Intelligent investieren

Gold ist die bessere Währung

Thorsten Polleit
Thorsten Polleit Chefvolkswirt der Degussa

Umsichtige Anleger halten Gold im Vermögensportfolio – und betrachten sie als eine Währung mit besonderen Versicherungsdiensten. Warum Anleger im "Wettbewerb der Währungen" mit Bitcoin und Co. am Gold nicht vorbeikommen.

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Goldbarren. Quelle: dpa

Von Februar 1973 bis August 2017 lag die jahresdurchschnittliche Rendite, die man mit US-amerikanischen Aktien verdient hat, bei 10,5 Prozent. Guthaben bei Banken in Form von Drei-Monatsgeld brachten hingegen nur 4,9 Prozent – nur wenig mehr als die Inflation der Konsumentenpreise in Höhe von vier Prozent. Der Goldpreis (in US-Dollar gerechnet) stieg in der betrachteten Zeit jahresdurchschnittlich um 6,7 Prozent – deutlich mehr als kurzlaufende Bankeinlagen. Was lässt sich aus diesen Zahlen schlussfolgern?

Die langfristige Wertentwicklung des Goldes unterstreicht die Einschätzung, dass Gold vor allem eines ist: das bessere Geld – und dass Sparer Gold als Konkurrent zu den offiziellen Währungen wie US-Dollar, Euro, japanischer Yen, chinesischer Renminbi oder Schweizer Franken einstufen sollten.

Nicht selten ist jedoch von Finanzexperten zu hören, das Halten von Gold sei nicht sinnvoll, weil Gold keine Zinsen abwerfe. Aktien oder Anleihen seien da die bessere Wahl. Was ist von diesem Argument zu halten? Nun, die Empfehlung „Halten Sie Aktien oder Anleihen statt Gold“ ist aus Sicht des Anlegers so unsinnig wie der Satz „Autofahren ist besser als Bücher lesen“. Gold ist eine Währung, und sie steht nicht im direkten Wettbewerb mit Aktien, sondern im direkten Wettbewerb mit anderen Währungen.

US-Aktien, Gold, 3-Monatsgeld, Konsumentenpreise.

Die Fragen, die sich der umsichtige Anleger stellen sollte, sind vielmehr die Folgenden: Soll ich mein Vermögen in Aktien, Häusern halten oder in Form von liquiden Mitteln? Und wenn ich mich entscheide, liquide Mittel zu halten: Soll ich US-Dollar, Euro, Schweizer Franken oder die Währung Gold halten? 

In den vergangenen Dekaden schien vielen Anlegern das Halten von Fiat-Geld relativ attraktiv zu sein, weil sich mit Fiat-Geld-Bankguthaben ein Zins verdienen ließ. Gold hat bekanntlich keine solche „Eigenverzinsung“. Mittlerweile gibt es jedoch auf Fiat-Geld keinen Zins mehr: Die Zentralbanken haben die Kurzfristzinsen auf oder sogar unter die Nulllinie gedrückt; und es ist recht wahrscheinlich, dass das Niedrig- beziehungsweise Negativzinsregime noch lange Bestand haben wird. Nach Abzug der Inflation ist die reale Verzinsung für Bankguthaben negativ geworden: Wer Guthaben bei Banken hält, wird ärmer; steigende Kontoführungsgebühren verschlimmern die Sache. Gold kann durch eine Politik des Negativzinses nicht entwertet werden.

Versicherungsfunktion

Gold hat eine weitere Eigenart, die für Investoren attraktiv ist: Das gelbe Metall ist eine Versicherung gegen den chronischen Kaufkraftverlust, der die offiziellen Währungen auszeichnet. Ihre Menge wird von den Zentralbanken unablässig erhöht, und das senkt die Kaufkraft des Geldes. Die physische Goldmenge lässt sich nicht beliebig, politischer Willkür folgend vermehren und entwerten. Zudem kann der Marktpreis des Goldes auch nicht auf null fallen – wie es beim ungedeckten Papiergeld im Extremfall passieren kann und immer wieder auch der Fall gewesen ist. Selbst wenn Gold nicht mehr für monetäre Zwecke eingesetzt würde, gäbe es noch für andere Zwecke – Schmuck- und Industrieverwendung – eine Goldnachfrage und damit einen positiven Preis. Gold ist so gesehen wertmäßig unzerstörbar.

