Clever Anlegen wie die Reichen "Ich würde nicht alles auf den Dax setzen"

Heinz-Werner Rapp, oberster Anlagestratege beim Vermögensverwalter FERI, hält die Leitzinssenkung für richtig, erwartet noch mehr Geld von der Europäischen Zentralbank und sieht gute Chancen für Anleger, wenn sie das tun, was er jetzt auch reichen Familien empfiehlt.

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Heinz-Werner Rapp, oberster Anlagestratege beim Vermögensverwalter FERI, im Interview mit WirtschaftsWoche. Quelle: Presse

WirtschaftsWoche Online: Herr Rapp, wie bewerten Sie die für viele Beobachter überraschende Zinssenkung der Europäischen Zentralbank?

Rapp: Das war nicht unbedingt unerwartet. Die Zinssenkung ist vor allem ein Signal, dass es noch mehr Druck seitens der Notenbanken gibt, um die Weltwirtschaft und insbesondere die Euro-Wirtschaft auf Touren zu halten. Aber die Zinssenkung als solche hat kaum Einfluss auf die Märkte. Es ist vielmehr ein Anzeichen dafür, dass bei der EZB ein neues Nachdenken beginnt.

Ein neues Nachdenken worüber?

Das Risiko, dass der Erholungskurs in Europas Wirtschaft nachlässt, abkippt und schließlich in sich zusammenfällt, ist in der aktuellen Wirtschaftslage sehr real. Deshalb ist das Signal „wir bleiben dran“ richtig. Aber wahrscheinlich wird das nicht reichen. Meine Prognose: Das war nicht der letzte Schritt der EZB. Da muss noch was Großes kommen, das direktere Wirkung entfaltet. Nach der ersten Euphorie an den Märkten macht sich jetzt der Eindruck breit, dass es bei so einem Schritt nicht gut um die Wirtschaftslage bestellt sein kann.

Aber die Euro-Zonen-Wirtschaft zeigte zuletzt doch klare Erholungstendenzen. Warum gerade jetzt die Zinssenkung?

Die Wahrnehmungen dazu sind sehr unterschiedlich. Einige kluge Leute sagen, das Timing war falsch, weil die EZB damit Hektik und Panik verbreitet – vor allem mit Blick auf die erst kurz zuvor präsentierte, sehr niedrige Inflationsrate von 0,7 Prozent im Jahr. Die Zinssenkung der EZB riecht förmlich nach Deflationsangst. Das muss aber nicht der Auslöser gewesen sein. Ich vermute, es war eine Art Rückversicherung. Denn die Entwicklung der Konjunkturindikatoren zeigte zwar auf Sicht der vergangenen zwölf Monate eine klare Verbesserung der Lage - auch unsere eigene Prognose für 2014 ist weiter positiv. Aber bei vielen Indikatoren gibt es aktuell Anzeichen, dass die Erholung etwas abebbt. Die Notenbank tut gut daran, den beginnenden Aufschwung schon jetzt weiter zu stützen.

Mit welcher großen Maßnahme der EZB rechnen Sie denn? Mit milliardenschweren Anleihekäufen wie seitens der amerikanischen Notenbank?

Staatsanleihekäufe sind für die EZB die rote Linie und höchstens im ganz großen Krisenfall denkbar. Die EZB wird das sicher etwas smarter machen und eher die unternehmensrelevanten Anleihesegmente stützen. Da sind direkte Käufe vorstellbar, um die Transmission der sehr niedrigen Zinsen etwa in die Konditionen für Unternehmensanleihen in Spanien oder Italien zu erreichen. Bisher kommt dort für die Refinanzierung der Unternehmen viel zu wenig von den niedrigen Zinsen an. Damit könnte die EZB die Realwirtschaft direkt unterstützen. Außerdem dürfen wir nicht unterschätzen, dass Mario Draghi ein sehr kreativer Mensch ist. Dem wird noch was einfallen, ganz gleich ob durch direkte Käufe, indirekte Aktionen oder durch die Verlängerung pauschaler Stützungsmaßnahmen. Die Banken hatten bereits ihre Party, jetzt ist die Realwirtschaft dran. Dort müssen die Zinsen sinken.

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