Interview Robert Halver "Anleihekäufer verdienen einen Orden"

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"Die schönsten Kursrallys sind liquiditätsgetrieben"

Entwicklung der Staatanleihen in der Schuldenkrise
Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe seit Januar 2010 Quelle: Bloomberg
Bundesanleihen USA Quelle: Bloomberg
Staatsanleihen Griechenland Quelle: Bloomberg
Bundesanleihen Portugal Quelle: Bloomberg
Bundesanleihen Irland Quelle: Bloomberg
Bundesanleihen Italien Quelle: Bloomberg
Bundesanleihen Spanien Quelle: Bloomberg

Was ist dem vielzitierten Domino-Effekt, dass dann bald andere Länder Griechenland folgen müssten?

Das wird die EZB verhindern. Sie überlegt ja schon als Präventivmaßnahme Zinsobergrenzen für die Krisen-Staaten festzulegen. Erstmals liefe man den Finanzmärkten nicht mehr politisch hinterher. Und der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel.

Nochmal zu Mario Draghi: Wie bewerten Sie seine Rolle in der Euro-Krise?

Draghi ist die personifizierte Lebensversicherung von Euroland, ihr heimlicher Präsident. Was soll der Mann auch alternativ machen – darauf warten, dass ein mutloser, unkontrollierter euro-politischer Polit-Zirkus die Probleme löst, nachdem zweieinhalb Jahre keine nachhaltigen Lösungsschritte umgesetzt wurden? Er hat keine andere Wahl; seine geldpolitischen Künste sind gefragt, um die Eurozone vor ihrem Kollaps zu bewahren. Das sollten sich übrigens auch die vielen selbsternannten Stabilitätsapostel vor Augen führen. Auch ich habe nichts gegen eine Stabilitätspolitik gemäß der Deutschen Bundesbank. Mit dieser Politik hat Deutschland beste Erfahrungen gemacht. Aber Tatsache ist auch, dass eine EZB-Politik nach striktem Stabilitätsmuster der Deutschen Bundesbank die Eurozone in zwei Wochen zerlegen würde. Zwar denkt so mancher Politiker eher an die Sicherung seines nicht mehr so sicheren Wahlkreises. Ich nenne so etwas aber Stabilitätsheuchelei.
Machen wir uns nichts vor – Herr Draghi füllt das Lösungs-Vakuum, das die Euro-Politik hinterlässt.

Heißt das, man darf von der EZB noch mehr Aktivitäten erwarten?

Wir werden von der EZB noch Dinge sehen, die wir uns heute kaum vorstellen können. Ich erwarte zur Lösung der Euroland-Krise die totale Liquidität. Angesichts der real existierenden Krise in Euroland kann ich alle gut verstehen, die sich eine Rückkehr zu der guten, alten Stabilität deutscher Machart wünschen. Leider hat man jedoch durch eine seit mindestens zweieinhalb Jahren völlig unzulängliche Krisenbewältigungspolitik in der Eurozone den Karren so sehr in den Dreck gefahren, dass genau diese Politik nicht mehr möglich ist, wenn man die Eurozone erhalten will.

Unter den Fachleuten sind viele, die an der aktuellen starken Verfassung des DAX gerade das bemängeln, nämlich dass diese ausschließlich liquiditätsgetrieben sei und ihr fundamental die Basis fehle. Was kann man ihnen entgegnen?

Die schönsten Kursrallys waren im Wesentlichen immer liquiditätsgetrieben. Das zeigten die US-Aktienmärkte in der Vergangenheit mehr als deutlich. Diese Entwicklung wird sich auch in Euroland bzw. Deutschland mit einer zunehmend geläuterten EZB-Politik einstellen.

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