Insider packen aus Die zweifelhaften Geschäfte der FXdirekt Bank

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Frisches Geld ranholen

Hat der Kunde alles verloren, soll er frisches Kapital einzahlen. Hier kommen die Psycho-Tricks der Live-Betreuung ins Spiel. Mitarbeiter setzen Kunden unter Druck. Ein Insider erzählt: „Live ist aggressiv. Da sagt man: Habe ich geklickt oder haben Sie geklickt? Sie haben den Fehler gemacht, hatten keine Geduld.“ Bei der Anmeldung hat die Bank abgefragt, welches Vermögen der Kunde besitzt. Das Wissen nutzt sie aus: „Neue Chance. Aber nicht mit Peanuts, lassen Sie uns mal mit 150.000 Euro anfangen. Dann haben wir was in Rückstand, wenn es gegen uns läuft. Sie haben Geld verloren. Es kommt auf Sie an, ob Sie es zurückhaben möchten.“ Viele zahlen erneut Bares ein, in der Hoffnung, es gehe genauso schnell auf- wie abwärts.

Die WirtschaftsWoche hat mit Ex-Kunden gesprochen. Aussagen gleichen sich: Daueranrufe und Anlageempfehlungen scheinen bei der Bank Usus zu sein. Geld gewonnen hat unter dem Strich keiner. Ein Kunde berichtet, er habe die FXdirekt-Kurse über ein zweites Tradingfenster mit jenen einer anderen Bank verglichen. „Klickte ich bei FXdirekt, sprang der Preis plötzlich weg, der Preis der anderen Bank blieb, wo er war.“ Seine Positionen konnte er erst schließen, wenn sie im Minus waren.

Höchst gewinnträchtige Kaufsignale

Horst Meier (der echte Name ist der Redaktion bekannt) versenkte gleich am ersten Handelstag 18.000 Euro – nicht nur seinen Einsatz über 10.000 Euro hat er verloren, sondern weitere 8000 Euro, mit denen sein Konto in den Miesen war. Die Kontounterlagen liegen der Redaktion vor.

Ein Mitarbeiter, erzählt er, habe ihn am Telefon zum Handeln gedrängt. Er habe höchst gewinnträchtige Kaufsignale erhalten, soll der Betreuer vorgegeben haben. Gewinnziel: 6400 Euro, bis zum Abend. Meier sagt, er habe sich gesträubt, dann aber das ihm „unbekannte Tradingfenster“ geöffnet. Das Desaster nahm seinen Lauf. Mit nur fünf Transaktionen kam er in die Miesen.

Verluste gutmachen

Meier wollte Verluste gutmachen. „Ich hatte Hoffnung, dass ich das verlorene Geld wieder reintraden kann“, sagt er. Nur drei Tage nach dem horrenden Verlust überwies er erneut 18.000 Euro. Sicher: Der Familienvater handelte riskant. Meier hat mit hohem Hebel auf fallende und steigende Kurse gewettet. Er hat mit japanischen Yen, Kronen und dem britischen Pfund spekuliert. Er hat mit dem frischen Geld an nur vier Tagen gehandelt – und wieder den Einsatz verloren. „Die Kurse sind oft kurz ins Plus gelaufen und dann – zack! – tief ins Minus gefallen“, erinnert er sich.

Wahr ist aber auch: Meiers Gewinnchance war minimal.

Er hatte in einem Börsenbrief von der Bank gelesen. Sie stand bei einer Wahl von brokerwahl.de oben auf der Rangliste. Nach Informationen von einem, der damals dabei war, soll nicht immer alles mit rechten Dingen zugegangen sein. Ein Insider berichtet, dass 2009 jeder Teilnehmer eine Stimme hatte. Man bekam für die Abstimmung eine Pin aufs Handy geschickt. Die musste man im Internet eingeben, erst dann war die Stimme gültig.

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