Jochen Felsenheimer, Anleihenexperte bei der Fondsboutique Assénagon Credit Management in München, ist sich da nicht so sicher. Zwar sei durch das ungeschickte Agieren der Politik in den vergangenen zwei Jahren sowie durch die verschiedenen Rettungsmaßnahmen der Euro-Austritt Griechenlands wahrscheinlicher geworden, aber zwingend sei er keinesfalls. „Im Wesentlichen wird es darum gehen, wie der Prozess der Krisenbewältigung abläuft. Ökonomisch ist es aus Sicht der EU vollkommen gleichgültig, ob Griechenland im Euro bleibt oder nicht. Die große Gefahr lauert darin, dass ausländische Investoren das Vertrauen in die gesamte Euro-Zone verlieren und Europa den Rücken kehren.“ Im April hätten ausländische Investoren binnen kurzer Zeit 20 Milliarden Euro allein aus spanischen Staatsanleihen abgezogen, weil das Vertrauen in den Euro schwand. „Die ausländischen Investoren brauchen wir aber zwingend für die Käufe von Staatsanleihen. Ohne sie kann sich kein Euro-Staat auf Dauer refinanzieren.
Keine Auswirkungen auf Banken in Europa
Griechenland ist für Felsenheimer sicher der schlimmste Fall in der Euro-Zone, Irland und Island seien nach ihrer schmerzhaften Bankenkonsolidierung sogar schon fast wieder über den Berg. Einen Euro-Austritt Griechenlands hält er ohne weiteres für verkraftbar. Wenn sich griechische Banken nach einem Währungswechsel in Drachmen refinanzieren müssten, würde das zwar Pleiten und eine hässliche Restrukturierung der Branche nach sich ziehen, monetär seien die Folgekosten und Ansteckungsgefahren für andere Banken in Europa nach dem Schuldenschnitt jedoch beherrschbar. „Wichtiger ist der psychologische Effekt – insbesondere im Ausland. Für Griechenland wäre das katastrophal“, so Felsenheimer. „Hoffentlich verstehen die Griechen, dass die Einhaltung der Sparzusagen zwar schlimm, der Euro-Austritt für sie jedoch viel schlimmer ist. Ohne Euro wird es sehr lange dauern, bis die Griechen wieder zu mehr Wachstum und Wohlstand gelangen.“ Das niemand so recht an eine Zukunft Griechenlands ohne Euro glauben mag, zeigen auch die neuen Anleihen, die nach dem großen Schuldenschnitt an Anleger ausgegeben wurden: Obwohl sie nominell nur noch 47 Prozent der alten Schulden verbriefen, sinkt ihr Wert. Die Hoffnung darauf, dass Griechenland irgendwann seine Schulden begleicht, schwindet weiter.
Was aber würde bei einem Euro-Austritt Griechenlands an den Anleihemärkten passieren? Auch Preissler befürchtet, dass nach dem Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone die griechischen Banken pleite gingen, weil sie ihre Euro-Schulden mit der dann schwachen Drachme begleichen müssten und der Staat kein Geld für die Rettung aufbringen kann. Dass hätte sicher auch Auswirkungen auf die übrigen Euro-Länder. „Zwar hat sich das europäischen Bankensystem in den Krisenjahren schon weitgehend entflochten, aber es bleibt dennoch einige Unsicherheit über die Stabilität der Banken und ihre Abschirmungsmaßnahmen.
Bestehender Optimismus
Dennoch bleibt dem Anleiheexperte Grund zum Optimismus. „Ich glaube nicht an eine Krebszelle die sich in der restlichen Euro-Zone ausbreitet“, sagt Preissler. „Im Gegenteil, irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem die Investoren denken, jetzt seien alle Schreckensnachrichten eingepreist. Sie werden sich dann fragen, was eigentlich so schlimm an einem Euro-Austritt Griechenlands wäre. Am Ende dürfte sich sogar Erleichterung breit machen – und die Risikoprämien engen sich ein.“
Dennoch: In den von Bantleon betreuten Portfolios sind derzeit Euro-Staatsanleihen – vor allen der Peripheriestaaten – untergewichtet und dafür Unternehmensanleihen sowie Pfandbriefe übergewichtet.