Diese Fehler sollten Anleger beim Goldkauf unbedingt vermeiden
Goldbarren vor einer Tresortür. Quelle: REUTERS
Goldbarren Quelle: REUTERS
Goldbarren und Goldmünzen Quelle: dapd
Kleinere Goldbarren Quelle: dpa
Kleinere Goldbarren Quelle: dpa
Goldbarren Quelle: REUTERS
Goldbarren Quelle: dapd

Giro-, Termin- und Sparguthaben können im Extremfall verloren gehen, wenn die Bank Pleite geht und der Einlagensicherungsfonds nicht ausreicht, die Bankkunden zu entschädigen. Gold trägt – anders als Bankguthaben – hingegen kein Zahlungsausfallrisiko. Gerade die Versicherungsfunktion des Goldes kann sich für den Anleger zudem als renditeträchtig erweisen. In Phasen von beispielsweise aufkeimenden Sorgen vor systemischen Zahlungsausfällen im weltweiten Banken- und Finanzapparat wäre damit zu rechnen, dass die Nachfrage nach Gold als „sicherer Hafen“ zunimmt und sein Preis steigt. Das wiederum eröffnet Gelegenheit, teures Gold zu verkaufen und mit dem Erlös attraktive Assets wie ausgewählte Unternehmensaktien oder Immobilien zu stark verminderten Preisen zu kaufen.

Dieses Beispiel deutet bereits an, dass man als Anleger mit Gold wie mit Geld umgehen sollten: Geld – ob nun in Form von US-Dollar, Euro, Schweizer Franken oder Gold – hält man, wenn sich keine attraktiven Investitionsmöglichkeiten aufdrängen und man liquide bleiben und geduldig auf bessere Gelegenheiten warten will. Die häufig geäußerte Idee, Gold zu kaufen und „darauf sitzen zu bleiben, egal was kommt“, ist hingegen nicht notwendigerweise der Weisheit letzter Schluss. Denn wer in Krisenphasen – wenn der Goldpreis relativ stark steigt und viele attraktive Assets im Zuge der Panik übermäßig stark im Preis verfallen – am Gold festhält, der könnte Gefahr laufen, eine große Renditechance zu verpassen.

Diese Überlegungen machen natürlich auch deutlich, dass man nicht davon ausgehen kann, Gold sei zu jedem Zeitpunkt eine wertmäßig attraktive Versicherung, die gegen Geldentwertung und Zahlungsausfälle wirksam schützt. Das wäre zu kurz gedacht. Entscheidend ist – wie bei jeder anderen Versicherung auch –, zu welchem Preis man kauft. Kauft man das Gold zu teuer – beispielsweise in einer Situation, in der „Panikkäufe“ den Goldpreis bereits sehr stark in die Höhe getrieben haben –, kann der Anleger nachfolgend enttäuscht werden: Der Goldpreis steigt nicht weiter an, möglicherweise fällt er auch, und die erhoffte Wertsteigerung, die ihn gegen anderweitige Verluste versichern soll, bleibt aus.

Kauft er hingegen das Gold zu einem günstigen Preis (zum Beispiel in einer Phase, in der auf den Finanzmärkten Sorglosigkeit Einzug gehalten hat), kann er im Krisenfall auf eine Wertsteigerung hoffen.

Fiat-Geld und die Blockchain

Fiat-Geld

Wenn das Gold angeblich das „perfekte Geld“ ist: Warum haben dann die heutigen Währungen keine Golddeckung mehr, warum sind sie nicht mehr wie früher in Gold einlösbar? Das hat politische, nicht ökonomische Gründe. Regierungen wollen nicht nur die Hoheit über das Geld, sondern auch eine Geldart, deren Wert sich nach politischer Interessenlage verändern lässt, um beispielsweise die Konjunktur zu beeinflussen oder Umverteilungen und Kriege zu finanzieren.

