Interview Robert Halver "Anleihekäufer verdienen einen Orden"

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"Anleger haben Angst vor Aktien"

Wo das Geld jetzt sicher ist
Bargeld Quelle: Sebastian_Wolf
Goldbarren und -münzenDas Edelmetall ist die Notfallreserve außerhalb des Finanzsystems schlechthin. Wer mit dem Schlimmsten rechnet, hofft, dass er kleinere Goldmünzen gegen Lebensmittel oder Medikamente tauschen kann, wenn Banken ihn nicht mehr mit Bargeld versorgen. Verwahren Anleger ihr Gold allerdings im Bankschließfach, kann es nach einer Bankpleite dauern, bis sie Zugriff bekommen. In Krisenzeiten fällt der Goldpreis mitunter. Großanleger wie Hedgefonds müssen ihren Goldbestand verkaufen, um flüchtende Anleger auszuzahlen. Da in Panikphasen andere Anlagen wie Aktien oder Anleihen stark an Wert verlieren oder illiquide werden, ist Gold dann eine der wenigen Anlagen, die sie noch zu Geld machen können. Quelle: dpa
Spareinlagen: Sparkassen/VolksbankenIhren Kunden versprechen Sparkassen, Landesbanken sowie Genossenschaftsbanken, dass sie Pleiten der zu ihrer jeweiligen Gruppe gehörenden Institute im Vorfeld verhindern. Meist geschieht das über Fusionen von schwachen mit stärkeren Mitgliedern. Kommt es zu keiner Pleite, muss auch kein Geld gerettet werden. Dadurch sollen auch Zertifikate und Anleihen vor einem Totalverlust sicher sein. Das ist ein Unterschied zu anderen Einlagensicherungssystemen. Die Solidarität funktionierte bislang, könnte aber bei der Schieflage großer Institute überstrapaziert werden. Quelle: dpa
Fresenius Quelle: Pressebild
Deutsche Börse Quelle: dapd
Investmentfonds Quelle: Wolfgang - S - Fotolia
Sparschwein Quelle: Edel Rodriguez

Wo kann der konservative Privatanleger, der das Risiko bei Aktien scheut, zurzeit überhaupt noch sein Geld anlegen, um damit zumindest die Inflation auszugleichen?

Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum: Er kann es nicht. Man muss sich aber als Anleger fragen, ob man wirklich konservativ ist, wenn man noch auf die Stabilität von Staatspapieren setzt. Wenn 80 Prozent der Deutschen ihr Geld zu 80 Prozent in Zinspapieren anlegen, ist dies ein unkontrollierbares Klumpenrisiko, das nicht mit einer ordentlichen Rendite abgegolten wird. Es gibt aber eine Reihe von Substanzaktien, die mit ihrer Dividendenrendite mühelos die Renditen von Staatspapieren schlagen. Dividendentitel sind die besseren Staatsanleihen. Hier lassen sich heute die früher über Staatspapiere erzielten laufenden Einkünfte alternativ einheimsen. Außerdem werden diese Unternehmen finanziell besser geführt als öffentliche Haushalte.
Viele Anleger haben Angst vor Aktien. Sie haben Angst vor einem Euro-Kollaps. Aber selbst wenn in diesem theoretischen Worst-case-Szenario Aktien dann auf einen Cent fielen, verkörperten sie immer noch den gleichen Anteil am Gesamtunternehmen. Relativ verliert man also nichts. Bei einer wirtschaftlichen Wiedergenesung - wie nach der Währungsreform 1948 – werden sie wieder auferstehen. Wissen Sie aber, was damals mit Zinsvermögen passierte? Wie jemand, der nur mal schnell Zigaretten holen wollte, war es weg und kam nie wieder. Angesichts dieser Geldentwertung, dieses nationalen Finanz-Traumas frage ich mich, warum eigentlich 80 Prozent der Deutschen ihr Vermögen zu 80 Prozent in Zinspapieren ansparen.
Mein Opa sprach immer davon, dass Vermögen das ist, was man entweder essen oder anfassen kann. Das ist Sachkapital. Auch Aktien sind Sachkapital in verbriefter Form. Historisch hat Sachkapital die eindeutig höchsten Überlebenschancen schon x-mal gezeigt. Es wird dies auch zukünftig tun.

Aber auch am Aktienmarkt stehen sich Chancen und Risiken gegenüber. Welche sind dabei die wichtigsten Faktoren?

Fangen wir mit den Risiken an. Die Gefahr, dass die Eurozone an ihren inneren Widersprüchen, Mutlosigkeiten, Streitigkeiten, Anschauungsdifferenzen und Reformenrenitenzen scheitert, ist theoretisch gegeben. Ich würde es die Politik der verbrannten Erde nennen. Ich denke aber, dass sich auch Deutschland letztendlich der euroländischen Haftungs- und Transferunion nicht widersetzt, obwohl diese noch zu Beginn der Eurozone als so unwahrscheinlich wie eine Hungersnot in Bayern bezeichnet wurde. Eine inflationierte, geldpolitisch stärker dirigierte Wirtschaftsauffassung zeichnet sich bereits ab.
Aber darin liegt natürlich auch die Chance für die Aktienmärkte, die Inflation gut wegstecken können, ja im Sinne einer auch mit mehr Liquidität befeuerten Vermögenspreisinflation davon sogar sehr profitieren werden. Es gibt einen massiven Anlagenotstand. Der wird sich immer stärker auch in sachkapitalistischen Anlageformen niederschlagen, um Vermögensverlusten durch Geldentwertung zu entgehen. Hier sollten wir von den Amerikanern lernen, die Geld nur als Mittel zum Zweck betrachten. Es muss Geld ausgegeben werden für Sachkapital, weil man weiß, dass Inflation allgegenwärtig ist. Und wir Deutsche betrachten Geld als Zweck und bunkern es. Ich denke aber, diese Haltung wird sich auch zugunsten der Aktienquote verändern.

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