Als Robert Geiss, Modemillionär und Star der trashigen RTL-II-Dokusoap „Die Geissens – Eine schrecklich glamouröse Familie“ Mitte März in „Bild“ für Anlageprodukte warb („Null Zinsen – nicht mit mir“), sah mancher Börsianer darin ein sicheres Indiz für einen bevorstehenden Aktiencrash. Wenn sich unerfahrene private Anleger von Showgrößen in Aktien oder Fonds locken lassen und der Illusion erliegen, an der Börse schnelle und risikolose Gewinne erzielen zu können („Reich mit Geiss“), ist das Ende eines Booms oft nah.
Und tatsächlich: Einen Monat nach der Geiss-Aktion erreichte der Dax am 10. April mit 12.390 Punkten seinen bisherigen Höchststand. Und auch der von Geiss promotete Aktienfonds Patriarch Classic Dividende hatte seinen Zenit damals erreicht. Wer der Empfehlung gefolgt ist, musste zusehen, wie sein Investment vom Höchstkurs um bis zu 16 Prozent einbrach.
Wer Geiss’ Lebensstil im Fernsehen verfolgt, würde ihn eher in Fragen des Geldausgebens als des Anlegens konsultieren. Geiss muss nicht auf den Cent schauen, die Anleger des Fonds sollten es tun. Denn der ist zu teuer, Gebühren reduzierten die Rendite im vergangenen Geschäftsjahr um 2,5 Prozentpunkte. Geiss verdiente seine Millionen nicht durch Zins und Dividende, sondern zunächst durch den Verkauf des Textil-Labels Uncle Sam. Zum Börsenexperten stilisieren ihn jetzt der Discountbroker Flatex und die Börsenmedien AG, die mit ihm den Fonds und einen Anlegerbrief vermarkten wollen. An beiden Unternehmen ist Bernd Förtsch beteiligt. Er war in der Neuen-Markt-Ära einer der Ersten, der seine in TV-Interviews erworbene Prominenz zu Geld machte. Er zog Milliarden von Anlegern an, die mit ihm spektakuläre Kursstürze erlebten; scheffelte aber selbst als Berater vieler Fonds Millionen.
Die TV- und Talkshow-Größen und Buchautoren Dirk Müller („Crashkurs“, 2009), Max Otte („Der Crash kommt“, 2006) und Stefan Riße („Die Inflation kommt“, 2009) versuchen heute Ähnliches. Nachdem sie mit Crash-Prophezeiungen und Börsengeplauder bekannt geworden waren, versuchen sie ihre Popularität durch lukrative Geldverwaltung für Privatanleger zu versilbern. Bei prominenten Managern wie Jens Ehrhardt, Bert Flossbach oder Klaus Kaldemorgen dagegen lief es genau andersherum. Sie haben sich zunächst auch in schweren Börsenkrisen bewiesen und sich hart ihren Ruf als ausgefuchste Experten erkämpft.
Fondsgesellschaften wälzen Kosten ab
Die jüngsten Kursverluste an den Börsen waren ein Test. Haben die Promis aus beiden Lagern Verluste begrenzen können und bewiesen, dass ihre Fonds für die Masse der eher sicherheitsorientierten Anleger geeignet sind?
Selbst wenn Geiss seiner eigenen Empfehlung gefolgt sein sollte und auch den Fonds gekauft hätte: Viel Geld ist noch nicht zusammengekommen. Die Anleger, die Geiss' Werbung ansprechen soll, scheinen Aktien nicht zu trauen. Mit rund 15 Millionen Euro ist der Fonds langfristig nicht wirtschaftlich zu führen. Es ist nicht nur ein Manager, der bezahlt werden müsste, die dahinterstehenden Aufgaben sind vielfältig und teuer. Wirtschaftsprüfer, Buchhaltung, Datenübermittlung, Berichtserstellung und vor allem der Vertrieb – das kostet. Und all diese Kosten wälzen Fondsgesellschaften üblicherweise auf ihre Anleger ab. Je weniger Geld in einem Fonds ist, desto höher mitunter die Kostenbelastung.
Zudem hat die namensgebende Gesellschaft Patriarch Multi Manager, die sich als „innovative Produktschmiede“ sieht, bereits eine Reihe anderer Investmentfonds am Start, die alle wenig Volumen haben, zudem noch schwache Beurteilungen von Fondsexperten wie Morningstar und teils extrem hohe Kosten verlangen.