Das solide Goldgeld steht diesen ideologischen-politischen Vorhaben im Wege. So kam es, wie es kommen musste: Die Staaten ersetzten Anfang der 1970er Jahre das Goldgeld durch ihr eigenes Fiat-Geld.

(Das Wort fiat entstammt dem Lateinischen und heißt: „So sei es“ – Fiat-Geld lässt sich als oktroyiertes Geld, als Zwangsgeld, interpretieren.)

Ob US-Dollar, Euro, japanischer Yen, chinesischer Renminbi, Britisches Pfund oder Schweizer Franken – sie sind mittlerweile allesamt Fiat-Geld. Das Fiat-Geld zeichnet sich vor allem durch drei Eigenschaften aus: (1) Es wird von staatlichen Zentralbanken produziert, die das Monopol der Geldproduktion innehaben. (2) Fiat-Geld ist intrinsisch wertlos, es hat die Form von mit Tinte bedruckten Papierzetteln (beziehungsweise Baumwollstücken) und Einträgen auf Computerfestplatten (in Form von „Bits and Bytes“) – und die Geldmenge lässt sich im Grunde beliebig vermehren. Und (3) Fiat-Geld wird im Regelfall durch Bankkreditvergabe produziert, durch Kredite, die nicht durch „echte Ersparnis“ gedeckt sind; Fiat-Geld wird „ex nihilo“ geschaffen.

Für jeden Anleger ist die Einsicht höchst bedeutsam, dass das Fiat-Geld unter einer Reihe von ökonomischen und ethischen Defekten leidet. Es ist chronisch inflationär, verliert seine Kaufkraft im Zeitablauf. Fiat-Geld sorgt für eine unsoziale Verteilung von Einkommen und Vermögen. Es zettelt zudem Wirtschaftsstörungen an (löst „Boom-und-Bust“ aus) und treibt die Verschuldung der Volkswirtschaften immer weiter in die Höhe. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 ist ein Beispiel par excellence für eine durch Fiat-Geld verursachte Krise. Solange die Volkswirtschaften am Fiat-Geld festhalten, muss man sogar damit rechnen, dass sich seine Missstände immer unverhohlener zeigen werden.

Blockchain

Die Märkte haben auf diese Einsicht reagiert: Spätestens seit der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise ist die Suche nach „besserem“ Geld in Gang gekommen. Die sogenannten „Kryptowährungen“ wie Bitcoin und Co. bieten sich als eine bessere Alternative zu den offiziellen Fiat-Währungen an.

Reale Wertentwicklung Dax, Euro und Gold.

Ob sie sich durchsetzen, wird der „Wettbewerb der Währungen“ zeigen. In jedem Falle bringen die neuen Kryptoeinheiten, die um die Geldfunktion konkurrieren, eine höchst interessante Technologie mit: die „Blockchain“. Es handelt sich dabei um ein webbasiertes, dezentral verteiltes Kontenbuch. Mit der Blockchain wird eine neue Dimension der Transaktionsmöglichkeiten eröffnet, die auch für das Geld von größter Relevanz ist.

Nicht nur eine Kryptowährung wie der Bitcoin lässt sich mittels der Blockchain als Tauschmittel einsetzen, sondern mit der Blockchain lässt sich auch ein digitalisiertes Goldgeld aus der Taufe heben. Ein digitalisiertes Goldgeld wäre gewissermaßen ein monetärer Quantensprung – der den Weg zurück zu gutem, verlässlichem Geld ebnen kann. Ein Szenario, dass jedem Anleger empfiehlt, nicht leichtgläubig dem Fiat-Geld zu vertrauen. Denn Fiat-Währungen – anders als das Gold – verlieren nicht nur chronisch ihre Kaufkraft, sie sind immer auch dem Risiko ausgesetzt, ein vorzeitiges Ende zu nehmen. An die Geldqualitäten des Goldes reichen sie nicht annähernd heran.

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