdig gestrickt: Die deutschen Fondsgesellschaften zeichnen Genussrechte von Firmen in den Zielländern, konkrete Vorgaben für die Verwendung der Mittel gibt es nicht.

Was in den Emiraten, der Karibik und anderswo mit dem Geld passierte, ist unklar. Auszahlungen bekommen Anleger jedenfalls nicht mehr. Der von Hartwieg beauftragte Anwalt Werner Klumpe teilte Anlegern im April mit, dass er daran arbeite, den Verbleib des Geldes zu klären. Schuld an der Misere sei Geschäftspartner Christian K., der vor Ort verantwortlich gewesen sei.

Nach der Selfmade-Welle nahm Hartwieg Immobilien ins Programm. Über seine Holding Nitro Invest gründete er das Emissionshaus Euro Grundinvest. Dieses legte fünf geschlossene Fonds und zuletzt Genussrechte auf.

Von den fünf Fonds der Nitro-Tochter investierten drei in Öl- und Gasquellen in den USA, dazu gibt es einen Fonds für die Goldsuche in Kanada und einen Silberfonds. Die Lage ist bei der Mehrzahl der NCI-Fonds so trostlos wie bei Selfmade: Anleger bekommen keine Auszahlungen mehr, die Anwaltskanzlei versucht zu klären, was mit dem Geld passiert ist. Auch hier soll laut Anwalt Klumpe Hartwiegs Geschäftspartner Christian K. der Schuldige sein.

Mehrere Strafanzeigen

Dieses Emissionshaus der Nitro-Holding brachte bislang erst einen geschlossenen Fonds auf den Markt. Er investiert laut Eigenwerbung über eine luxemburgische Gesellschaft in Derivate. Anleger können nach drei Jahren kündigen, empfohlen wird allerdings eine Haltedauer von fünf Jahren mit einer möglichen Rendite von 173 Prozent. Wer 30 Jahre dabei bleibt, soll sagenhafte 2691 Prozent erhalten. Wo die herkommen sollen, ist ein Rätsel– zumal nach Abzug der Nebenkosten nur gut drei Viertel des Anlegergeldes investiert werden.

Während die Nitro Invest GmbH nach wie vor Hartwieg gehört, hat der 41-Jährige die Anteile an der Verkaufsplattform dima24.de Anfang des Jahres an seine Mitarbeiter Renate Wallauer und Frank Schuhmann abgegeben. Die Lage bei Nitro Invest, dima24.de, Selfmade Capital und NCI sowie den meisten ihrer Fonds ist kritisch: Hartwiegs Anwalt Klumpe warnt in einem Schreiben vom April dieses Jahres vor zahlreichen Insolvenzen, wenn Anleger Schadensersatzansprüche erfolgreich geltend machen.

Die Staatsanwaltschaft München bestätigt, dass ihr mehrere Strafanzeigen gegen Hartwieg und K. vorliegen. Seit Anfang des Jahres prüft die Behörde, ob sie ein Ermittlungsverfahren einleitet. Hartwieg äußerte sich auf Nachfrage nicht zu den Anzeigen, K. war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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