Morningstar gibt sechs von sieben Patriarch-Fonds ein oder zwei Sterne von fünf möglichen für die besten Fonds. Das spricht für unterdurchschnittliche Anlageergebnisse. Nur ein Dachfonds bekommt eine durchschnittliche Note mit drei Sternen. Doch die Dachfonds von Patriarch kommen auf jährliche Gesamtkosten von über drei Prozent nach Angaben von Morningstar. Diese Prozente gehen direkt von der Rendite der Anleger ab, die wird entsprechend schwach, daher auch die schlechte Bewertung der Fonds.
Auch beim von Geiss angepriesenen Fonds liegen die Kosten mit 2,5 Prozent hoch. Er investiert international in dividendenstarke Aktien. Aktuell jedoch liegt der Schwerpunkt im Euroland und auf heimischen Aktien. Pro Sieben, Téléfónica Deutschland, Aurelius, Axel Springer, Allianz und Münchner Rück unter den größten Werten sind kaum die internationale Streuung, die Anleger bei einem globalen Aktienprodukt erwarten würden.
Übertreiben sollte man den Personenkult nicht
Natalia Wolfstetter kann gut nachvollziehen, dass Anleger die Personen kennen möchten, denen sie ihr Geld anvertrauen – und sei es auch nur vom Bildschirm: „Man gewinnt mehr Vertrauen, aber eine Garantie für den Anlageerfolg ist das nicht.“ Die Direktorin für die Fondsanalyse bei Morningstar kennt sich aus, sie trifft im Jahr rund 50 Fondsmanager zum Vieraugengespräch.
Wolfstetter hat Jens Ehrhardts FMM-Aktienfonds gerade von Silber auf Bronze abgewertet, weil er sich in den vergangenen Monaten höhere Verluste eingehandelt hatte, als es Anleger von ihm in vergangenen Krisen gewohnt waren. Trotzdem bleibt Wolfstetter optimistisch, dass sich die Markterfahrung des Managers und die Auswahlmethode der Aktien („Fundamental, monetär, markttechnisch“, „FMM“) langfristig auszahlen wird. Auch Klaus Kaldemorgen bekommt von Morningstar für seinen DWS Concept Kaldemorgen eine Bronzemedaille. „Mit seiner Erfahrung hat er in der Vergangenheit Themen an den Aktienmärkten und Systembrüche erkannt. Das ist für die Strategie seines jetzigen Fonds wichtig“, sagt Wolfstetter.
Schwache Anlageleistungen setzen dagegen den 79-jährigen Mark Mobius unter Druck. Er ist seit 1987 das Aushängeschild für die Schwellenländerfonds des US-Fondsriesen Franklin Templeton. Seine Lebensgeschichte ist sogar als japanischer Comic erschienen. Aber die Performance seines Templeton Emerging Markets ist so schlecht, dass Morningstar vor ihm warnt. Übertreiben sollte man den Personenkult also nicht. „Die Fondsmanager spielen eine wichtige Rolle, und ihr Name sollte offengelegt werden, aber auch die Strategie und das Team müssen überzeugen“, so Wolfstetter.
Und da gibt es bei Max Otte und Stefan Riße durchaus Zweifel. Ottes Vermögensbildungsfonds weicht bei Performance und Zusammensetzung von vergleichbaren Fonds ab. Das birgt für Anleger das Risiko, dass sie nie wissen, was sie erwartet. Sie müssen Otte vertrauen. 2014 ging in den Fonds einiges schief. Bis zu fünf Prozent Verlust fuhren sie in dem guten Börsenjahrgang ein, unter anderem liefen Minen- und Ölaktien schlecht.
Risiko für Anleger
Vielleicht ist Otte doch zu viel unterwegs zu bis zu 70 Vorträgen im Jahr, dazu soll er als Professor für die Studenten einer Universität in Graz zur Verfügung stehen, er schreibt Kolumnen – unter anderem auch für die WirtschaftsWoche auf wiwo.de. Fondsmanagement ist im Nebenjob kaum machbar, zumal es mit über 240 Millionen Euro um eine gewaltige Summe geht, die Anleger ihm anvertrauen. Ein Experte für Unternehmensbewertung, geschult bei einem Wirtschaftsprüfer, ergänzt jetzt das Team.
