WirtschaftsWoche: Herr Leber, in der vergangenen Handelswoche ging es wegen der Drohgebärden aus Nordkorea und schwachen US-Arbeitsmarktdaten an der Börse nochmal steil abwärts, in dieser Woche genügten Konsumausblick und nachrangige Konjunkturdaten für eine Erholung. Sind die Märkte zu fixiert auf Krisen?
Ich finde die Märkte derzeit hochgradig irrational. Die Märkte scheinen immer nur ein Thema nacheinander zu betrachten. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass auch mal zwei gleichzeitig eintreten. Korea ist aktuell eins der ganz großen Themen, weil zwei Weltblöcke aneinandergeraten: der chinesische Block und der amerikanische Block. Ein Krieg vor der Haustür der Chinesen wäre geopolitisch im höchsten Maße heikel. Was tun die Amerikaner dann? Das macht mir extreme Sorgen.
Reagieren Sie denn im Portfoliomanagement auf solche Entwicklungen?
Nein, das tun wir gar nicht. Wenn es stressig wird, sichern wir uns schon mal zusätzlich ab. Aktuell tun wir das jedoch nicht. Ich halte mich lieber aus Bereichen raus, die psychologisch zu hoch bewertet sind. Ich konzentriere mich auf die Bereiche, in denen bei Investoren Desinteresse herrscht. Was uns treibt ist die fundamentale Entwicklung von Aktien und ihre Bewertung. Und da mache ich mir momentan keine Sorgen. Unseren Firmen geht es gut - ganz unabhängig von den diversen Krisen.
Aber die Konjunkturerholung ist noch keine ausgemachte Sache. Fehlt da nicht womöglich das Fundament für prosperierende Unternehmen?
Teilweise stimmt das schon. Ich glaube, ein großer Teil der wirtschaftlichen Entwicklung in den USA ist geborgtes Wachstum. Fast zehn Prozent des Bruttosozialproduktes in den USA sind über die Staatsschulden kreditfinanziert. Da ist heiße Luft im System – und das sehr bewusst. US-Notenbankchef Ben Bernanke hat schon vor Jahren angekündigt, dass dies Ziel seiner lockeren Geldpolitik ist. Mit Krediten lässt sich nun mal jedes beliebige Bruttosozialprodukt ‚bauen‘. Andererseits: Wenn ich mir die Unternehmen ansehe, in die ich investieren möchte, zeigen sich dort Wachstum und die Nachfrage sehr stabil. Ob das die Datenbanken von Oracle, die iPads von Apple oder die Krankenversicherungen von UnitedHealth sind: Da ist natürlicher und sehr robuster Bedarf da, auf den ich mich stütze.