Die Genussrechte, in die Anleger bei Prokon investiert haben, sind ein Mix aus Aktien und Anleihen - eine Finanzierungsform am grauen Kapitalmarkt. Im Gegensatz zu Börsen ist der nicht reguliert, dass heißt Anleger haben in der Regel kaum Rechte gegenüber dem ausgebenden Unternehmen. Auch Genussscheine gelten als intransparent und hochriskant. Schon vor bekanntwerden der Pleite forderten Politiker mehr Aufsicht in diesem Bereich. „Wo Verbraucher sich nicht selbst schützen können oder überfordert sind, muss der Staat Schutz und Vorsorge bieten“, lässt sich etwa Bundesjustizminister Heiko Maas zitieren. Es sei „ein wichtiger Schritt, dass die BaFin den kollektiven Schutz der Verbraucher als wichtiges Ziel ihrer Aufsichtstätigkeit erhält“.
Ob Anleger im Fall Prokon mit Geld rechnen können, hängt von vielen Faktoren ab, die Chancen halten sich aber in Grenzen. Möglicherweise wird wichtig sein, zu welchen Preisen die von Prokon gebauten Windräder verkauft werden können. Zudem stehen Inhaber von Genussrechten in der Gläubigerschlange hinter Banken oder Sozialkassen.
Retten, was zu retten ist
Angesichts Prokons Drohung an die Anleger befürchten Anwälte leere Kassen. Umso mehr wird es auf die Arbeit von Insolvenzverwalter Penzlin ankommen. Seine Aufgabe ist es nun, für die Gläubiger des Unternehmens zu retten, was zu retten ist – eine gewaltige Aufgabe. Die mehr als 75.000 Anleger müssen nun informiert werden, Penzlin muss die vorhandenen Unternehmenswerte bewerten und anschließend vermutlich veräußern. Ob die Anleger davon etwas sehen werden, ist indes fraglich.
Eine der Kernfragen, die Penzlin zunächst prüfen muss, ist, inwieweit die Genussrechtsforderungen nachrangig sind, also Anlegerforderungen erst dann bedient werden, wenn alle anderen Gläubiger ihr Geld bekommen haben. In der Insolvenzszene gilt Penzlin zwar als „profilierter Verwalter im Norden“, ist bislang aber nicht mit der Abwicklung bundesweit prominenter Großverfahren in Erscheinung getreten. Penzlin hatte die Kanzlei gemeinsam mit seinen Partnern Mitte 2007 gegründet. Als Berater unterstützt der ehemalige Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig die Sozietät.
Zuvor arbeitete Penzlin in der Insolvenzabteilung der Großkanzlei White & Case mit renommierten Verwaltern wie Sven-Holger Undritz zusammen.
Zu den größeren Fällen, die Penzlin zuletzt betreut hat, gehört etwa die Insolvenz der Hamburger Firma Navelar, Betreiberin des Hotel-Vermittlungsportal clever-hotels.com. Auch bei einer weiteren Insolvenz in der Windenergiebranche ist Penzlin im Einsatz – wenn auch in anderer Funktion. Bei der N.prior energy, vormals Prokon Nord, ist Penzlin Vertreter der Anleihegläubiger. Das Unternehmen war zuvor unter dem Namen Prokon Nord Energiesysteme bekannt und wurde vom ehemaligen Prokon-Gesellschafter Ingo de Buhr gegründet. Insolvenzverwalter von N.Prior ist der Jurist Stefan Denkhaus von der Hamburger Kanzlei BRL Boege Rohde Lübbehuesen. Die Kooperation im N.Prior-Verfahren lief offenbar reibungslos: Auch bei Prokon soll Penzlin inzwischen eng mit einem BRL-Team um Denkhaus zusammen arbeiten.