Stefan Riße, früherer n-tv-Börsenkommentator, hat mit seinem 2012 aufgelegten Fonds gegen Windmühlen gekämpft: Der Fonds sollte Inflationsgefahren abwehren, von Preissteigerung ist aber weit und breit nichts zu sehen. 2015 sackte er um 46 Prozent ab und steuert mit nur noch 3,4 Millionen Euro Volumen seiner Auflösung entgegen.
Es ist ein Risiko für den Anleger, wenn die vermeintlichen Gurus anfangen, ihr eigenes Ding zu machen. „Fonds stehen für Risikostreuung. Die Ideenvielfalt ist ein wichtiger Teil davon“, sagt Wolfstetter. Dirk Müller hat deshalb als Aufpasser und Sparringspartner Andreas Schmidt an seiner Seite, der bei der Frankfurter Vermögensverwaltung Focam arbeitet und bei der Aktienauswahl mitentscheiden soll. Müller wurde als Börsenmakler berühmt. Sein Arbeitsplatz unter der Dax-Kurstafel in Frankfurt war ein beliebtes Fotomotiv. Weil er die komplizierte Börse schön einfach erklärte, folgten Talkshow-Auftritte, Bücher und Vorträge bei Sparkassen. Seine Strategie, für den Fonds Unternehmen zu suchen, die er für unterbewertet hält („Value“) ist 100-fach erprobt. Die jährlichen Kosten des Fonds sind mit 1,6 Prozent einigermaßen im Rahmen.
Seinen Ruf als Crashprophet aber will Müller nun abschütteln. Wer braucht schon einen Fonds, wenn die „wirtschaftliche Kernschmelze“ droht? Aber Müller wäre nicht Müller, wenn er nicht auch für diesen Widerspruch eine Erklärung parat hätte: Nach Krisen oder gar Kriegen blieben Aktionären wenigsten Grundstücke, Patente oder Markenrechte von den Unternehmen. Müller stört allerdings, dass nahezu alle Fonds ihre Aktien an Hedgefonds verleihen. Im schlimmsten Fall könnte ein Fondsmanager nicht Aktien zurückbekommen, sondern substanzloses Geld. Müller verleiht also nix.
Fondsmanager bietet mehr als nur Rendite
Weniger pingelig ist er bei Derivaten. Er baut darauf, dass ihm Optionen im Crash die Performance retten. Das hat in den jüngsten Turbulenzen funktioniert. Kauft der Fonds Aktien, erwirbt er zur Sicherung dienende Optionen gleich mit. Fallen die Kurse, steigen die Optionspreise und fangen den Verlust teilweise auf.
Damit die Absicherung nicht zu teuer wird, lässt man Kursverluste zwischen zehn und 15 Prozent zu, bremst aber, falls die Märkte noch tiefer abtauchen. Einen Teil der Optionsgewinne setzt das Fondsmanagement wiederum für den Nachkauf der gefallenen Aktien ein und verbilligt so die Einstiegskurse. Der Nachteil der Strategie: „Bei steigenden Kursen hätten wir drei bis vier Prozent hinter dem Index gelegen, was wir aber durch eine gute Aktienauswahl kompensieren möchten“, sagt Müller.
Seine Strategie, weltweite Unternehmen zu suchen, die er für unterbewertet hält („Value“) ist massentauglich. Bei Ländern und Branchen will Müller gut mischen, um keine Klumpenrisiken im Depot zu haben. „Persönlich bin ich ein Fan von Edelmetallen, aber die haben im Fonds nichts zu suchen, weil etwa Minenwerte relativ unkalkulierbar sind“, sagt Müller. „Wir müssen diversifizieren und wollen langfristig gut dastehen, unabhängig davon, wie die Märkte performen.“ Auf Marktprognosen soll es also gar nicht so sehr ankommen. Und da er auch schon als Makler nicht nur deutsche Aktien gehandelt habe, sondern nach eigenen Angaben ein Portfolio internationaler Aktien im Eigenhandel für seinen Arbeitgeber steuerte, fühlt er sich der Aufgabe gewachsen.
Müller gibt sich volksnah
Auffällig ist der hohe Anteil nordischer Aktien im Fondsdepot. Müller glaubt, der politische Einfluss der Europäischen Union sei in Dänemark und Schweden kleiner, die Unternehmen dort könnten besser kalkulieren. Für die zu Dänemark gehörenden Färöer Inseln stimmt das. Sie fallen aus der EU-Gesetzgebung heraus. Müller hat Aktien der dortigen Lachsfarm Bakkerfrost im Depot. Die Farmen dürfen ihren Lachs nach Russland verkaufen, weil sie nicht unter die EU-Sanktionen fallen, sie sind zudem hochprofitabel.
