Aber in China beispielsweise zeigt sich doch bereits, dass die Wirtschaft an Fahrt verliert.
Sicherlich hat China Probleme, gerade auch in Sachen Menschenrechte. Aber dennoch haben wir in den vergangenen Jahrzehnten woanders auf der Welt enorme Fortschritte gemacht, die so aber nicht wahrgenommen werden. Als ich bei der Bundeswehr war, befanden wir uns noch in den letzten Zügen des Kalten Krieges und haben an Übungen teilgenommen, wie man West-Berlin gegen die Russen verteidigt – heute ist Deutschland wiedervereinigt. Auch in Nordafrika tut sich einiges. Aber Demokratisierungsprozesse wie etwa in Libyen und Syrien dauern eben Jahrzehnte und werden erhebliche Verwerfungen in den dortigen Gesellschaften mit sich bringen.
Wie wollen Sie Anlegern aber die Angst vor dem Aktienmarkt nehmen?
Indem ich mit dem Rendite-Risiko-Verhältnis argumentiere. Aktien haben auf lange Sicht immer das beste Rendite-Risiko-Verhältnis gehabt. Je länger der Zeitraum, desto größer auch der Vorteil der Aktie gegenüber anderen Anlageklassen. Ein weiterer Vorteil von Aktien ist der, dass Anleger damit sehr liquide und flexibel sind. Es ist rechtlich und organisatorisch schwieriger, sich an der lokalen Bäckerei zu beteiligen als über die Börse an einem Großkonzern wie IBM. Letzteres ist doch wie im Schlaraffenland.
Außerdem darf man das Thema Dividende nicht außer Acht lassen. Vor kurzem habe ich eine Aufstellung gesehen, wonach nahezu jeder Dax-Titel eine Dividendenrendite aufwies, die höher lag als die Rendite einer zehnjährigen Staatsanleihe. Früher waren solche Titel die absolute Ausnahme, aktuell sind sie die Regel. Aktien weisen zudem im Vergleich mit Anleihen ein absurd niedriges KGV, sprich eine extrem niedrige Bewertung auf. Im Dax liegt das KGV im Durchschnitt zwischen 9 und 11, je nachdem welche Gewinnschätzungen man heranzieht, bei einer zehnjährigen Staatsanleihe von 1,60 Prozent liegt das KGV dagegen bei 60. Mit guten Dividendentiteln verdiene ich allein durch die Ausschüttungen über den Zeitraum von zehn Jahren das Doppelte einer Staatsanleihe oder mehr. Dabei ist noch nicht einmal die mögliche Kursperformance der Aktie berücksichtigt.
Möglicherweise warten viele Anleger, die generell am Aktienmarkt interessiert sind, vor einer Investition eine Entspannung in Sachen Eurokrise ab.
Man darf nicht vergessen: An der Börse eine sichere Entscheidung abzuwarten, heißt, einige Prozente Rendite herzuschenken. Das weiß man zwar immer erst im Nachhinein. Fakt ist, dass alle, die zum Beispiel auf das Urteil des Verfassungsgerichts gewartet haben, die Performance der vorangegangenen Wochen verpasst haben.
Aber was entgegnen Sie denjenigen, die die Volatilität des Aktienmarktes scheuen?
Die Schwankungsbreite war schon in den Siebziger-, Achtziger- und Neunzigerjahren hoch. In den Jahren 2010, 2011 und 2012 haben wir sogar eine eher unterdurchschnittliche Volatilität gesehen. Im Zuge der Krise wurde das nur anders wahrgenommen. Die „gefühlte Volatilität“ ist heute wesentlich höher als die tatsächliche.