Zuletzt hat Müller den Windradhersteller Vestas ins Portfolio genommen. Er glaubt, dass erneuerbare Energien eine starke Zukunft haben werden und Vestas einer der Hauptprofiteure sein könnte, zumal die Dänen eine gute Bilanz haben. Mit Mastercard, dem Zahlungsterminal-Vermarkter Ingenico sowie Wirecard setzt er zudem im Fonds auf das Zukunftsthema mobiles Bezahlen.
Neben der Rendite will Müller seinen Anlegern einen Mehrwert bieten: Er möchte sie jährlich zu einem Happening einladen - nicht nur dann, wenn es gut läuft.
So volksnah ist Bill Gross nicht. Er hatte über zwei Jahrzehnte die von ihm gegründeten Fondsgesellschaft Pimco zum weltgrößten Anleihemanager mit 1800 Milliarden Dollar verwaltetem Vermögen gemacht. 2014 warf er das Handtuch, seine Glücksträhne war gerissen, die Performance seiner Fonds mau, sein Umgang mit Mitarbeitern soll ruppig gewesen sein. Er wechselte zum Konkurrenten Janus. Gross hat auch in diesem Jahr treffsicher den Absturz chinesischer Aktien vorausgesagt. Ebenso hat er den Renditeanstieg von Bundesanleihen kommen sehen. Aber seine Anleger haben nicht profitiert: In diesem Jahr liegen sie in Euro mit 3,2 Prozent im Minus. Aktuell, meint Gross, lohnten sich nur noch Tagesgeld und zwei Jahre laufende Unternehmensanleihen. Aber die kann jeder Anleger selbst kaufen, dafür braucht er keinen Manager – und schon gar keinen Guru.
Nur Show oder wahre Größe? | ||||||
Wie sich bekannte Fondsmanager mit ihren wichtigsten Portfolios geschlagen haben | ||||||
Wertentwicklung in Prozent | Volumen in Mio. Euro | |||||
Anchor-Men und Fonds | lfd. Jahr | 3 Jahre* | ISIN | Beurteilung | ||
Bekannt aus Funk und Fernsehen | ||||||
Robert Geiss Patriarch Classic Dividende 4 Plus (Dividenden-Aktien/Euro-Land) | 6,7 | neu | 15 | LU0967739193 | zu teuer | |
Dirk Müller Premium Aktienfonds (Weltaktien mit Verlustbegrenzung) | –6.9** | neu | 51 | DE000A111ZF1 | okay | |
Max Otte PI Global Value Fund (Globale unterbewertete Aktien) | –0.9 | 7,8 | 172 | LI0034492384 | abwarten | |
Max Otte Vermögensbildungsfonds (Flexibler Mischfonds/Aktien) | –0.9 | neu | 71 | DE000A1J3AM3 | schwach | |
Stefan Riße Inflation Opportunities (Mischfonds mit Derivatehebel) | –46.1 | –18.6 | 3,4 | DE000A1JUV86 | meiden | |
Bewährt durch langfristigen Anlageerfolg | ||||||
Jens Ehrhardt FMM Fonds (Mischfonds/Aktien/Euro-Land) | 2,2 | 8,5 | 511 | DE0008478116 | halten | |
Bert Flossbach FvS Multiple Opportunities (Mischfonds/Aktien/USA) | 1,8 | 7,9 | 7217 | LU0323578657 | gut | |
Bill Gross Janus Global Unconstrained Bond (Flexibler Rentenfonds mit allem) | –3.2 | neu | 167 | IE00BLY1N394 | verzichtbar | |
Klaus Kaldemorgen DWS Concept Kaldemorg. (Mischfonds mit Verlustbegrenzung) | 2,8 | 6,2 | 3689 | LU0599946893 | gut | |
Mark Mobius Templeton Emerging Markets (Weltweit Aktien Schwellenländer) | –13.2 | –3.7 | 598 | LU0128522744 | meiden | |
Felix Zulauf Vicenda Multi Asset Opportunities (Hedgefonds mit vielen Derivaten) | 4,8 | neu | 15 | DE000A1W9CH9 | teuer. volatil | |
*jährlicher Durchschnitt (in Euro gerechnet); **seit Start des Fonds am 17. April 2015; Quelle: Morningstar. eigene Recherchen; Stand: 9. September 2015 |